Nordamerika

Nordamerika

Nordamerika, die nördliche Hälfte des Continents der westlichen Hemisphäre, bildet ein fast rechtwinkeliges Dreieck, als dessen Hypotenuse die Linie von Cap Prince of Wales an der Russischen Nordwestküste (Behringsstraße 65°33' nördl. Br.) bis zum Cap Puercos an der Südküste von Panama (Stiller Ocean 7° nördl. Br.) anzusehen ist, während das Cap Charles an der Nordostküste von Labrador (Atlantischer Ocean 52°11' nördl. Br.) dessen rechten Winkel bildet. Im Norden wird es vom Eismeer, im Osten vom Atlantischen, im Westen vom Stillen Ocean bespült, im Süden hängt[26] es durch den schmalen Isthmus von Panama mit Südamerika zusammen. Der Gesammtflächenraum kann noch nicht genau angegeben werden, da die nördlichen Küstengegenden noch nicht hinreichend erforscht sind; nach der gegenwärtigen Annahme reicht der Continent bis 74° nördl. Br. (nördlichster Punkt der Halbinsel Boothia Felix), wonach sich der Flächeninhalt von N. auf 341,600 QM. berechnen läßt, so daß bei einer Küstenlänge von nahe an 6000 Meilen auf 57 QM. Flächeninhalt eine Meile Küstenlänge kommt. Die größte Ausdehnung von Nord nach Süd Cap Prince of Wales bis Cap Puercos beträgt in gerader Linie 1200 Meilen (Stiller Ocean, Küstenentwickelung: 2280 Meilen), u. die Linie von Cap Puercos bis Cap Charles, welche jedoch durch den großen Meerbusen von Mexico unterbrochen wird, ungefähr 800 Meilen (Atlantischer Ocean, Küstenentwickelung: 2970 Meilen) u. die Linie von Cap Charles bis Cap Prince of Wales ungefähr 900 Meilen (Eismeer, Küstenentwickelung: 750 Meilen). Die Küsten sind reich an Busen u. Baien, welche eine große Anzahl Halbinseln u. Vorgebirge bilden. Die bedeutendsten Busen u. Baien sind: der Mexicanische, der Lorenzogolf, die Hudsons- u. Baffinsbai u. der Californische Meerbusen; die bedeutendsten Halbinseln: Melville, Boothia Felix, Labrador, Florida, Yucatan, Californien u. die große Halbinsel des Nordwesten, welche selbst wieder in mehre kleinere Halbinseln ausläuft, von denen Alaschka die bedeutendste ist. Die Bodengestaltung wird hauptsächlich durch die zwei großen Gebirgs systeme, das der Cordilleren (unter 42° nördl. Br. den Namen Rocky Mountains [Felsengebirge] annehmend) u. das der Appalachen u. Alleghanies bestimmt. N. ist reich an großen Binnen seen, die bedeutendsten derselben sind die fünf Canadischen Seen (s.d.), eben so reich an großen Strömen, von welchen die bedeutendsten der Mackenzie, Lorenzo, Hudson, Missouri, Mississippi u. Columbia (s.d. 2). Das Klima ist im Allgemeinen kälter als unter gleichen Breitengraden in Europa, u. (abgesehen von den Hochgebirgen) fast durchgehends im Westen milder als im Osten, so daß die Isothermen in der Richtung von West zu Ost bedeutend nach Süden biegen, u. daher die Westseite viel weiter nach Norden cultivirbar u. mit Vegetation bedeckt ist, als die Ostseite, an welcher unter 56° nördl. Br. (dieselbe Höhe wie Edinburg) im Sommer der Boden nur 3 Fuß tief aufthaut, während die Gegenden am nördlichen Ufer des Huronsees (46° nördl. Br., dieselbe Höhe wie Venedig) sechs Monate des Jahres mit Schnee bedeckt sind, obgleich die drei Sommermonate + 21° R. haben. Im Allgemeinen kann man annehmen, daß die Linie für den Getreidebau von 55° nördl. Br. an der Westküste bis 50° an der Ostküste geht. Das Nähere über den Boden, Klima, Producte etc. s.u. den Artikeln der einzelnen Länder u. Staaten. Die Bevölkerung N-s gehört der Mehrzahl nach dreien Menschenracen an, der eigentlichen Amerikanischen (Indianer), der Kaukasischen (Europäer) u. der Äthiopischen (Neger), von denen die beiden letzteren erst seit drei u. einem halben Jahrhundert nach dem Continent gekommen sind u. dort unter sich u. mit den Indianern Mischlingsracen gebildet haben, wogegen es in Grönland bereits im 9. Jahrh. Ansiedelungen von Völkern Kaukasischer Race (Normannen) gegeben hat; eine eigenthümliche Zwischenrace bilden noch die Eskimos (s.d.). Die Gesammtbevölkerung N-s wird gegenwärtig auf 30–35 Mill. Seelen geschätzt, wovon ungefähr 22 Mill. auf die Einwohner europäischen Stammes, ungefähr 7 Mill. auf die Indianer u. Mestizen u. ungefähr 41/2 Mill. auf die Neger u. Mulatten (größtentheils Sklaven) kommen. Die einzelnen Länder u. Staaten N-s sind: die Russischen Besitzungen an der Nordwestküste, Grönland (dänisch), das Britische Nordamerika (s.d.), die Vereinigten Staaten (s. Nordamerikanische Freistaaten), Mexico nebst Yucatan, das Britische Honduras (s. Balize), das Königreich der Moskitoküste u. die Staaten von Centralamerika (s.d.). Im weitesten Sinne des Wortes zählt man zu N. auch Westindien (s.d.), doch ist dies bei obigen Angaben über Flächenraum u. Einwohnerzahl nicht mit gerechnet. Über die Geschichte N-s s. Amerika. Vgl. Andree, N. in geschichtlichen u. geographischen Umrissen, Braunschw. 1853.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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