Grolmann

Grolmann

Grolmann, 1) Karl von G., geb. 1775 in Gießen, studirte in Gießen u. Erlangen die Rechte; wurde 1798 Professor in Gießen, 1804 Oberapellationsgerichtsrath u. 1815 Kanzler der Universität; 1816 führte er in Darmstädt den Versitz bei der Gesetzgebungscommission u. wurde 1819 Staatsminister des Innern u. der Justiz; als solcher ging er bedeutend von den in seinen Schriften ausgesprochenen Grundsätzen ab; er st. 14. Febr. 1829 u. sehr: Versuch einer Entwickelung der rechtlichen Natur des Ausspielgeschäfts, Gieß. 1797; Grundsätze der Criminalrechtswissenschaft, ebd. 1798, 4. Aufl. 1825; Über die Begründung des Strafrechts u. der Strafgesetzgebung, ebd. 1799; Theorie des gerichtlichen Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, ebd. 1800, 5. Aufl. 1826; Handbuch über den Code Napoléon, ebd. 1810 bis 1812, 3 Bde.; Über olographische u. mystische Testamente, ebd. 1814; außerdem gab er theils allein, theils in Verbindung mit andern heraus: Magazin für die Philosophie des Rechts u. der Gesetzgebung, ebd. 1798 f.; Journal über die Rechte u. Pflichten des Menschen u. Bürgers, Herborn u. Hadamar, 1799 u.m. 2) Heinrich Dietrich von G., geb. 1740 in Bochum in der Grafschaft Mark; war erst bei der Regierung in Kleve angestellt, wurde 1765 Kammergerichtsrath in Berlin u. Pupillenrath, 1787 geheimer Justizrath u. bei der Gesetzcommission thätiger Redactor des allgemeinen Landrechts, 1793 Geheimer Obertribunalrath u. 1804 Präsident des Collegiums, 1817 Mitglied des Staatsraths, nahm 1833 seinen Abschied u. st. 1840. 3) Karl Wilhelm Georg von G., Sohn des Vorigen, geb. 30. Juli 1777 in Berlin, trat 1791 als Junker in das preußische Infanterieregiment von Möllendorf, wurde Lieutenant u. 1803 Premierlieutenant, auch Inspectionsadjutant des Feldmarschalls von Möllendorf, 1805 Capitän, machte den Feldzug von 1806 u. 1807 als Stabscapitän mit, entging, immer in Dienstgeschäften verschickt, der Capitulation des Möllendorfschen u. später, als Adjutant dem Fürsten Hohenlohe zugetheilt, der des Hohenlohischen Corps u. gelangte glücklich nach Ostpreußen, wo er bei l'Estocq Adjutant wurde, war dann unter Scharnhorst Director des ersten Departements des Kriegsministeriums, trat 1809 in österreichische Dienste als Major eines Jägerbataillons, wurde aber bald zu dem Generalstab Kienmayers commandirt; nach dem Wiener Frieden trat er als Major u. Commandeur eines aus Deutschen des Rheinbundes bestehenden Fremdenbataillons in Cadix in spanische Dienste, wurde aber 1811 in Valencia gefangen u. nach Beaume im Departement Cote d'or transportirt, entfloh jedoch dort u. ging durch die Schweiz u. Franken nach Jena, wo er 1812 unter dem Namen von Gerlach sich als Student inscribiren ließ; als die Nachricht von dem Rückzug der Franzosen aus Rußland eintraf, ging er nach Berlin, trat, als Preußen Anfangs 1813 sich für Rußland erkläre, als Major im Generalstabe ein, focht bei Lützen, Bautzen u. später bei Hanau mit, stieg zum Oberstlieutenant u. Oberst u. wurde 1815 erster Generalstabsoffizier unter Gneisenau im Blücherschen Hauptquartier. Er wurde hierauf Generalnajor u. nach dem Frieden Chef des Generalstabs, nahm jedoch 1819 politicher Verhältnisse wegen seinen Abschied, lebte eine Zeitlang auf seinem Gute Gosda bei Forste in der Niederlausitz, kehrte aber 1825 als Generallieutenant in den Dienst zurück, commandirte die Division in Glogau, führte 1830 unter Gneisenau ein Commando an der preußischen Grenze, wo er sich bei dem polnischen Aufstand sehr kling u. umsichtig benahm, 1832 aber das 5. Armeecorps in Posen interimistisch u. 1838 definitiv. 1837 wurde er General der Infanterie; 1840 bei den drohenden Bewegungen Frankreichs wurde er zu diplomatischen Unterhandlungen über die Gegenmaßregeln mit dem Oberst von Radowitz nach Wien u. SDeutschland geschickt u. löste seine Aufgabe mit bestem Erfolg. Er kehrte hierauf zum 5. Armeecorps zurück, das er als General der Infanterie bis zu seinem Tode befehligte; er st. 15. Sept. 1843 in Posen, wo ihm 1845 ein Denkmal errichtet wurde. Unter G-s Namen schrieb sein Adjutant von Damitz: Geschichte des Feldzugs von 1815 in den Niederlanden u. Frankreich, Berl. 1837 f., 2 Bde. 4) Wilhelm Heinrich von G., Bruder des Vor., geb. 1781 in Berlin, wurde 1802 Referendar daselbst, 1804 Regierungsassessor in Marienwerder, 1806 Regierungsrath, 1808 Kammergerichtsrath in Berlin, 1810 beim kurmärkischen Pupillencollegium, 1813 Major u. Commandeur eines kurmärkischen Landwehrinfanterieregiments, befehligte 1814 die Blockade des Forts Napoleon am linken Rheinufer, kehrte 1814 nach Berlin in seine vorige Stelle zurück, übernahm 1815 wieder das Commando u. focht bei Fleurus u. Wavre, trat 1816 in Berlin in sein früheres Dienstverhältniß ein u. wurde Vicepräsident des Oberlandgerichts in Kleve, 1819[662] zur Revision der Gesetzgebung ins Ministerium nach Berlin berufen, 1821 Vicepräsident des Kammergerichts in Berlin, 1836 Präsident des Oberappellationssenats, 1840 Mitglied des Staatsraths u. wirklicher Geheimer Rath, trat 1848 aus dem Dienst u. st. den 1. Jan. 1856 in Berlin.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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