Schlachtordnung [1]

Schlachtordnung [1]

Schlachtordnung. In der ältesten Zeit Griechenlands lag die Entscheidung der Schlachten in dem persönlichen Muth u. der Tapferkeit der einzelnen, zahlreichen Anführer, welche sich im Zweikampf aufsuchten; die Masse focht truppweise; s. Griechenland (Ant.) I. Das Muster der zwar schwerfälligen, aber festen u. schwer zu durchbrechenden griechischen S. war die Phalanx (s.d. 1) der Macedonier, welche auch noch lange bei dem lacedämonischen Heere blieb (s. Lakonika [Ant.] I. F); dagegen beweglicher u. verschiedenartiger nach dem Terrain wurde die S. der Athener seit den Persischen Kriegen, s.u. Athen (Ant.) I. D). So bildeten auch die Römer durch die Legion ihre S. immer mehr aus, gegen je verschiedenartigere Feinde sie kämpften, s. Rom (Ant) VII., vgl. Legion. Truppweise aufgestellt war auch die alte deutsche S. (s. Deutschland [Ant.] C). Als die Völkerwanderung im Mittelalter sich über Europa verbreitete, bestanden die Schlachten wieder in dem ungeregelten Fechten einzelner untergeordneter Schwärme zu Pferde, unter denen sich meist die Fürsten u. Edlen durch Geschicklichkeit u. Muth hervorthaten.[203] Erst die Schweizer brachten das Fußvolk durch ihre glücklichen Kämpfe gegen die österreichische u. burgundische Ritterschaft u. durch ihre Aufstellung in geschlossenen Massen im 14. u. 15. Jahrh. wieder zu Ehren. Allmälig kamen mit Erfindung des Pulvers geregeltere S-en auf; man focht in tiefen Schlachthaufen (Bataillons), welche mit Feuergewehren u. Lanzen bewehrt waren, u. stellte die Reiterei auf die Flügel. Allmälig wurden Aufstellungen in mehren Treffen daraus. Nach u. nach erhielten die Regimenter ihre bestimmten Plätze nach ihrer Anciennetät in einer solchen Ordre de bataille, u. zur Zeit des Spanischen Successionskrieges, auch schon früher, waren dieselben meist in zwei Treffen, die Cavallerie auf den Flügeln, aufgestellt. Unter Friedrich d. Gr. erhielt die S. eine wesentliche Änderung, indem nun nicht mehr die Regimenter nach der Anciennetät eingetheilt, sondern nach Bedürfniß unter besondere Generale gestellt wurden; man besetzte das Terrain, dem Boden gemäß, mit dünnen Linien; das Vorrücken u. Zurückziehen vor dem Feind geschah in langsamem Schritt u. in Front. Meist bildeten die Truppen zwei, auch drei Treffen, welche sich, wenn sie die Munition verschossen hatten, ablösten. Das dritte Treffen, wenn ein solches vorhanden war, bildete die Reserve. Oft bestand dieses blos aus Cavallerie u. Artillerie, bes. pflegten die leichten Truppen, Husaren u. reitende Artillerie, bei der Reserve zu sein. Jedes Treffen war in zwei Flügel getheilt, ein besonderer General der Infanterie befehligte das zweite Treffen, ein anderer Generallieutenant jeden Flügel, u. unter ihm ein Generalmajor die einzelnen Brigaden von 4–6 Bataillonen. Ein General der Cavallerie befehligte die Reiterei des rechten u. linken Flügels, jüngere Reitergenerale Brigaden von 5–20 Escadronen. Die Reserve stand unter einem besonderen General. Die Französische Revolution änderte wieder manches in dieser S., da beim französischen Heere gleich zu Anfang die Truppen in bestimmte Brigaden zerfielen, deren jede von 2 Regimentern, u. in Divisionen, deren jede meist von 2 Brigaden gebildet wurden, u. welche auch Artillerie bei sich hatten. Eine andere bedeutende Änderung der Aufstellung der Truppen zur S. wurde durch die Tirailleurs (s.d.) hervorgerufen. Die Franzosen nahmen sie in der Revolution von den nordamerikanischen Kriegen an, weil ihre jungen Truppen leichter das zerstreute als das geschlossene Gefecht lernten, u. ihre erste Linie in der S. bildete immer ein Schwarm Tirailleurs. Hinter diesen folgte die Infanterie, in zwei Treffen, wurde aber auch oft in Colonnen gebraucht. Bes. wurde jetzt hoher Werth auf die Reserve gelegt. Die Cavallerie brauchten die Franzosen mehr in Masse als zum einzelnen Gefecht, weil ihre Cavallerie sich im Einzelngefecht nicht mit ihren Gegnern messen konnte. Napoleon änderte wenig in dieser Art der S., nur wurde von ihm der Grundsatz einer tüchtigen Reserve mehr festgehalten u. ausgebildet. In den Kriegen mit ihm wurde auch die preußische Brigadeaufstellung entwickelt. Sie ist durch den General Scharnhorst geschaffen worden, u. drückt die Idee aus Truppen in Abtheilungen von 5–8000 M. möglichst kampffähig zu machen. Sie enthält demnach die Füselierbataillone als Avantgarde aufgestellt, hinter ihr die Linieninfanterie in zwei Treffen, von denen jedoch das zweite stärker ist, als das erste, hinter der Mitte des zweiten Treffens steht die Fußartillerie, hinter dieser die Cavallerie in Linie u. hinter dieser die reitende Artillerie. Formirt sich die Brigade zum Angriff, so löst sich ein Theil der Füselierbataillone in eine Tirailleurlinie auf, die Infanterie setzt sich in Colonne nach der Mitte, die Cavallerie in Colonne, die auf dem rechten Flügel links, die auf dem linken Flügel rechts abmarschirt. Die Infanteriecolonnen stehen schachbretförmig hinter einander, die Artillerie rückt vor die Flügel des ersten Treffens. Geht die Division zur Bayonnetattake über, so setzt sich die leichte Infanterie in geschlossene Ordnung u. auf beide Flügel des zweiten Treffens; die Artillerie handelt nach den Umständen. Fürchtet man einen Angriff feindlicher Cavallerie, so erwartet die Cavallerie denselben u. fällt jener, sobald sie die diesseitigen Truppen erreicht, in beide Flanken. Ist die feindliche Infanterie nicht stärker, so wird sie zuerst von der Cavallerie beider Flügel, welche aufmarschirt, in Linie vorgeht u. beide Flügel en échelons attakirt, angegriffen. Diese S-en gelten aber nur von der Stärke von 8–10,000 M.; allein auch diese schon, noch viel weniger aber stärkere Abtheilungen werden nicht in wirkliche Ordre de bataille aufgestellt, sondern fechten mehr vereinzelt, indem sie die wichtigen Punkte besetzen; s. Schlacht. Gezeichnete S-en (Ordre de bataille) sollen die Übersicht über die Zusammenstellung einer Truppe erleichtern. Die taktischen Einheiten (Bataillons, Escadrons, Batterien, Train etc.) werden durch Vierecke von nach den Waffengattungen verschiedenen Farben bezeichnet, u. die Nummer des Bataillons, Regiments etc. unter Hinzufügung des Namens des Commandeurs beigeschrieben.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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