Buchstabenrechnung

Buchstabenrechnung

Buchstabenrechnung, keine eigene Rechnungsart, sondern blos eine Methode, bes. Fälle auf eine allgemeine Weise auszudrücken. Um dies zu können, mußte man allgemeine Zeichen wählen, u. zwar nahm man die kleinen lateinischen Buchstaben, weil diese sich am bequemsten schreiben lassen u. bes. weil sie am weitesten verbreitet sind. Sie können jede Art von Größen bezeichnen, also auch geometrische Größen, Kräfte, Zeiten, Geschwindigkeiten. In einer u. derselben Rechnung jedoch bedeutet derselbe Buchstabe dieselbe Größe. Die B. ist wichtig wegen der größten Allgemeinheit, die durch sie erreicht wird, u. weil man. da die Rechnungen nur angedeutet werden können, jeder zusammengesetzten Größe sogleich ansehen kann, auf welche Art sie aus ihren Theilen zusammengesetzt ist. In der ganzen Analysis bedient man sich der B. Im engeren Sinne versteht man unter B. die 4 Grundspecies. Über diese läßt sich im Allgemeinen sagen, daß sie durch die 4 Rechnungszeichen od. bei der Multiplication durch bloße Zusammenstellung der Buchstaben nur angedeutet, aber nicht ausgeführt werden können, wenn die Buchstaben nicht mit bestimmten Größen verbunden sind; haben sie dagegen bestimmte Größen vor sich stehen (man schreibt diese vor die Buchstaben u. nennt sie Coefficienten), so läßt sich die Rechnung theilweise ausführen. a) Addition: Soll man gleichnamige Buchstaben ausdrücken, d.h. solche, in denen dieselben Buchstaben auf dieselbe Art verbunden sind, so addirt man ihre Coefficienten u. erhält so den neuen Coefficienten des unveränderten Buchstabenausdruckes, z.B.: 4 (a + b) + 12 (a + b) = 16 (a + b). b) Subtraction: Dasselbe gilt hier, man führt die Rechnung nur an den Coefficienten aus, also: 12 (a + b) – 4 (a + b) = 8 (a + b). c) Multiplication: Hier multiplicirt man die Coefficienten u. schreibt ihr Product als neuen Coefficienten dem Producte der Buchstaben vor, das man alphabetisch ordnet, z.B.: 5 ab. 2 ce. 3 df = 30 abcdef. Sind die Factoren gleichnamig, so werden sie potenzirt (s. [418] Potenz), z.B.: aaaa = a4 die 4 heißt der Exponent. Sollen gleichnamige Buchstabenausdrücke, welche Exponenten haben, multiplicirt werden, so addirt man ihre Exponenten, z.B.: 5 a3 b4c. 3 a2 b d3 = 15 a5 b5 cd3. Sind die Factoren zusammengesetzt, so muß man jedes Glied des einen einzeln nach den angegebenen Regeln mit jedem des anderen multipliciren u. dabei der besseren Übersicht wegen stets die alphabetische Reihenfolge der Buchstaben u. der einzelnen Glieder vor Augen haben. d) Division: Bei ungleichnamigen Ausdrücken kann die Rechnung ebenso nur an den Coefficienten ausgeführt werden, haben Divisor u. Dividend, od. Zähler u. Nenner (denn man schreibt gewöhnlich gleiche u. ungleiche Buchstaben in Bruchform), so gehen erstere heraus, die letzteren bleiben, z.B.:

Buchstabenrechnung

sind alle gleichnamig, so verschwinden die Buchstaben ganz, z.B.:

Buchstabenrechnung

haben die Buchstabenausdrücke, Exponenten, so müssen diese von einander subtrahirt werden, außerdem gilt das Übrige, z.B.:

Buchstabenrechnung

Sind Divisor u. Dividend zusammengesetzte Ausdrücke, so müssen sie zunächst alphabetisch geordnet werden, u. dann dividirt man nach den angegebenen Regeln mit jedem Gliede des Divisors der Reihe nach die einzelnen Glieder des Dividendus, wie man es mit bestimmten Größen thut, z.B.:

Buchstabenrechnung

Borrel führte zuerst in der Mitte des 16. Jahrh., statt der früheren willkührlichen Zeichen der unbekannten Größen, große Buchstaben ein; Wiete wählte dann zu Ende des 16. Jahrh. auch für die bekannten Größen (statt der Zahlen) große Buchstaben; Th. Harriot setzte an deren Stelle zu Anfage des 17. Jahrh. kleine Buchstaben. Cartesius führte die noch jetzt allgemein herrschende Sitte ein, für die bekannten Größen die ersten Buchstaben des Alphabets, abc, für die unbekannten die letzten, xyz, zu gebrauchen; zugleich bezeichnete er die Dignitäten mit den Exponenten a2 a3 etc.; Newton u. Leibnitz aber führten unbestimmte Exponenten ein, wo man statt der Zahlen auch Buchstaben, u. zwar mittlere, m n p, wählt. In neuerer Zeit werden große Buchstaben nur zur Bezeichnung bes. merkwürdiger Größen zur Abkürzung gebraucht. Die erste umfassende Darstellung der B. ist von Bartholin in Principia matheseos univ.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Buchstabenrechnung — Buchstabenrechnung, ein Teil der allgemeinen Arithmetik, lehrt das Rechnen mit allgemeinen Zahlen, im Gegensatze zu dem Rechnen mit bestimmten, durch Ziffern ausgedrückten Zahlen. Der Name, der nicht das Wesen der Sache, sondern nur die äußere… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Buchstabenrechnung — Buchstabenrechnung, Teil der allgemeinen Arithmetik, lehrt die Rechnungsoperationen mit Hilfe einer allgemein gehaltenen Bezeichnung der Rechnungsgrößen durch Buchstaben ausführen. Nach Descartes Vorgang bezeichnen gewöhnlich die letzten… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Buchstabenrechnung — Buchstabenrechnung, derjenige Theil der Algebra, welcher statt der Zahlen sich der Buchstaben als allgemeiner Bezeichnung der Größen bedient. Der Gebrauch der B. kam im 16. Jahrh. auf; die jetzt gebräuchliche Methode der Anwendung her Zeichen… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Buchstabenrechnung — ↑Algebra …   Das große Fremdwörterbuch

  • Buchstabenrechnung — Buch|sta|ben|rech|nung 〈f. 20〉 Rechnen mit allgemeinen Größen, die durch Buchstaben bezeichnet werden, an Stelle von Zahlen, z. B. (a+b)2 = a2+2ab+b2 * * * Buchstabenrechnung,   im 16. Jahrhundert eingeführte Methode, anstelle von Zahlen… …   Universal-Lexikon

  • Algĕbra — (v. arab., Math.), der Theil der Arithmetik, der sich mit der Lösung solcher Aufgaben beschäftigt, in denen der Werth einer od. mehrerer Zahlen gefunden werden soll, nachdem das Resultat bekannt ist, welches aus irgend welchen… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Mathematik — (auch Mathesis, v. griech. mathema, »Wissenschaft«), zunächst, als sogen. reine M., die Wissenschaft von den Eigenschaften, die den Größen zukommen, wenn man diese eben nur als Größen betrachtet; solche Eigenschaften sind: die Zählbarkeit,… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Albert Girard — (* 1595 in St. Mihiel, Frankreich; † 8. Dezember 1632 in Leiden, Niederlande) war ein französischer Mathematiker. Girard wurde in Lothringen geboren und floh als Protestant (Mitglied der Reformierten Kirche) in die Niederlande, wo er ab 1617 in… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Wilhelm August Murhard — (* 7. Dezember 1778[1] in Kassel; † 29. November 1853 ebenda) war ein deutscher Mathematiker, Rechtsgelehrter, Schriftsteller und Bibliothekar. Die moderne Forschung zählt Murhard mit seiner wissenschaftlich publizistischen Arbeit zu den… …   Deutsch Wikipedia

  • ВИЗАНТИЙСКАЯ КУЛЬТУРА — культура Византии (4 15 вв.). В отличие от западноевропейской, В. к. испытала сравнительно слабое воздействие культурных влияний варварских племен. Вместе с тем В. к. многое черпала из антич. наследия, а также из культуры населявших Византию… …   Советская историческая энциклопедия

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”