- Gähnen
Gähnen, Befriedigung einer instinctmäßigen Naturforderung eines Zustandes fühlbarer Ermattung mit weit geöffnetem Munde, gehobenem Gaumensegel, erweiterter Stimmritze u. Brust, dem bisweilen ein langsames Ausathmen folgt. Das G. hat auf Umlauf u. Reinigung des Blutes in den Lungen einen vortheilhaften Einfluß. Man gähnt u. einem od. mehreren tiefen Athemzügen: am anregendsten u. befriedigendsten ist aber immer G. nur dann, wenn die Luft, unter Erweiterung des knorpligen Theiles der Eustachischen Röhre in diese selbst u. durch sie bis in die Paukenhöhle des Ohres gelangt, was sich bes. durch ein eigenes Summen im Ohr andeutet. Meist tritt G. zugleich mit dem Schlafbedürfniß ein, wenn man sich des Schlafes noch erwehren will, eben so, wenn man, ohne noch zu voller Munterkeit gelangt zu sein, aus dem Schlafe erwacht; es ist dann mit dem Bedürfniß von Strecken der Glieder u. Reiben der Augenlider verbunden, welches ebenso Anregungsmittel für die Muskel- u. Nerventhätigkeit ist. Schon neugeborene Kinder gähnen, auch Thiere mit Lungen, des beim Schläfrigwerden u. beim Erwachen. Aber auch in anderen Zuständen von Lebensermattung entsteht Neigung zum G., so beim Hunger, bes. in kalter Luft, ebenso vor Eintritt von Fieberfrost, Krämpfen od. Ohnmachten. Mehrere mit einander verbundene Gähnacte nennt man Gähnkrampf. Auch ist G. der gewöhnliche Begleiter der Langeweile; ja schon die lebhafte Vorstellung, der Anblick vom G. erregt es selbst.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.