Initiatīve

Initiatīve

Initiatīve (v. lat.), 1) das Recht, etwas anzutragen, vorzuschlagen; 2) Einleitung zu einer Sache; 3) nach den Begriffen des constitutionellen Staatsrechts das Recht, der Volksvertretung einen Gesetzesentwurf zur Berathung vorzulegen. Die I. unterscheidet sich danach wesentlich von dem Rechte, bloße Anträge od. Bitten auf Erlaß, authentische Interpretation, Aufhebung od. Abänderung an die Krone zu stellen. Das letztere Recht ist als ein Ausfluß des Petitionsrechtes den deutschen Ständen nie bestritten worden. Das eigentliche Recht der I. dagegen war bis 1848 durchaus theils stillschweigend, theils ausdrücklich als ein ausschließliches Vorrecht des Landesfürsten anerkannt. Seit dem Jahre 1848 wurde indessen in Folge des Andrängens der Bewegungspartei in mehreren deutschen Staaten auch den ständischen Versammlungen das Recht der I. meist in Verbindung mit Bestimmungen über Aufhebung des absoluten Veto des Fürsten eingeräumt (vgl. z.B. in Baiern Gesetz vom 4. Juni 1848, Altenburg Gesetz vom 21. Oct. 1848, Preußer Verfassungsurkunde von 1850, Art. 64), aber als dem Geiste monarchischer Verfassungen widersprechend, formell wieder aufgehoben. In England befindet sich das Parlament schon seit Heinrich VI. thatsächlich in dem ausschließlichen Besitze der I., da die Minister der Krone, indem sie einerseits nur als Häupter der im Parlament herrschenden Majorität ihre Stellen behaupten, andererseits aber doch das Ansehen der [916] Krone in dem Kampfe der Meinungen nicht durch Parteinahme schwächen lassen dürfen, es vorziehen, Gesetzesanträge, die von ihnen ausgehen, nicht Namens der Regierung, sondern durch ein befreundetes Parlamentsmitglied stellen zu lassen. In Frankreich hat das Recht der I. sehr gewechselt. Durch die Verfassung von 1791 den Volksabgeordneten ertheilt, wurde dasselbe unter dem Kaiserreiche u. der Restauration der Volksrepräsentation wieder entzogen, in Folge der Julirevolution durch die Charte von 1830 wieder hergestellt, unter dem neuen Kaiserreich jedoch abermals unterdrückt. Außerdem findet sich das Recht der I. noch in den Verfassungen von Norwegen vom 4. Novbr. 1814 u. von Spanien. Bei der Deutschen Reichsversammlung stand das Recht der I. nur dem Kaiser u. den Kurfürsten zu. In der Deutschen Bundesversammlung hat dagegen rechtlich jeder Stand die I., doch wird bei wichtigeren Angelegenheiten dieselbe meist von den beiden Großmächten Österreich u. Preußen ausschließlich geübt. Vgl. Murhard, Die I. bei der Gesetzgebung, Kassel 1833.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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  • Initiative — Initiative …   Deutsch Wörterbuch

  • initiative — [ inisjativ ] n. f. • 1567, rare av. fin XVIIIe; du lat. initiare « initier », en bas lat. « commencer » 1 ♦ Action d une personne qui est la première à proposer, entreprendre, organiser qqch. Prendre l initiative d une démarche (⇒ entreprendre,… …   Encyclopédie Universelle

  • initiative — i‧ni‧tia‧tive [ɪˈnɪʆətɪv] noun 1. [uncountable] the ability to make decisions and take action without waiting for someone to tell you what to do: • He encourages initiative and new ideas. • You must be prepared to work on your own initiative. 2.… …   Financial and business terms

  • initiative — ini·tia·tive /i ni shə tiv, shē ə tiv/ n 1: the esp. introductory series of steps taken to cause a desired result the deposing party would ordinarily be required to take the initiative in arranging a deposition Andrews v. Bradshaw, 895 P.2d 973… …   Law dictionary

  • Initiative — In*i ti*a*tive, n. [Cf. F. initiative.] 1. An introductory step or movement; an act which originates or begins. [1913 Webster] The undeveloped initiatives of good things to come. I. Taylor. [1913 Webster] 2. The right or power to introduce a new… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Initiative — Sf std. (19. Jh.) Entlehnung. Entlehnt aus frz. initiative (législative) Vorschlagsrecht (für Gesetze), Gesetzesinitiative , zu frz. initier einführen, den Anfang machen, einweihen , aus l. initiāre, zu l. initium n. Anfang, Eingang, Ursprung ,… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • initiative — 1793, that which begins, also power of initiating, from Fr. initiative (1560s), from L. initiatus (see INITIATION (Cf. initiation)). First attested in English in writings of William Godwin. Phrase take the initiative recorded by 1844 …   Etymology dictionary

  • initiative — ► NOUN 1) the ability to act independently and with a fresh approach. 2) the power or opportunity to act before others do. 3) a new development or fresh approach to a problem. ● on one s own initiative Cf. ↑on one s own initiative …   English terms dictionary

  • Initiative — »erster Anstoß zu einer Handlung; Entschlusskraft, Unternehmungsgeist«: Das Wort wurde im 18. Jh. aus frz. initiative entlehnt, einem staatsrechtlichen Begriff mit der Bed. »Vorschlagsrecht«, wie er noch heute in der Schweiz gilt. Die allgemeine… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Initiative — In*i ti*a*tive, a. [Cf. F. initiatif.] Serving to initiate; inceptive; initiatory; introductory; preliminary. [1913 Webster] …   The Collaborative International Dictionary of English

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