Rhätia

Rhätia

Rhätia (Rätia), das westlichste der Süddonauländer, grenzte im Norden an Vindelicien, im Westen an das Helvetierland u. Gallien, im Süden an das Cisalpinische Gallien u. im Osten an Venetien u. Noricum, begriff also das jetzige Graubündten, Tyrol mit Vorarlberg, das baiersche Hochland u. den nördlichen Theil der Lombardei. Das ganze Land war gebirgig durch die Alpen, deren durch R. ziehender Theil die Rhätischen Alpen hieß; zu ihnen gehörte der Adula (s.d.); auf ihm entsprang der Hauptfluß des Laudes, die Athesis, ferner Ticinus, Addua, Sarrius, Ollius, Cleusis, Mincius etc.; nach Norden war der Anus der Grenzfluß. Als Gebirgsland eignete sich R. bes. zur Viehzucht, doch wurde in den Thälern auch Ackerbau getrieben, außerdem gab es als Producte vielen u. guten Wein, Pech, Wachs, Honig, Käse. Von Völkerschaften bewohnten das Land die Lepontier, mit den Viberi u. Calucones, dann die Mesiater, Vennoner, Saruneter, Forunater, Isarcer, Brixenter, Genauner, Tridentiner, Feletriner, Euganeer nebst den Camunern u. Triumpilinern. Außer der Stadt Tridentum gab es nur wenig Ortschaften, wie Clavenna, Tarvesede, Lapidaria, Curia, Magia, Sublavio, Ausugum, Feltria, Bauzanum, Bilitio, Maia etc. u. das Castell Teriola (j. Schloß Tyrol). Die Rhätier sollen Etrusker gewesen sein, u. zwar haben Einige von hier aus die Etrusker nach Italien wandern lassen, während nach Andern die Etrusker aus der Poebene vor den einwandernden Celten nach R. wichen. In der Zeit, wo das Land durch die Römer bekannt wurde, saßen Celten in demselben, u. nur einige Stämme, wie die Lepontier u. Euganeer, hatten sich in ihrer Stammesreinheit erhalten. Die Rhätier waren ein wildes, listiges Volk, welches die Römer in ihren nördlichen Besitzungen fortwährend durch Raubzüge belästigte, bis sie endlich 15 v. Chr. von den Römern unterworfen wurden. Augustus schickte nämlich zwei Heere gegen sie, eins unter Tiberius durch das Rheinthal u. das andere unter Drusus durch das südliche Tyrol, welche die einzelnen Stämme nach hartem Kampfe bezwangen; an dem Kampfe gegen die Römer nahmen auch die Weiber den muthigsten Antheil, u. als ihre Pfeile verschossen waren, schleuderten sie den Römern ihre Kinder ins Gesicht. Das Land wurde nun zur Provinz gemacht u. später Vindelicien dazu geschlagen, wo dann R. Rhaetia prima u. Vindelicien R. secunda hieß; durch ersteres führten die Römer zwei Hauptstraßen zur Verbindung Italiens mit Vindelicien. Im 5. Jahrh. besetzten die Ostgothen unter Theoderich R., welcher einen eignen Herzog als Statthalter hier einsetzte; nach dem Tode Theoderichs zogen in den nördlichen Theil des Landes Bojoaren von Osten u. Alemannen von Westen her, in den südlichen aber die Longobarden. Nachmals kam R. unter die Herrschaft der Franken u. der südliche Theil hieß Hohen-R. (Rhaetia alta). Die drei Rhätischen Bünde, welche sich 1471 zu Vazerol vereinigten, waren der Graue od. Obere, der Gotteshaus- u. der Zehngerichtenbund. Die Geschichte R-s seit dem Mittelalter s.u. Graubündten u. Schweiz. Vgl. Steub, Über die Urbewohner R-s u. ihren Zusammenhang mit den Etruskern, Münch. 1844.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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