- Swift
Swift, Jonathan, geb. 30. Nov. 1667 in Dublin; besuchte seit 1682 das dortige Trinitätscollegium, ging 1688 zu seinem Verwandten, Sir William Temple, nach Moor-Park in Surrey u. erhielt später eine geistliche Pfründe durch den Oberstatthalter in Irland, verzichtete aber auf dieselbe, als ihn Temple wieder zu sich einlud. Nach dessen Tode begleitete S. 1699 den Grasen von Berkley, welcher als Oberlichter nach Irland ging, als dessen Caplan u. Privatsecretär u. erhielt nach seiner Entlassung die Rectorei in Aghar nebst einigen kleineren Pfründen, mit dem geringen Gesammteinkommen von 200 Pfd. Sterl. Dorthin lud er 1701 Miß Esther Johnson, die berühmte Stella, ein, deren Vater Haushofmeister bei Sir William Temple gewesen war, u. lebte mit ihr in vertrautem Verhältnisse; sie wohnte in der Nachbarschaft, wenn S. im Pfarrhause anwesend war, u. in demselben, wenn er abwesend war. Diese Verbindung dauerte bis zu Stellas Tode; doch soll er sie nach einigen Angaben 1716 heimlich geheirathet haben. Er schrieb mehre satirische u. burleske Gedichte u. gab seit 1701 mehre politische Schriften heraus, in denen er eifrig die Sache der Whigs verfocht. Sein 1704 anonym erschienenes Mährchen von der Tonne (Tale of a tub), in welchem er die christlichen Religionsparteien von dem Standpunkte der englischen Episkopalkirche schilderte, aber von seinen Gegnern beschuldigt wurde die christliche Religion. angegriffen zu haben, hemmte lange seine Beförderung. Die älteren u. neueren Schriftsteller verglich er auf burleske Weise in seiner Bücherschlacht (The battle of the books), während er in den Weissagungen von Isaac Bitterstoff, Esquire, die Astronomie lächerlich zu machen suchte. Als 1710 die Tories die Oberhand gewannen, wurde er mit dem Grafen von Oxford u. mit Lord Bolingbroke bekannt u. kam dadurch in sein eigentliches Element, die Parteipolitik. Bes. geißelte er Marlborough. 1713 wurde er Dechant in St. Patrick bei Dublin u. st. 19. Octbr. 1745 im Wahnsinn. Die bekannteste seiner Schriften ist Gulliver's Reisen (Gulliver's Travels), 1727; von Wichtigkeit sind unter seinen Politischen Schriften: Discourse of the contests and dissensions between the nobels and commons of Athens and Rome, 1701; Sentiments of a Church-of-England-man in respect to religion and government, 1708; The conduct of the allies, 1712; The public spirit of the Whigs, 1714; Letters by M.B. Drapier u. die erst nach seinem Tode erschienene History of the four last years of Queen Anne. Seine Schriften sind herausgegeben von Hawkesworth, Lond. 1755, 14 Bde. u. 24 Bde., von Thom. Sheridan, ebd. 1784, 17 Bde., von Walter Scott, Edinb. u. Lond. 1814, 19 Bde., von Th. Roscoe, ebd. 1841, 2 Bde. Die vorzüglichsten seiner Schriften deutsch Hamb. 1756, 8 Bde.; das Mährchen von der Tonne ist mehrmals übersetzt worden, u.a. von C. Risheil, Zür. 1787. Vgl. Sheridan, The life of S., Dublin 1787 (deutsch von P. A. Freiin von Knigge, Hannov. 1795); Letters written by J.S. and several of his friends, Lond. 1766, 3 Thle.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.