- Würfeln
Würfeln, 1) (Knöcheln, Paschen), Hazardspiel, welches mit drei Würfeln gespielt wird, die gewöhnlich aus einem (meist ledernen) Becher geworfen werden u. bei welchem die Zahl der Spielenden nicht beschränkt ist. Einer aus der Gesellschaft setzt eine Summe aus, welche von einem od. theilweise von mehren der Mitspielenden gehalten, d.h. gegen welche die nämliche Summe gesetzt wird, wobei jedoch die Vorhand od. der dem Spieler nach der rechten Hand zunächst Stehende immer das Vorrecht hat. Wenn der erste Spieler nach dem für den Augenblick die Bank Habenden nicht halten will, so hat der zweite, dann der dritte u. so fort die Vorhand; so lange jedoch der Wurf noch nicht geschehen ist, können die Vorderen dieses Vorrecht, dessen sie sich augenblicklich begeben haben, wieder geltend machen, lindem sie »Vorhand« rufen. Den ersten Aussatz muß jedoch die Vorhand stets halten. Wenn der Spieler weniger als elf Augen wirft (fehlt), so gewinnt der Haltende, u. der Wurf geht an die Vorhand über, es wäre denn, daß er einen Jungfernpasch (s.u. Pasch) geworfen hätte, in welchem Falle er von Neuem aussetzen kann. Wenn er elf od. mehr Augen wirst (trifft), so gewinnt er den Satz des Haltenden u. kann diesen u. den seinigen von Neuem ausbieten od. einziehen, muß aber im letzteren Falle den Wurf an die Vorhand abgeben. Es ist ihm auch nicht erlaubt einen Theil der Summe einzuziehen, außer wenn er einen Jungfernpasch geworfen hat. Wenn durch mehrmaliges Treffen die zu haltende Summe beträchtlich geworden ist, so wird sie gewöhnlich theilweise von mehren Theilnehmern gehalten. Diese müssen jedoch zurücktreten, wenn Einer die ganze Summe hält, welches er durch den Ruf »Banco« anzeigt. Wenn sie nicht ganz gehalten wird, so kann der Spieler den nicht gehaltenen Theil derselben einziehen. Man spielt dieses Spiel mit u. ohne Pasch (letzteres wird auch Hamburgern genannt), ohne daß durch die eine od. die andere Art die Regeln des Spieles verändert werden. Wenn ohne Pasch gespielt wird, ist jeder Wurf entscheidend; wenn mit dem Pasche gespielt wird, entscheiden nur diejenigen, bei welchen zwei Würfel die gleiche Zahl Augen haben. Die Alten kannten das Würfelspiel (Alea, Κυβεία) schon. Außer den W. (Tesserae, gr. Κύβοι, sechsseitig u. mit 1–6 bezeichnet, u. Tali, gr. Αστράγαλοι, welche vier ebene Seiten u. zwei runde hatten, von denen die erstern mit 1, 6, 3 u. 4 Puncten bezeichnet waren) gehörten dazu das Spielbret (Alveus, Tabula, Abacus, Ἀβαξ). Im eigentlichen Würfelspiele (Spiele mit Tesseren) gewannen die meisten Augen; im Spiele mit den Talen, wobei man vier Würfel in einem Becher (Pyrgus, Turricula, Fritillus, Φιμός, Πυργία) schüttelte u. dann auf das Bret warf, kam es auf die Seite (Facies) an, auf welche die Talen fielen; der glücklichste Wurf war, wenn. jeder Talus eine andere Zahl zeigte (Venus, Άφροδίτη); der schlechteste Wurf, wenn die Talen alle die 1 hatten (Canis, auch Vulturius, κύων). Der Kaiser Claudius schrieb ein Buch: De alea. Das Spiel wurde früh wegen Mißbrauchs zum Hazardiren verboten, außer an den Saturnalien. Bei den Griechen warf man im W. entweder fünf Kyboi mit dem Rücken der flachen Hand in die Höhe u. fing sie mit der schnell gewendeten inneren Hand auf (jetzt Juega de tabas in Spanien, Jeu des osselets in Frankreich); od. man warf vier Astragaloi aus der flachen Hand od. einem Becher u. berechnete die Zahlen od. den Werth der oben stehenden Seiten Es waren dreißig verschiedene Würfe möglich, welche Namen von Göttern. Fürsten, Helden, Hetären etc. führten. Das Spiel der Deutschen, in welchem sie selbst ihre Freiheit verspielten, war vermuthlich auch ein W., doch ist darüber nichts Näheres bekannt. Das W. findet auch bei gewissen Spielen, so bei Toccadeglio, Puff etc. statt. 2) Einem Gegenstande die Gestalt eines Würfels geben; 3)) Landw.), so v.w. Worfeln.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.