Acten

Acten

Acten (v. tat. Acta, Rechtsw.), die gesammelten Schriften irgend einer Verhandlung in Verwaltung od. Rechtspflege. Ergehen dieselben (d. h. wer. en sie geführt vor der Behörde) so sind sie öffentliche A. (Acta publica), u. deren Arten werden nach dem Gegenstande benannt, so Civil-A. (A. civilia) bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Criminal- od. Inquisitions-A. (A. criminalia, A. inquisitionis) in peinlichen Sachen; wogegen die von den Parteien od. deren Sachwaltern zu eignem Gebrauche gesammelten, Privat- od. Manual-A (A. privata. A. manualia) heißen. Der Zweck der A. ist, eine bleibende, vollständige u. genaue Darstellung des Verhandelten (nebst Verfügungen u. Erklärungen) zu gewähren, was, wenn es erreicht wird, Actenmäßigkeit heißt, u. ihre Ordnung ist von besonderer Wichtigkeit. Ihre Führung ist den Canzleien, Secretären od. Actuarien zunächst anvertraut. Die A. bestehen in chronologischer Ordnung nicht nur aus sämmtlichen betreffenden Aufnahmen, Urkunden, den Concepten der gefertigten Schriften u. Originaleingaben, denen die Eingangsbemerkung (Praesentatum) u. die Abgangsbemerkung sorgfältig zuzusetzen ist, sondern es werden dieselben auch in einen Umschlag[100] (Pallium) in Folioformat gelegt, mit diesem an einen Streifen Pergament, Pappe od. starkes Papier (Actensattel) eingeheftet, die einzelnen Blätter fortlaufend numerirt (foliirt), ihnen ein Inhaltsverzeichniß (Repertorium, Designatio actorum) vorgesetzt, u. der Umschlag mit einer kurzen Bezeichnung des Gegenstandes (Rubrum), auch nach Befinden der verschiedenen Bände etc. versehen. Ungeheftete A. (vielfach in Norddeutschland üblich) heißen Zettel-A.; auch in Frankreich bestehen sie aus Octav- u. Quartblättern, werden zusammengerollt u. sind meist unvollständig. Alles Zusammengehörige ist in den A. zu vereinigen, dagegen aber auch über das Verschiedenartige ein besonderes Actenstück anzulegen, was vorzüglich bei Concursen von Wichtigkeit u. Schwierigkeit ist. Verlorene öffentliche A. werden möglichst durch die Privat-A. beider Parteien wiederhergestellt (Actenredintegration), die zu dem Ende unweigerlich herauszugeben sind. Ist dies nicht möglich, so muß die Verhandlung wiederholt werden. Die A. stehen den Betheiligten stets zur Einsicht offen, u. zur Controle haben die Oberbehörden das Recht der Actenabforderung. Ist eine Angelegenheit bis zu einem Abschnitt od. zum Schluß in den A. verhandelt, so folgt der Actenschluß (Inrotulation der A.). Gewöhnlich wurde früher im Civilprocesse hierzu ein Tag als Inrotulationstermin anberaumt, damit bis dahin theils die Parteien noch die nöthigen Eingaben machen, theils Ausstellungen gegen die Führung, Richtigkeit u. Vollständigkeit der A. machen konnten. Derselbe ist jedoch vielfach jetzt abgeschafft. Das Actenlesen erfordert, um aus den nach dem jedesmaligen Verfahren nothwendig vorhandenen Abschnitten rasch u. vollständig das gesammte Material herauszufinden, dessen man benöthigt ist, manche Übung. Das hierzu empfohlene sog. hebräische Lesen, d. h. vom Ende nach dem Anfange zu, dient zunächst zur Orientirung über den gegenwärtigen Stand der Angelegenheit u. ist meist nur cursorisch, worauf eine besondere Lectüre der einschlagenden Stellen folgt. Nach gänzlicher Erledigung der Sache erfolgt die Reponirung der A., d. h. die Einreihung derselben in das Archiv.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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