Leibgedinge

Leibgedinge

Leibgedinge, 1) (Dotalitium), ein von dem Ehemann der Ehefrau zu dem Zwecke gewidmeter Vermögenstheil, um der Ehefrau für ihr in die Ehe gebrachtes Heirathsgut nach dem Tode des Mannes eine lebenslängliche Versorgung zu verschaffen. Im Mittelalter geschah dies gewöhnlich durch Anweisung gewisser Grundstüche, welche dann während der Ehe ohne Einwilligung der Frau von dem Ehemann nicht veräußert werden durften, u. von denen die Frau nach dem Tode des Ehemanns den lebenslänglichen Nießbrauch zog. Der aus dem L. fließende Nießbrauch dauert bis zum Tode der Wittwe fort, so daß auch die Eingehung einer neuen Ehe ihn nicht aufhebt; stirbt die Wittwe, so hört alles Anrecht auf, u. es können die Erben namentlich nicht die Dos zurückfordern. Bei vertragsmäßiger Bestellung des L-s ist nur der Contrahent u. sein Universalnachfolger zur Erfüllung gebunden; bei Stamm- u. Fideicommißgütern begründet Familienobservanz aber häufig einen Übergang der Verbindlichkeit auf alle Nachfolger im Gut. Im Concurse hat die Wittwe wegen ihres L-s die Privilegien, welche der Ehefrau landesgesetzlich wegen Rückforderung der Dos zustehen. Eine besondere in Sachsen, Brandenburg, Schlesien u. Pommern übliche Art des L. besteht darin, daß die adelige Wittwe statt eines Nießbrauchs eine lebenslängliche Reute bezieht, welche den doppelten od., wenn neben der Dos eine besondere Contrados (Donatio propter nuptias, Widerlage, s.d.) verschrieben wurde, den vierfachen Zinsen der Dos gleichsteht. Die Wittwe hat hierbei, insofern nicht durch den Heirathsvertrag ein Anderes ausgemacht ist, die Wahl, ihr Heirathsgut nebst dem Gegenvermächtniß zurückzufordern, od. die Leibrente von den Erben des Mannes zu verlangen; 2) (Auszug, Leibzucht), der meist nach den Grundsätzen einer Reallast zu behandelnde Vorbehalt von Wohnungsrechten, Recht auf Unterhalt u. gewisse Natural- od. Geldprästationen, welche sich der Bauerngutsbesitzer bei Abtretung des Gutes an den Anerben ausbedingt; 3) so v.w. Leibrentencontract, s.d.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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  • Leibgedinge — (Leibgut, Leibrente, Leibzucht, Dotalium oder Doalium. Vitalitium), eine für das Leben eines Menschen bedungene Nutznießung, besonders das der Ehefrau von dem Ehemann angewiesene Grundvermögen, das sie nach seinem Tode zum lebenslänglichen Genuß… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Leibgedinge — Leibgedinge, Leibgut, Leibzucht, Nutznießung, Rente etc., insbes. das einer Witwe zustehende Recht auf eine lebenslängliche Rente aus den Gütern ihres verstorbenen Mannes, im Gegensatz zu dem mit ihrer Wiederverheiratung erlöschenden Wittum …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Leibgedinge — Leibgedinge, siehe Withum …   Damen Conversations Lexikon

  • Leibgedinge — Sn Unterhalt auf Lebenszeit (etwa für Witwen) per. Wortschatz fach. (13. Jh.), mhd. līpgedinge Einkommen auf Lebenszeit Stammwort. Zu Leib in der Bedeutung Leben und gedinge Versprechen (dingen). ✎ LM 5 (1991), 1848. deutsch s. Leib, s. dingen …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Leibgedinge — Ein Leibgedinge (auch: Leibzucht) ist die Verpflichtung, Naturalleistungen wie Wohnung, Nahrungsmittel, Hege und Pflege gegenüber einer Person bis zu deren Ableben zu erbringen, die meist bei Hofübergaben in der Landwirtschaft zwischen Übergeber… …   Deutsch Wikipedia

  • Leibgedinge — Leib|ge|din|ge 〈n. 13〉 Leibrente [<Leib in der alten Bedeutung „Leben“] * * * Leibgedinge,   Leibzucht, 1) Altenteil; 2) mittelalterliches deutsches Rechtsinstitut, demzufolge dem Berechtigten Besitz und Nutzung an Liegenschaften (auch an… …   Universal-Lexikon

  • Leibgedinge, das — Das Leibgedinge, des s, plur. ut nom. sing. das Gedinge, d.i. bestimmter ausbedungener und verglichener Unterhalt auf Lebenszeit, von Leib, so fern es ehedem das Leben bedeutete; da denn dieses Wort von verschiedenen solcher Anstalten gebraucht… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Sächsisches Leibgedinge — Sächsisches Leibgedinge, s.u. Witthum …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Leibgeding — (s. ⇨ Leibgut). 1. Leibgedinge folgt dem Manne nicht. – Graf, 134, 102. Bezieht sich auf eine Bestimmung im Kaiserrecht, wonach der Frau das Leibgedinge so bestellt werden kann, dass es ihr »ewiglich« verbleibt; dann folgt es freilich nach dem… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Herzogtum Glogau — Das Herzogtum Glogau entstand 1251 bei der Teilung des Herzogtums Schlesien unter den Schlesischen Piasten. 1331 eignete es sich der böhmische König Johann von Luxemburg an, wodurch es als erstes der schlesischen Fürstentümer bis 1344 unmittelbar …   Deutsch Wikipedia

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