- Applicatūr
Applicatūr (v. lat.), 1) die Anwendungsweise der Finger bei Behandlung musikalischer Instrumente, bes. bei Streich- u. Tasteninstrumenten. Von det richtigen A. hängt der Grad der Fertigkeit, Sicherheit u. Schönheit des Spiels ab. A) Allgemeinste Regeln der A. sind: a) für jede stufenweis, ununterbrochen fortschreitende Taste gebraucht man einen anderen Finger; b) auch bei mehrmaliger Aufeinanderfolge einer u. derselben Taste wechselt man mit den Fingern ab; c) bei Sprüngen u. Doppelgriffen bis zu einer Quinte bleiben so viel Finger ungebraucht, als Stufen übersprungen werden. Demnach werden Terzen gegriffen mit dem 1. u. 3., od. 2. u. 4., od. 3. u. 5. Finger, Quarten mit dem 1. u. 4., od. 2. u. 5.; d) den Daumen u. kleinen Finger auf Obertasten zu setzen, wird so lange vermieden, als eine bequemere A. sich ausfindig machen läßt. B) Besondere Operationen bei der A.: a) das Unter- u. Überschlagen (Unter- u. Übersetzen), d.i. der Eintritt (Gebrauch) des Daumens nach dem 2., 3. od. 4. Finger (Unterschlagen), od. der Eintritt des 4., 3. od. 2. Fingers nach dem Daumen (Überschlagen) in solchen Tonreihen, deren Länge mehr als 5 Stufen beträgt, od. in chromatischen Tonfolgen; b) das Einsetzen (Übergehen), d.i. der Gebrauch eines außer der Reihe liegenden Fingers für eine nächstfolgende Taste; c) das Abwechseln (Ablösen, Wechseln), d.i. der Gebrauch zweier Finger auf einer u. derselben Taste, vgl. ob. b); d) das Abgleiten, d.i. das Herabziehen eines Fingers von einer Obertaste auf die nächstliegende Untertaste, also der Gebrauch eines Fingers für 2 Tasten; e) die Fortrückung, Fortsetzung, das Absetzen der Finger (u. Hände), d.i. der Gebrauch eines u. desselben Fingers für mehrere Tasten bei weiten Spannungen od. bei fortschreitenden Doppelgriffen, vgl. ob. c). 2) In der A. spielen, auf Streichinstrumenten, bes. der Violine, eine Passage in einer höheren als der gewöhnlichen Lage spielen.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.