- Cancrin
Cancrin, 1) Franz Ludw., geb. 1738 in Kurhessen, stand Anfangs in Diensten des Erbprinzen von Hessen, wurde dann Director des Salz-, Berg- u. Münzwesens u. der Wasserbauten, 1782 Regierungsdirector in der Grafschaft Sayn, 1783 Director der Salzwerke zu Staraja-Russa im russischen Gouvernement Nowgorod u. st. 1816; er schr. u.a.: Grundzüge der Berg- u. Salzwerkskunde, 1773–91, 13 Bde. 2) Graf Georg, Sohn des Vorigen, geb. 8. Decbr. 1774 zu Hanau in Kurhessen; studirte Staatswissenschaften, wurde 1795 Anhalt-Bernburgischer Regierungsrath, ging 1796 nach Rußland, war 1796 bis 1799 Assistent seines Vaters beim Salzwerksdirectorium zu Staraja-Russa, wurde 1800 russischer Collegienrath in der Abtheilung für die Reichsökonomie, 1805 Staatsrath u. Inspector der deutschen Colonien im Petersburger Gouvernement, 1811 wirklicher Staatsrath im Kriegsdepartement, 1813 Generalintendant der russischen Armee, trat 1820 (von einigen Neidern aus der altrussischen Partei großer Unterschleife angeklagt, obwohl sich die Anklage als völlig unbegründet erwies), von seinem Amte zurück, wogegen ihn der Kaiser 1821 zum wirklichen Mitglied des Reichsrathes ernannte, u. war 1823–44 Finanzminister. Als solcher suchte er die industrielle Thätigkeit Rußlands durch künstliche Mittel zu heben, indem er durch Prohibitivzölle die industriellen Erzeugnisse des Auslandes fern hielt, auf Staatskosten Fabriken anlegte, welche, da sie ohne Concurrenz bestanden, günstige Geschäftsresultate ergaben. Dieses den Lehren der politischen Ökonomie zuwiderlaufende System bot seinen Gegnern, die den Einfluß C-s mit mißgünstigen Blicken wachsen sahen, viele Gelegenheiten zu Angriffen, welche indeß fruchtlos blieben, bis C. selbst um seine Entlassung bat, weil die Anforderungen an seine Geschicklichkeit, jeder finanziellen Verlegenheit des Staates vorzubeugen, ihm übermäßig erschienen; doch ließ er sich bewegen, sein Amt, da in einigen Departements Ersparungen eintreten sollten, zu behalten, bis er 1844 auf wiederholtes Ansuchen seine Entlassung erhielt. Er st. 22. Sept. 1845 auf seinem Landsitze bei Pawlowsk u. schr.: Die Verpflegung der Truppen, 1811; Über die Militärökonomie im Frieden u. Kriege, 1822, 3 Bde.; Weltreichthum, Nationalreichthum u. Staatswirthschaft, 1821; Die Ökonomie der menschlichen Gesellschaft u. das Finanzwesen, 1845; auch den Roman Dagobert, eine Geschichte aus dem jetzigen Freiheitskriege, Alt. 1796.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.