Pfropfen

Pfropfen

Pfropfen (Pelzen), 1) Art des Veredelns, wobei ein Stück Edelreis in einen Wildling od. anderen Baum eingesetzt wird. Folgende Arten sind gewöhnlich: a) in den ganzen Spalt. Einen jungen Baum od. einen Ast, welcher nicht über 1 Zoll dick sein darf, schneidet man im Frühjahr nach dem Eintreten des Saftes u. bei trockenem Wetter mit der Baumsäge quer durch u. die Stelle mit einem Messer ganz glatt, dann macht man mit dem Pfropfmesser, welches eine gerade Klinge u. einen starken Rücken hat, einen etwa 1/2 Zoll langen Spalt in den Baum od. Ast u. erweitert diesen Spalt mit einem keilförmigen Meisel (Pfropfmeisel), od. mit einem Keil von Knochen, Elfenbein od. Buchsbaum (Pfropfkeil, Spaltkeil), um an einer od. beiden Seiten des Spaltes das Pfropfreis bequem einsetzen zu können. Dem Pfropfreise läßt man 2–4 Augen u. schneidet es am stärksten Ende in der Mitte 3/4–1 Zoll lang keilförmig, so daß an beiden Seiten ein horizontaler Ansatz bleibt. Alsdann verklebt man den Spalt oben u. an der Seite mit Baumwachs, wickelt breite Papierstreifen darum u. bindet sie mit Bast fest. Bei ganz starken Ästen setzt man auch 4 Pfropfreiser ein, indem man noch einen Spalt über das Kreuz macht. Schlagen mehre von diesen Pfropfreisern an, so läßt man im nächsten Frühjahr nur das schönste stehen. Bei ganz schwachen Wildlingen kann man das Pfropfreis unten hin keilförmig zuschneiden u. so in den Spalt einpassen, daß auf beiden Seiten die Rinde des Keils an der des Wildlings anliegt. Jeder gepfropfte Ast heißt ein Kopf. Junge Bäume pfropft man entweder hoch, in der Nähe der Krone (Kirschen u. Pflaumen), od. niedrig, 1/41/2 Elle von der Erde (wilde Äpfel- od. Birnbäume). b) In den halben Spalt. Der wilde Stamm wird nur bis zur Hälfte gespalten, indem man das Pfropfmesser auf der Kante an einer glatten Seite des Wildlings aufsetzt u. eintreibt u. dann in den Spalt das zugeschnittene Edelreis wie bei a) einsetzt u. befestigt. Um das Fortkommen der in den Spalt gepfropften Obstbäume zu sichern, bedeckt man die Pfropfstellen mit einem Stück sehr weitmaschigen gummirten Kannevas. c) Das P. in die Rinde wird vorzüglich bei den starken Ästen alter Bäume angewendet u. ist nicht so gewaltsam u. gefährlich für den Stamm als das P. in den Spalt. Es wird von Mitte April bis Mai vorgenommen. Wenn der Ast an einer glatten, knotenfreien Stelle abgeschnitten u. ausgeputzt ist, wird an die Stelle, wo das Edelreis eingesetzt werden soll, zwischen Rinde, Splint u. Holz die Rinde mittels des Pfropfbeins, eines flachen, zahnstocherförmig zugefeilten u. abgerundeten Werkzeuges von Elfenbein, Knochen od. Holz, abgelöst; in diesen Zwischenraum setzt man das bis auf 4 od. 5 Augen verstutzte, 11/2 Zoll lange, zahnstocherförmige Pfropfreis so, daß oben ein Ansatz bleibt. Sollte ein Wildling sehr dünn sein, so macht man nach dem Absägen des Stämmchens an der Seite, wo das Edelreis eingesetzt werden soll, mit dem Oculirmesser einen senkrechten Schnitt in die Rinde bis aufs Holz u. löst mit dem Pfropfbeinchen so viel Rinde von dem Wildlinge los, als zur Bedeckung des einzusetzenden Reises erforderlich ist. In der Mitte herunter an dem Keil des Pfropfreises läßt man einen schmalen Streifen von der äußern braunen Rinde stehen, welche dann beim Einpfropfen des Reises gerade in jene Kluft der Rinde des Wildlings zu stehen kommt u. zur Bedeckung u. Verhütung der Austrocknung der Pfropfwunde dient. d) Das. P. in den Kerb ist eigentlich eine Art des Copulirens u. wird bei alten Bäumen angewendet. Da wo der Ast abgeschnitten ist, macht man der Länge nach einige Kerbe durch die Rinde u. ein Stück in das Holz. Nach der Gestalt des Kerbes wird das Pfropfreis abgeschnitten u. hinein gepaßt. Bei diesen beiden letzteren Arten findet das Verbinden mit Baumwachs wie bei der ersten Art Statt. e) P. in die Seite, s. Einschilfen. f) P. mit dem Gaisfuß; man hat deren zwei- u. einarmige, u. in denen sich oben u. unten Schnittflächen befinden. Die unteren dienen dazu, um bei Veredelungen mehr am Boden den Ausschnitt nach oben machen zu können; der Gaisfuß macht dann einen von unten nach oben gezogenen Schnitt Die oberen Schnittflächen dienen dazu, um die Veredelung in der Kronenhöhe von unten nach oben im gedrückten od. gestoßenen Schnitt zu führen. Das Reis wird von beiden Seiten keilförmig so zugeschnitten, daß es den Keilschnitt des Gaisfußes genau ausfüllt. Zuerst macht man einen gewöhnlichen langen Rehfußschnitt durch ein Reis u. schneidet dieses von beiden Seiten keilförmig zu, indem man die Schnitte so führt, daß sich die beiden seitlichen Schnittflächen auf der Mittellinie im Mark des Schnittes berühren. Um endständige Augen an Pfropfreisern zu benutzen, setzt man das Reis dicht an der Erde auf eine geeignete Unterlage u. befestigt es mit einem guten Verbande mit Wachs; dann bedeckt man die gepfropfte Stelle mit einer Glocke. Statt im Frühjahr kann man auch im Herbst u. Winter pfropfen. Die im Winter im Zimmer gepfropften Stämmchen werden in einen halbwarmen Kasten gesetzt. Die Pfropfreiser bricht man gern Ausgang Februar u. Anfang März u. schlägt sie in die Erde od. feuchten Sand, damit sie nicht zu weit vortreiben. Zu Pfropfreisern überhaupt nimmt man junge, einjährige Zweige mit Holzaugen, welche mit der Dicke des Wildlings in gehörigem Verhältniß stehen, vollkommen gesund u. von gefunden Edelbäumen sein müssen. Die gegen Mittag u. im Gipfel der Bäume stehenden, hält man für die besten. Außer Obstbäume u. Zierpflanzen kann man auch Getreide pfropfen. Man schneidet den oberen Theil von zwei gleich dicken Halmen ab u. setzt den einen auf die beim P. gewöhnliche Weise an die Stelle des andern. Auf diese Weise kann man Reis auf Hirse pfropfen u. man erhält mehr u. besseren Samen. Vgl. Copuliren, Oculiren u. Ablactiren; 2) das Aufeggen der Wintersaaten im Frühjahre; 3) (Zimmerm.), so v.w. Aufpfropfen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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