- Punktirkunst
Punktirkunst, 1) s. u. Kupferstechen C); 2) die vermeintliche Kunst, mit gewissen Punkten, welche man ohne besondere Absicht entwirft, nachdem sie in besondere Figuren gebracht sind, verborgene od. künftige Dinge zu erforschen. Sie wurde bes. von den Arabern getrieben, indem sie die Punkte mit einem Stabe in Sand od. die Erde entwarfen (daher auch Geomantie). Die Frage wird zuerst auf das Blatt geschrieben; dann entwirft man, ohne dabei zu zählen, vier Reihen Punkte von der Rechten zur Linken; dies wird noch dreimal wiederholt, so daß man je in 4 Reihen 16 Reihen Punkte bekommt. Nun zählt man, ob die Zahl der Punkte in jeder Reihe eine gleiche od. ungleiche Zahl ist. Ist sie eine gleiche, so bemerkt man dies mit 00, ist sie eine ungleiche mit 0. Diese unter einander gesetzt, bilden also Figuren, für jede der vier Reihen, z.B.
0000000
00000000
00000000
00000000 etc.
Diese heißen Mütter. Aus diesen werden nun durch anderweitige Zusammensetzungen dieser vier andere Figuren gebildet, welche Töchter heißen, aus diesen wieder andere, Enkel. Noch zwei andere gebildete Figuren erhalten den Namen: Zeugen, u. noch zwei den: Richter, wornach man also 16 Figuren bekommt. Nun wird, wie für das Nativitätstellen, ein Quadrat gezeichnet (Geomantischer Spiegel) u. dieses in zwölf Häuser (s.d.) getheilt. In die zwölf Häuser werden die zwölf Figuren eingeschrieben; die vier letzten, die Zeugen u. Richter, kommen in die Mitte des Spiegels zu stehen, wo dafür noch ein kleineres Quadrat sich findet. Jede Figur hat ihren eigenen Planeten; auch gesellt man ihnen die zwölf Zeichen des Thierkreises bei. Jedes Haus hat seine besonderen Andeutungen. Aus dem ersten urtheilt man von des Menschen Leben, Gesundheit, Schönheit, Stärke, Leibesgestalt u. Sitten, u. dies Haus soll das Angesicht, Haupt u. die Zähne beherrschen etc. Zu Fällung eines Urtheils muß man wissen, in welches Haus die Frage gehört, u. sehen, was für Figuren, für Planeten, für Zeichen in dasselbe fallen, auch auf die Zeugen u. Richter achten. Eine aus dem Arabischen übersetzte P. erschien Leipzig 1785, auch 1746. Die auf Jahrmärkten verkauften Punktirbücher enthalten eine kurze Nachahmung der P. u. werden hier u. da von den unteren Theilen des Volkes noch immer benutzt.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.