Satz [1]

Satz [1]

Satz, 1) (Propositio, Enuntiatio, Log.), der Ausdruck eines Gedankens, welcher das Verhältniß wenigstens zweier Vorstellungen enthält, eines Subjects, von welchem etwas ausgesagt wird, u. eines Prädicats, was von demselben ausgesagt wird; s.u. Urtheil. Die Form der Aussage kann entweder bejahend (affirmativ) od. verneinend (negativ), möglich (problematisch) od. wirklich (assertorisch) sein. Die einzelnen Sätze, sofern aus ihrer Zusammenstellung neue Sätze gebildet werden (Schlüsse), haben zufolge ihrer Stellung verschiedene Namen: Obersatz, Schlußsatz, s.u. Schluß. Ist ein allgemeiner S. von unmittelbarer Gewißheit u. also unbedingter Nothwendigkeit, so heißt er ein Grundsatz, dahin gehören: der S. der durchgängigen Gleichheit, der S. der Einstimmung, des Widerspruchs, der durchgängigen Bestimmung, der S. von der Ausschließung des Dritten, der S. vom zureichenden Grunde. 2) (Gramm.), die Bestandtheile des grammatischen Satzes sind dieselben, wie des logischen, Subject u. Prädicat (s. b.); ihre einfache Weise u. ihre Verbindung unter einander (Satzbau) lehrt die Syntaxis. Die Satztheile können coordinirt sein, wo dem Subject das Prädicat in gleicher Form beigefügt ist (Congruenz); od. subordinirt, so daß sie von einem Theil des Satzes abhängen (regiert werden, vgl. Rection), dann sind sie von demselben verschieden durch die Form; der Haupttheil ist der bestimmende (regens), der andere der bestimmte (rectum); die Syntaxis gibt diese Verhältnisse der Satztheile zu einander in der Lehre vom Casus an. Der Form nach ist der grammatische S. unbedingt od. bedingt, bejahend, verneinend od. fragend. A) Einfache Sätze: a) Die bejahenden (affirmativen) Sätze behaupten das Vorhandensein, die Wirklichkeit eines Zustandes am Subject in der Gegenwart od. Vergangenheit od. Zukunft; b) der verneinende (negative) S. gibt die Nichtexistenz eines solchen Zustandes an, während im c) Fragsatz der Redende von Andern Belehrung od. Kunde über etwas verlangt. Durch die Anreihung mehrer Sätze an einander entstehen B) verbundene Sätze; in ihnen ist ein S., welcher an sich ein vollständiges Urtheil enthält, u. dessen einzelnen Theilen die anderen Sätze zur Erklärung, nähern Bestimmung etc. dienen; jenen nennt man den Hauptsatz, diese sind entweder Nebensätze, in welchen ein Begriff des Hauptsatzes näher bestimmt u. durch das Relativum mit dem Hauptsatz verbunden wird, dazu gehören die Erklärungssätze; od. sie sind subordinirte Sätze. Solche verbundene Sätze sind: a) Final- u. Causalsätze, in denen Absicht, Zweck, Bestimmung, Grund, Ursache, Wirkung u. Folge angegeben wird; b) Zeit bestimmende Sätze, in welchen man eine Handlung aufstellt, welche in Bezug auf die des Hauptsatzes als vergangen, od. gleichzeitig, od. zukünftig gedacht wird; c) Oratio obliqua (s.d.); d) Copulativsätze, welche wegen ihres Inhalts u. ihrer gleichen grammatischen Form als übereinstimmend verbunden werden durch: und, sowohl – als auch, weder – noch; e) Correlativsätze, welche eine durch ein Demonstrativum u. Relativum angedeutete, wechselseitige Beziehung angeben, z.B. wie – so, je – desto; f) distributive od. Eintheilungssätze, die zwei od. mehre Sätze enthalten, welche mit demselben Theilwort anfangend, sich zu einander wie gleiche, od. wie zu einem Ganzen gehörende Theile verhalten, z.B. theils – theils, bald – bald; g) Continuativsätze, welche als in einer Reihenfolge fortgehend mit einander verbunden sind, durch erstens, zweitens etc., darauf, ferner, endlich; h) Disjunctivsätze, in denen durch das Bestehn des Einen das Andere als aufgehoben gedacht u. ausgesprochen wird, durch: entweder – oder; i) Adversativsätze, welche einander entgegengesetzte Begriffe, Widerlegungen u. Einwendungen enthalten, durch: aber, hingegen, sondern; k) Conclusivsätze, welche Folgerungen aus vorhergehenden angeben, durch: also, so; l) Conditional od. hypothetische (Bedingungs-) Sätze, von welchen der eine (der untergeordnete) einen angenommenen Fall aufstellt, der andere die Folge angibt, durch: wenn, gleich als wenn, woher; m) Concessivsätze, welche einen angenommenen Fall bedingend aufstellen, aber die Bedingung zu einer der Erwartung entgegengesetzten Folge angeben, so daß diese Bedingung entweder als Voraussetzung von Umständen hergenommen ist, od. einräumend als Willensäußerung ausgesprochen wird; die Einführungswörter sind: obgleich, wiewohl, zwar. In den beiden letzteren Arten der Sätze unterscheidet man einen Vordersatz, welcher eine Voraussetzung, Bedingung etc.[951] angibt, u. einen Nachsatz, welcher die dazu gehörige Folge, Schluß, Erfahrung etc. enthält. Aus mehren zu einem wohlgeordneten Ganzen harmonisch verbundenen Sätzen entsteht ein Gliedersatz (Periode, s.d. 5). 3) (Musik), jeder einzelne Gedanke od. Subject eines Tonstückes, welches zu einem Ganzen verarbeitet werden soll; man unterscheidet in dieser Hinsicht: Hauptsatz (Thema, s.d.), Neben- (Mittel-) satz u. Schlußsatz u. nennt jede kürzere Periode Absatz. Dann heißt ein S. jeder Haupttheil eines aus mehren abgeschlossenen Stücken bestehenden Musikstücks; man spricht daher von einem ersten, zweiten, dritten S.; daher auch in dieser Hinsicht Allegro-, Adagiosatz etc. Einfache Sätze sind solche melodische Theile eines Tonstücks, welche gerade so viel Material enthalten, als nöthig ist, ihren Sinn zu fassen; dagegen erweiterte Sätze u. zusammengeschobene Sätze solche, bei denen der Gegenstand der Darstellung durch Nebengedanken mehr bestimmt ist. Endlich heißt S. die harmonisch-grammatische Beschaffenheit eines Tonstücks; man unterscheidet daher reinen S., d.h. solchen, wo alle grammatischen Regeln über den S. beobachtet sind; od. unreinen fehlerhaften S., wo dies entweder gar nicht, od. nicht mit der gehörigen Sorgfalt geschehen ist. Auch spricht man von einem zwei-, drei-, vier- u. mehrstimmigen S., nach der Anzahl der Stimmen, welche denselben ausführen (vgl. Contrapunkt). 4) (Rechtsw.), die nach altem sächsischen Proceß von den Parteien einzureichende Rechtsausführungen in Rechtsverfahren, daher Provocations-, Exceptions-, Replik-, Dupliksatz u. dgl.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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