Taktschreiben

Taktschreiben

Taktschreiben (Taktirschreibmethode), eine Methode, welche beim Schreibeunterricht den Vortheil gewährt eine ganze Klasse möglichst gleichmäßig von den ersten Anfängen des Federhaltens u. der Schriftbildung in leichter, rasch fortschreitender Stufenfolge zur Sicherheit u. Fertigkeit zu führen, u. vereinigt Anschaulichkeit mit Schreibgeschicklichkeit. Sie beruht auf dem Princip des Commandos; das Commandowort an! bezeichnet das Fertighalten der Feder; auf! den Haarstrich; ab! den Grundstrich; enthält der Buchstabe mehr als einen Grundstrich, so werden die spätern durch die Zahlwörter bezeichnet. Mit dem Commandowort an! müssen alle Schüler die Feder zum Schreiben fertig am Papiere halten. Der Lehrer an der schwarzen Tafel, ohne welche das Taktiren sich nicht wohl ausführen läßt, thut dasselbe mit der Kreide, u. mit dem Commandoworte auf! zieht er aufwärts einen Haarstrich, was die Schüler nachmachen. Der Lehrer fährt nun fort mit an! die Federn ansetzen, bei auf! den Haarstrich bilden zu lassen, durchmustert dabei die Reihen der Schüler u. läßt die dabei vorgekommenen Fehler bessern. Sodann wird der Grundstrich mit dem Commando an! ab! auf dieselbe Weise eingeübt. Nachdem dies eingeübt, wird die Verbindung des Haarstrichs mit dem Grundstrich gelehrt mit dem Commando an! auf! ab! Nach dieser Vorübung beginnt die Bildung der Buchstaben. Damit der Schüler stets mit Bewußtsein jeden Buchstaben mit seinen Theilen bilde, wird der jedesmalige Buchstabe vorher genannt, z.B. i: Commando an! auf! i! auf! Punkt! n: Commando an! auf n auf! zwei! m: Commando an! auf! m auf! zwei! aus! drei! auf! Von nun empfiehlt es sich das Commandowort auf! nur noch bei denjenigen Haarstrichen zu gebrauchen, welche einen Buchstaben mit einem andern verbinden, bei allen übrigen aber das bequemere und. Die Kurzbuchstaben i, n, m, u, ü, e, o, c, a, r, v, w werden nun der Reihe nach durchgenommen. Der Lehrer hat stets bei der Verbindung mehrer Buchstaben mit einander od. zu Wörtern darauf zu achten, daß der gehörige Zwischenraum zwischen den einzelnen Buchstaben, wie später zwischen den Wörtern, beobachtet werde, u. schiebt zu diesem Zwecke zwischen jeden neuen Buchstaben das Commandowort lang! ein, z.B. das Wort warm, taktirt: auf! w! u. 2! u. 3! u. 4! lang! a! u. 2! u. 3! lang! r! u. 2! u. 3! lang! m! u. 2! u. 3! Wenn die Schüler diese Entfernung in ihrer Gewalt haben, wird das Taktwort lang! wieder mit dem bloßen auf! vertauscht. Bei der Einübung der unterlangen Buchstaben j, q, g, y, z, x, p u. der oberlangen d, t, k, l, b, s wird das Verhältniß von vier Grundstrichhöhen zur Einsicht u. Einübung gebracht, bei den langen: s, ss, st, ß, f, h das von sieben Grundstrichhöhen, Die Taktirung geschieht: x, auf! x! u. 2! u. 3! k, auf! k! u. 2! u. 3! ß, auf! s! u. z! u. 2! u. 3! Als Grundsatz gilt: jeder Grundstrich u. in den Großbuchstaben jede Verstärkung bildet ein Tempo u. wird durch die Zahlen 1 bis 4 bezeichnet. Bei dem Schreiben ganzer Sätze schreibt der Lehrer den Satz an die Tafel u. liest denselben deutlich vor od. läßt ihn einen der Schüler vorlesen. Nun beginnt das Schreiben. Der Lehrer od. der Schüler, welcher das in der Reihe befindliche Wort taktirt, spricht dasselbe erst aus, damit es Allen klar zum Bewußtsein komme. So wird der Satz mehrmals wiederholt, so daß an jeden Schüler ein Wort kommt. Sind die Schüler endlich so weit vorgeschritten, daß sie die Musterschrift nicht mehr vor Augen zu haben brauchen, so ist das Anschreiben an die Tafel nicht mehr nöthig, sondern es können nach u. nach, od. doch abwechselnd, kleinere u. größere Stücke, als Briefe, Gedichte etc. dictirt u. taktirt werden. Gut ist es jedoch dabei den Anfangsbuchstaben jedes Wortes vorher an die Tafel zu schreiben, wodurch das Gedächtniß unterstützt wird.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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