- Tencin
Tencin (spr. Tangßäng), 1) Pierre Guérin de T., geb. 1679 in Grenoble, Prior der Sorbonne u. Großvicar von Sens, bereicherte sich durch das Mississippiactienspiel John Laws u. ging im Auftrag der Regierung nach Rom; er wurde 1724 Erzbischof von Embrun, 1739 Cardinal, 1740 Erzbischof von Lyon u. nach Fleurys Tode Ludwigs XV. erster Minister, was er bis 1750 blieb u. auch nachher noch Einfluß, bes. in geistlichen Angelegenheiten, behielt. Er war Freund der Jesuiten u. ihr Vertheidiger gegen die Jansenisten. Er st. 1758 in Lyon. 2) Claudine Alexandrine Guérin de T., Schwester des Vorigen, geb. 1681 in Grenoble, Nonne in Montfleury bei Grenoble, Canonissin in Neuville bei Lyon, wurde auf Verwendung Fontenelles 1714 vom Papst von ihrem Gelübde losgesprochen u. lebte seitdem in Paris den Weltfreuden, gebar mehre Kinder, u.a. d'Alembert, u. machte sich durch Witz u. Anmuth zum Mittelpunkt des höheren Salonlebens. Als einer ihrer Begünstigten im Duell gegen seinen Nebenbuhler blieb, kam sie im April 1726 auf einige Zeit in die Bastille. Bei den Streitigkeiten der Jansenisten spielte sie eine bedeutende Rolle u. wurde deshalb verbannt, jedoch durch den Einfluß ihres Bruders bald wieder zurückgerufen u. st. 1749. Sie schr.: Le siége de Calais, Le Comte de Cominges u. Les malheurs de l'amour u.a.m. Ihre Oeuvres, oft mit denen der Madame de Lafayette zusammengedruckt, z.B. Par. 1786, 7 Bde. (darin auch ihre unvollendeten, von Frau von Beaumont ergänzten Anecdotes de la cour et du règne d'Edouard II.), u. A. von A. v. Jay u. Etienne, ebd. 1825, 5 Bde.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.