Pferdekraft

Pferdekraft

Pferdekraft (Pferdestärke), eine bestimmte, in den meisten Ländern gesetzlich genau festgestellte Mechanische Leistung (s.d.), welche den Maßstab für die Wirkungsfähigkeit einer Arbeitskraft bildet. Wenn man die Mechanische Leistung in Fußpfunden od. Meterkilogrammen (d.h. die wirksame Kraft in Pfunden od. in Kilogrammen, die Geschwindigkeit od. den Weg aber in Fußen od. in Metres) ausdrückt, so erhält man die Leistung kräftiger Maschinen in zu großen Zahlen; daher stellte sich, bes. als die Dampfmaschinen vollkommener u. allgemeiner wurden, das Bedürfniß heraus eine größere Einheit zum Messen Mechanischer Leistungen anzunehmen. Deshalb nannte Watt eine Leistung von 550 englischen Fußpfunden in der Secunde eine P., d.h. die Leistung, welche aufgewendet werden muß, um in jeder. Secunde eine Last von 550 englischen Pfunden (Avoir du pois) 1 englischen Fuß hoch zu heben. Von England aus fand die von Watt gewählte Maßeinheit Eingang in die andern Länder, meist jedoch wurde die sich bei der Verwandelung der 550 englischen Fußpfund in das Landesmaß u. Gewicht ergebende Zahl abgerundet. Die Leistung eines lebenden Pferdes bleibt indessen weit hinter der angenommenen Größe der P. zurück, da die allerdings als große Zahlen auftretenden Leistungen beim Fortschaffen von Lasten auf horizontalen Wegen hier nicht in Betracht kommen können, sondern nur vertical gehobene Lasten. Hier aber arbeitet ein Pferd, bei der mittlern täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden, ohne Maschine mit einer mittlern Geschwindigkeit von 4 Fuß u. einer mittlern Kraft von 120 Pfund, am Göpel dagegen mit einer Geschwindigkeit von 2,9 Fuß u. einer Kraft von 95 Pfund; ersteres gibt eine Leistung von 480, letzteres von 275,5 alte preußische Fußpfund, von denen 510 einer P. gleichzusetzen sind. Der wichtigste Unterschied aber liegt darin, daß das lebende Pferd täglich im Mittel nur 8 Stunden ununterbrochen arbeitet, während eine von Wasser, Wind od. Dampf getriebene Maschine nach Bedarf Tag u. Nacht gleichmäßig fortarbeitet; man sagt daher, 550 englische Fußpfund in der Secunde sei die Leistung eines Dampfpferdes. Eine von Wasser, Wind od. Dampf getriebene Kraftmaschine hat daher eine, zwei P. u.s.f., wenn die von ihr gelieferte Arbeitskraft gerade ausreichen würde, in jeder Secunde einmal, zweimal u.s.f. 550 engl. Pfunde 1 engl. Fuß hoch zu heben. Zum Messen der bewegenden (Trieb-) Kräfte, d.h. zur Ermittelung der ihnen entsprechenden Zahl von Pferdekräften,[957] bedient man sich in der praktischen Mechanik besonderer Kraftmesser od. Dynamometer (s.d. 1). Wie man die Leistung einer Maschine durch die Rechnung finden kann, lehrt die theoretische Mechanik. In ähnlicher Weise kann man auch den Kraftbedarf der Arbeitsmaschinen in Pferdekräften angeben; es ist dann die bei ihrer Benutzung für die Arbeitsverrichtung u. die Bewegung der arbeitenden Theile selbst erforderliche Leistung so groß als die Zahl der Pferdekräfte angibt. In Frankreich rechnet man die P. zu 75 Meterkilogrammen (d.h. 75 Kilogrammes in jeder Secunde 1 Metre hoch – 543,2 englische Fußpfund), es ist also die französische P. etwa 1 Procent kleiner als die englische. Für Deutschland ist die P. meist nach der französischen bestimmt worden; gesetzlich festgestellt wurde sie in neuester Zeit in Sachsen zu 530 Fußpfund (= 75,14 Meterkilogramm), in Preußen zu 480 Fußpfund (= 75,32 Meterkilogramm), in Württemberg zu 525 Fußpfund (= 75,20 Meterkilogramm), in Österreich zu 430 Fußpfund (= 76,12 Meterkilogramm). Ein von Reuleaux gemachter Vorschlag, anstatt der P. von 75 Meterkilogrammen, die Pferdestärke von 100 Meterkilogrammen od. 1 Quintalomeier als Maßeinheit zu nehmen, hat keinen Anklang gefunden; dagegen steht für Deutschland eine neue, für ganz Deutschland geltende Bestimmung der P. in Aussicht, wenn ein gemeinschaftliches Maß eingeführt sein wird. Wie es scheint, wird das Metermaß selbst gewählt werden u. dann wird wahrscheinlich auch die P, zu 150 Meterpfunden (= 75 Meterkilogramm) eingeführt werden.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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