Samojedische Sprache

Samojedische Sprache

Samojedische Sprache, ist erst in neuerer Zeit, bes. durch Castréns Forschungen näher bekannt geworden, denen zufolge sie zu dem Altaischen (Finnischen) Stamm gehört. Die Samojeden zerfallen der Sprache nach in drei Hauptstämme, die Juraksamojeden, Tawgisamojeden u. Ostjaksamojeden, bei deren jedem wieder verschiedene Mundarten zu unterscheiden sind. Ihr Lautsystem zeichnet sich durch eine Vorliebe für weiche Laute, bes. mouillirte Consonanten, aus. Man theilt die Vocale in harte: a, o, u, y, weiche: ä, ö, ü, u. mittlere: e, i, doch findet sich von der den verwandten Sprachen eigenthümlichen Vocalharmonie hier nur ein beschränkter Gebrauch; Consonanten sind (abgesehen von den mouitlirten): k, g, ch, h, j, l, r, lr, sch, sh (franz. j), tsch, dsh, n, t, d, s, z (weiches s), tz, dz, p, b, w, f, m. Die Nennwörter haben weder Artikel noch Genus, aber drei Numeri: Singular, Dual u. Plural, u. in den meisten Dialekten sieben Casus: Nominativ, Genitiv, Dativ, Accusativ, Locativ, Ablativ u. Prosecutiv, wozu in einigen Dialekten noch der Instructiv u. Vocativ kommen, z.B. Nom. uda die Hand, Gen. uda', Acc. udam, Dat. udan, Loc. udahana, Abl. udahad, Prof. udauna, Dual. Nom. udaha', Plur. Nom. uda', Gen. udi' etc. Die Adjectiva sind als Attribut unveränderlich, als Prädicat aber einer Conjugation fähig. Formen für die Steigerungsgrade fehlen. Die Zahlwörter sind im Juraksamojedischen: 1 opoi. ob, 2 sidea, 3 njahar, 4 tjet, 5 samljang, 6 mat', 7 siu, 8 sidendjet, 9 hâsawaju, 10 ju, lutzaju. Die Ordinalia werden daraus durch Ableitungssylben gebildet: z.B. njeribtjei der erste, njabimdaei der zweite, njaharumdaei der dritte etc. Die persönlichen Pronomina sind: manj ich, Dual. manji', Plur. manja'; pudar du, Dual. pudari', Plur. pudara'; puda er, Dual. pudí', Plur. pudu', erscheinen aber am häufigsten als Affixe an anderen Redetheilen (Nomen, Verbum, Adverbium etc.,); man unterscheidet Prädicat-, Possessiv-, Object- u. Reflexivaffixe. Beim Demonstrativum unterscheidet man dreierlei Grade der Nähe od. Entfernung: dieser hier tjuki, dieser da tjiky, dieser dort taky. Das Interrogativum hübea wer, amgy was, hunjangy welcher, dient zugleich als Relativum. Das Verbum hat einen Indicativ, Conjunctiv, Optativ, Imperativ, Precativ, Infinitiv, Gerundium u. Supinum, aber nur mangelhafte Zeitbestimmung. Die Conjugation erfolgt durch Pronominalaffixe u. ist verschieden, je nachdem das Verbum ein Transitivum, Intransitivum od. Reflexivum ist. Anstatt der Präpositionen gibt es Postpositionen, welche meistens ursprünglich Casus eines Nomen sind. Conjunctionen fehlen fast ganz. Grammatik von A. Castrén, Petersb. 1854; Wörterbuch von demselben, ebd. 1855.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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