Anweisung

Anweisung

Anweisung, 1) (Pädag.), der theoretische Unterricht, der ohne unmittelbaren Bezug auf das Handeln nur die Grundsätze entwickelt, auf welchen das Handeln beruhen soll. Im Fortschreiten wird sie Anleitung, d. h. Nachweisung zur Anwendung der Grundsätze auf das wirkliche Leben unter den Augen des Lehrers; doch in Bezug u. in steter Rücksicht auf empfangene Belehrung; 2) (Assignation, Rechts- u. Handelsw.), der Auftrag eines Gewaltgebers (Assignant, Anweiser), einen Gegenstand durch einen dazu bereitwilligen Bevollmächtigten (Assignatar) zu dessen Besten von einem Dritten (Assignat, Angewiesenen) zu erheben. Die Gesetze setzen Schuldverhältniß zwischen den Interessenten nicht voraus, obwohl gerade zu dessen Ausgleichung die A. häufig gebraucht wird, u. eben so wenig ist sie eine Zahlung. Die A. dient nur zur Erleichterung des Verkehrs; ihre Wirkung ist rein thatsächlicher Natur, u. Forderungsrechte werden durch sie nicht begründet, sondern sind stets aus ihr meist zu Grunde liegenden Rechtsverhältnissen zu beurtheilen, od. treten durch Erklärungen, z.B. der Annahme, od. durch Verwandlung in angrenzende Rechtsverhältnisse ein, z.B. der Cession, Delegation, Scontration etc. Die Form kann sowohl mündlich als schriftlich, gerichtlich als außergerichtlich sein. Der Assignant ist nach den Grundsätzen des Gewaltgebers zu beurtheilen, namentlich erlischt gemeinrechtlich bei seinem Dispositionsmangel, od. Widerruf zur Ausantwortung (nicht zur Erhebung), die Gültigkeit der noch nicht erfüllten A. Der Assignatar ist nicht zur Annahme der A. verpflichtet; ist aber dies geschehen, dann hat er deren Inhalte nachzukommen, namentlich sich rechtzeitig zur Erhebung zu melden, er kann die A. einem Anderen (in Form eines Indossaments) übertragen, wodurch er zu diesem u. so durch mehrere Hände fort, in das Verhältniß eines Assignanten zum Assignatar tritt; allein ein Regreß bei nicht erfolgter Ausantwortung steht aus der A. diesem Afterbevollmächtigten an ihn eben so wenig zu, als ihm an den Assignanten. Die Klagen sind vielmehr solchen Falles aus dem Hauptgeschäfte, z.B. dem Darlehen, abzuleiten, u. die A. kann nur einzeln als Einrede benutzt werden. Der Assignat ist aber durch die bloße A. zur Ausantwortung nicht verbunden; hat er diese aber zugesichert (die A. acceptirt), so ist er dem Assignanten u. Assignatar zur Zahlung, u. ihm u. dem Assignanten im Unterlassungsfalle zum Schadenersatze verpflichtet. Folgt der Assignat der A., so kann er den Gegenstand der A. vom Assignanten durch die Actio mandati contraria zurückfordern, u. der Letztere wird die Erstattung nur durch Einreden ablehnen können, aus denen die Verbindlichkeit des Assignaten zur Zahlung, z.B. eine fällige Schuld, hervorgeht. Diese feineren Rechtsverhältnisse finden keine volle Anwendung auf die kaufmännischen, schriftlichen A-en. Diese sind theils schriftliche Aufforderungen, an eine gewisse Person eine bestimmte Summe Geldes zu einer festgesetzten Zeit zu bezahlen, od. Waaren an eine bezeichnete Person auszuliefern. Die Waaren heißen in diesem Falle Dispositionswaaren. Werden A-n ausgestellt, um eine dritte Person zur Zahlung einer Summe Geldes aufzufordern, so haben sie die Form von gezogenen Wechseln, u. unterscheiden sich von diesen äußerlich dadurch, daß sie statt der Bezeichnung Wechsel, die Bezeichnung A. enthalten. Ihrem Wesen nach sind sie jedoch gar nicht als Wechsel zu betrachten; denn die Betheiligten sind nicht wechselrechtlich verhaftet u. können nicht mit Wechselstrenge zur Zahlung angehalten werden. Wo gesetzliche Bestimmungen ein strenges Vorgehen gegen die Betheiligten verfügen, sind dieselben nicht zum Wechselrechte gehörend, sondern als Particulargesetze zu betrachten. Hinsichtlich der Form schließen sich die Gesetzgebungen ganz dem Handelsgebrauche an, wonach sie in folgender Weise ausgefertigt werden:


Gut für 100 Fl. C.-M.

Wir ersuchen die Herren Ernst Kahler u. Robert Kiefer in Wien gegen diese Anweisung an Herrn Heinrich Seydlitz od. Ordre Hundert Gulden C.-M. zu bezahlen u. uns solche in Rechnung zu bringen laut (od. ohne) Bericht.

Prag, den 7. März 1857._ ___ _Joseph Wenzig.


Der früher geltende Grundsatz, daß die A-en nicht acceptirt werden dürften, ist durch die Einführungsgesetze des Allgemeinen deutschen Wechselrechts aufgehoben worden. Aber hinsichtlich der Verbindlichkeit, welche für den Acceptanten aus seinem Accepte erwächst, sind die Bestimmungen von einander abweichend; so z.B. entsteht in Sachsen aus dem Accept dieselbe Verbindlichkeit, wie aus der Acception einer Tratte; dagegen in Baiern mit Beschränkung. Sind die A-en, wie in Sachsen u. den Ländern, wo die Bezeichnung Wechsel kein wesentliches Erforderniß eines Wechsels ist (z.B. in Frankreich), diesem gleichgestellt, dann ist bei ihnen ganz wie bei Wechseln mit Präsentation, Protesten u. Regreß zu verfahren. Die A. hat vor dem Wechsel das voraus, daß sie dessen Vortheile (Indossament) genießt, aber von seinen Lasten (Wechselstrenge) befreit ist. Der Mißbrauch, der jedoch damit getrieben worden ist, hat die Gesetzgebung vieler Länder veranlaßt, die Rechtsverhältnisse der A-en gleich denen der Wechsel zu regeln. Besondere gesetzliche Bestimmungen sind von den Regierungen Baden, Baiern, Frankfurt a. M., Sachsen, Sachsen-Weimar-Eisenach, Holland u. a. gegeben worden.[586] In Österreich ist der §. 1400 des Bürgerlichen Gesetzbs. u. in Preußen §. 1250–1304 in Tit. 8, Thl. II. des Landr. beibehalten worden. In Holland gibt es außer den eigentlichen A-en noch Anweisungen auf einen Bankier (Kassierbriefjes), welche im Wesentlichen den Cheques in den Vereinigten Staaten NAmerikas gleichkommen. Ähnliche A-en sind die englischen Bank-cheques, welche auf eine Bank od. auf einem Bankier abgegeben werden; 3) in Österreich die Vorschrift einer Zollbehörde, Waaren in unverändertem Zustande einem anderen Amte zur Vollziehung einer Amtshandlung zu überliefern.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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