- Besichtigung
Besichtigung, 1) (Inspection), als Erkennungsmittel der Krankheit in neuerer Zeit nächst der Palpation, Percussion u. Auscultation wieder wichtig geworden u. liefert manche für die Erkennung (Diagnostik) der Krankheiten erhebliche Mittel; 2) (lat. Ocularis inspectio. Criminalrecht), die gerichtliche, vor besetzter Gerichtsbank, oft unter Zuziehung Sachverständiger vorzunehmende Handlung, durch welche der Richter mit seinen eigenen Sinnen (nicht blos Augen, daher Augenschein), Gegenstände der sinnlichen Wahrnehmung, auf die es bei der Beurtheilung eines Rechtsfalls ankommt, prüft. Die B. kann sich ebensowohl im Criminalprocesse, als in einem Civilprocesse nothwendig machen. In letzterem kommt die B. bes. vor bei Grenzirrungen, Baustreitigkeiten, Beschädigungen fremden Eigenthums, Taxationen u.s.w. Im Criminalprocesse werden dadurch erörtert Verletzungen an Personen u. Sachen, verbrecherische Erzeugnisse, die Beschaffenheit des Ortes wo, der Instrumente womit, der Personen, von welchen die That geschah. Außer den Sachverständigen wird öfter der Angeschuldigte u. der Verletzte, wenn es auch nicht die B. ihrer Personen gilt, zugezogen, um von ihnen Aufklärung zu erhalten, u. es muß ein genaues Protokoll über die Handlung geführt werden. Am wichtigsten sind die B-en unter Zuziehung[673] von Ärzten, namentlich an todten Körpern (s. Obduction u. Section). Die zum Protokoll gegebenen Bemerkungen bei der B. werden von den Ärzten gewöhnlich in einem schriftlichen Aufsatz näher erörtert; daher Fundschein (Visum repertum), ein wissenschaftlich ausgearbeitetes Gutachten der verpflichteten Ärzte (gewöhnlich eines Arztes [Gerichtsarztes, Physikus] u. eines Chirurgen [Gerichtschirurg]), bei einer gerichtlichen B., namentlich einer Section über die Todesursache u. über andere hierauf bezügliche Fragen, z.B. auch über körperliche Beschaffenheit eines lebenden Menschen od. Thiers. Bei unbedeutenden Vorfällen geschieht die B. u. Ausfüllung eines Fundscheines ohne Concurrenz des Richters.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.