- Nähnadel
Nähnadel, besteht aus einem Stück Eisendraht, welcher an der einen Seite spitzig, an der andern mit einem Loche (Nadelöhr) versehen ist. Der Schaft der N. soll vollkommen gerad u. regelmäßig, glatt, hart u. elastisch sein; die Spitze weder zu spitz, noch zu kolbig, genau in der Achse der Nadel liegen; das Öhr innerlich glatt u. seitlich mit kleinen Furchen versehen sein, in welche sich der Faden beim Nähen einlegen kann, damit keine zu großen Löcher im Zeuge entstehen. Man verfertigt die N-n gewöhnlich in Nadelfabriken, da sie 90–120mal durch die Hände müssen, ehe sie fertig sind. Der Draht dazu (Nadeldraht) ist entweder Stahldraht od. Eisendraht. Der in Ringen bezogene Draht wird auf einer Haspel zu einem großen Ringe aufgewickelt u. dieser an zwei Stellen mit einer großen Scheere durchschnitten; so erhält man zwei Bündel von etwa 9 Fuß langen Drahtstücken; jedes Stück wird auf einem Holzklotze zwischen Stiften hindurchgezogen u. dadurch gerad gerichtet, dann werden sie bündelweise mit einer Schrotscheere in Drahtenden von zwei Nadellängen (Schachte) geschnitten, die Schachtlänge bestimmt man durch Einhalten der[651] Drahtbündel in einen hohlen Cylinder (Schachtmodel); durch Rollen der einzelnen Bündel der schwach geglühten Drähte zwischen zwei Platten (Richtmaschine) werden sie noch besser gerichtet u. nun werden die Schafte an beiden Seiten gespitzt; dies geschieht in Fabriken auf der Nadelspitzmaschine, d.i. einer Schleifmühle mit einer Anzahl verschieden großer, sehr schnell umlaufender, gewöhnlich durch ein Wasserrad getriebener Schleifsteine (für die Stecknadeln Spitzringe). Der vor dem Stein sitzende Arbeiter hält zwischen Daumen u. Zeigefinger 20–60 Schachte auf den Schleifstein u. ertheilt ihnen unausgesetzt mit dem Daumen eine rollende Bewegung; ein Arbeiter kann täglich bis 30,000 Nadeln spitzen. Die Spitzen der dreischneidigen Nadeln werden in einem Gesenke geschmiedet u. dann mit der Feile nachgebessert. Nach dem Spitzen werden die Schachte in den Schachtmodel gesteckt u. mit der Halbirscheere halbirt. Um das Öhr zu verfertigen, hat man ein verschiedenes Verfahren; entweder man feilt das Öhrende auf beiden Seiten flach u. macht in der Mitte auf beiden Seiten mit der Feile einen Strich darauf, bohrt, bes. bei runden Öhren, das Loch mit einem kleinen Drillbohrer hinein u. erweitert die länglichen Öhre mit kleinen Spitzfeilen, od. man schlägt auf einem stählernen Ambose das Öhrende breit (Pflöcken), glüht die dadurch hart gewordenen Schachte aus, schlägt auf einem spitzigen in einem Schraubestocke stehenden Stifte eine Vertiefung in das platte Ende (Einschlagen), um die Stelle für das Öhr vorzuzeichnen, u. schlägt dann mit kleinen, spitzigen Meißeln das Nadelöhr aus freier Hand od. mit einem Durchschlag von der Form das Öhr durch (Aushacken). Nun werden die Nadeln am Kopfende geweißt, d.h. mit einer seinen Feile zugerundet u. die Kerbe eingefeilt. Um die Nadeln zu härten, werden sie auf Eisenblechtafeln rothglühend gemacht, alsdann werden sie in Härtwasser geschüttet, darauf aber durch Anlassen von zu großer Sprödigkeit befreit; hierbei werden die Nadeln in eine Pfanne mit Schmalz gebracht u. bis zum Abbrennen des Schmalzes erhitzt; will man sie dagegen ganz einfach bis zum Dunkelviolett anlaufen lassen, so müssen sie vorher gescheuert werden. Nun folgt das Poliren (Scheuern od. Schauern), wobei man die Nadeln in Schichten von seinem Sande parallel aufgeschichtet, mit Rüböl begießt, zu einem Ballen zusammenrollt u. auf einem Block 12–18 Stunden hin u. herrollt; dabei sind 150,000–500,000 Nadeln in einem Ballen u. 12–30 Ballen werden in eine Maschine (Scheuer-, Schauer-, Schormühle) wie in einer Wäschrolle hin u. her gerollt; darauf werden die Nadeln in einer sich um ihre Achse drehenden Tonne mit Sägenspänen gereinigt, durch Schütteln parallel gelegt u. abermals gescheuert; dieses wiederholt sich bis zehnmal, später scheuert man aber mit Zinnasche od. Kolkothar u. zuletzt mit Kleien. Nun werden die Nadeln abgezählt u. hundertweise in Papierpäckchen (Briefe) gelegt u. die Spitzen nochmals nachgeschliffen (Breuniren); eingepackt werden sie in blaues Pack- od. Rostpapier, welche beide deshalb Nadelpapier heißen. In Deutschland wurden die ersten N-n 1370 in Nürnberg gefertigt. Die besten N-n liefern in Deutschland Aachen, Burtscheid u. Nürnberg. Die deutschen N-n gehen nach allen Welttheilen. Man unterscheidet im Handel gewöhnlich englische (bes. Mackenzies), als die besten; französische u. spanische aber heißen nur die Sorten, welche gewöhnlich nach Spanien gehen. Im Handel unterscheidet man die N. nach der durch Nummern od. Buchstaben bezeichneten Feinheit; od. nach der Gestalt des Öhres, als Lang- u. Rundaugen; od. nach der Gestalt der Spitze, als rundspitzige, dreischneidige od. breitspeerige, welche nach der Spitze zu flachrund werden; od. nach der Arbeit, wozu sie vorzüglich taugen, als: Stick- Stopf-, Heft-, Packnadeln u. dgl.; od. nach den Handwerkern, welche sie vorzüglich gebrauchen, so Hutmachernadeln, starke N-n für Hutmacher; Schuhmachernadeln, 1–2 Zoll lang, Spitze drei- od. vierschneidig am Öhr gebogen od. gerade; Sattlernadeln, mit runder Schneide anstatt der Spitze. Billardnadeln haben eine gebogene Spitze; Hohlgefitzte Nadeln aber eine rinnenförmige Vertiefung ober- u. unterhalb des Nadelöhrs, um dem Faden einen Platz anzuweisen. Die N-n mit vergoldetem Öhre heißen Patentnadeln. Auch hat man N-n mit zwei od. drei Öhren, um verschiedenfarbige Seide auf einmal einfädeln u. bei den Stickereien seine Schattirungen hervorbringen zu können.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.