- Gleim
Gleim, 1) Joh. Wilh. Ludwig, geb. 2. April 1719 zu Ermsleben bei Halberstadt, studirte 1738–40 Jurisprudenz in Halle, wo er mit Uz, Götz u.a. bekannt geworden, u. zu der Halleschen Dichterschule gehörte (s. Deutsche Literatur VI.), wurde erst Hauslehrer beim Obrist Schulz in Potsdam, dann Secretär des Markgrafen Wilhelm von Schwedt u. nachher des Fürsten Leopold von Dessau, privatisirte später einige Jahre in Berlin, wurde 1747 Secretär des Domcapitels in Halberstadt u. Canonicus von Walbeck; er lebte bis zu seinem Tode (18. Febr. 1803) in Halberstadt u. blieb stets unverheirathet. Seine geistreiche Nichte, Sophia Dorothea G., unter dem Namen Gleminde oft besungen, führte ihm die Wirthschaft. Ausgezeichnet ist er in leichten, den Griechen nachgeahmten Liedern, meist über Wein, Musen u. Mädchen, jedoch stets in den Schranken des Anstandes bleibend, daher auch sein Beiname Deutscher Anakreon. Ohne selbst ein bedeutender Dichter zu sein, wirkte er doch für das Aufblühen der deutschen Literatur dadurch, daß er aufblühende Talente unterstützte. Er war der Freund fast aller damaliger Dichter, der väterliche Berather u. Helfer der jüngeren Schriftsteller (daher sein Beiname Vater G.), u. sein Haus stets ein Sammelplatz gelehrter u. geistreicher Männer. Er war enthusiastischer Verehrer Friedrichs des Großen u. entschiedner Gegner der Französischen Revolution. Zwei Jahre vor seinem Tode erblindete er auf beiden Augen. Die englische Romanze ahmte G. zuerst nach. Er schr.: Lieder, Zür. 1745, 3. Aufl. Berl. 1758; Fabeln, ebd. 1756, 1757, 2. Aufl. ebd. 1787; Lieder, Fabeln u. Romanzen, Lpz. 1758; Preußische Kriegslieder in den Feldzügen 1756 u. 1757, von einem alten Grenadier, Berl. 1758, 2. Aufl. ebd. 1787; Lob des Landlebens, ebd. 1764; Lieder nach dem Anakreon, ebd. 1766; Oden nach dem Horaz, ebd. 1769; Halladat od. das rothe Buch, didaktisch-religiöses Gedicht (Lehren eines morgenländischen Weisen), Hamb. 1774, 4. Aufl. Neustadt a. d. O. 1812; Preußische Kriegslieder im März u. April 1778, Berl. 1778, 2. Aufl. ebd. 1790; Epoden, ebd. 1785, 2. Aufl. 1792; Fabeln u. Erzählungen, goldene Sprüche u. Lieder für Kinder, herausgeg. von W. Körte, Halberst. 1810. Die Sammlung seiner Schriften, Lpz. 1802, ist unecht; die erste Originalausgabe seiner Werke besorgte W. Körte in Halberstadt 1811–13 in 7 Bänden, zu welchen die Zeitgedichte von 1789–1803 als Ergänzungs- (8.) band (Lpz. 1841) hinzukamen. W. Körte gab auch heraus: G-s Leben aus seinen Briefen u. Schriften, Halberst. 1811. 2) Betty, geb. 1781 in Bremen, Tochter eines Kaufmanns (der Vorige war ihr Großoheim), widmete sich 1805 dem Erziehungsgeschäfte u. errichtete in Bremen eine Mädchenschule. Um ihre Kenntnisse zu erweitern, reiste sie 1815 nach England, kehrte aber später wieder nach Bremen zurück, wo sie 1827 starb. Sie schr.: Kindermoral, Brem. 1809, 2 Thle.; Erziehung u. Unterricht des weiblichen Geschlechts, ebd. 1810; Über die Bildung der Frauen etc., ebd. 1814 u.a.m.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.