- Kemble
Kemble (spr. Kembel), 1) John Philipp, Sohn des Schauspielers Roger K., geb. 1757 zu Preston in Lancashire, war zum Geistlichen bestimmt, ging aber zum Theater nach Wolverhampton, spielte mit steigendem Beifall in Manchester, Liverpool, York, Dublin, wo er 1781 zum erstenmal als Hamlet (seitdem nebst Macbeth, Othello, Coriolan etc. seine Hauptpartie) auftrat u. einer der größten englischen tragischen Schauspieler wurde; seit 1783 war er in London am Drurylanetheater u. seit 1793 Regisseur desselben, nahm aber 1796 seinen Abschied u. bereiste 1802 u. 1803 Frankreich u. Spanien. Zurückgekehrt nahm er Theil an der Verwaltung des Coventgardentheaters u. that auf Talmas Anrathen viel zur Verbesserung des Costüms, zog sich aber 1817 zurück, ging nach der Schweiz u. st. den 26. Febr 1823 in Lausanne. Vgl. Mémoires sur la vie de J. P. Kemble, Lond. 1825. 2) Charles, Bruder des Vorigen, geb. den 25. Nov. 1775 zu Brecknock in Wales, war Anfangs Postbeamter, ging 1792 gleichfalls zum Theater, trat in Sheffield auf, kam 1794 erst auf das Drurylane-, dann auf das Haymarkettheater nach London u. bereiste 1802 den Continent, vereinigte sich bei der Rückkehr mit seinem Bruder beim Coventgardentheater u. blieb auch bei dessen Abgange Schauspieldirector. 1825 bereiste er Deutschland u. Frankreich, brachte 1826 mehre deutsche Opern mit nach England u. eröffnete das Coventgardentheater mit Webers Oberon. Er übersetzte viele deutsche Stücke für die englische Bühne, zog sich 1840 vom Theater zurück u. st. den 12. Nov. 1854 in London. 3) Miß K., Schwester der beiden Vorigen, s. Siddons. 4) Maria Therese, geb. de Camp, geb. 1774 in Wien; trat schon als Kind in Noverres Balletten auf, sang, spielte u. tanzte mit Beifall, früher auf dem Drurylane-, dann auf dem Coventgardentheater, heirathete 1806 K. 2) u. st. den 3. Sept 1838; sie schrieb das Lustspiel: Der erste Fehler, 1799; das Zwischenspiel: Der Tag nach der Hochzeit, 1808. 5) John Mitchell, Sohn von K. 2), geb. 1807 in London, studirte seit 1829 in Cambridge Theologie u. in Göttingen, beschäftigte sich seitdem speciell mit dem Angelsächsischen, war seit 1835 Redacteur des British and foreign review u. st. den 26/27. März 1857 in Dublin; er gab heraus den Beowulf, mit Übersetzung, Lond. 1833–37, 2 Bde.; u. sehr: Genealogische Tabellen der Westsachsen, 1836; First history of the English language, Cambr. 1834; Codex diplomaticus saxonici aevi, Lond. 1838–48, 6 Bde.; The Saxons in England, ebd. 1851 (deutsch von Brandes, Lpz. 1853); State papers and correspondence illustrative of the social and political state of Europe, Lond. 1857; Horae ferales, or Studies in the archaeology of Northern Nations ist unvollendet geblieben. K. war auch ein geschickter Zeichner u. hat auch eine große Sammlung von Zeichnungen archäologischer Gegenstände hinterlassen. 6) Frances-Anna), Schwester des Vor., für das Theater bestimmt, wurde sie von ihrem Vater u. ihrer Tante Miß Siddons unterrichtet, trat 1829 zum ersten Mal in Romeo u. Julie auf, reiste 1831 nach Amerika u. vermählte sich 1833 mit Butler; sie schr.: Francis the first (Trauerspiel); Tagebuch über ihren Aufenthalt in den Vereinigten Staaten, Lond. 1834.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.