- Romŭlus
Romŭlus, 1) Enkel des Königs Numitor von Alba Longa, welcher von seinem Bruder Amulius aus der Herrschaft verdrängt worden war. Damit Amulius nichts von Numitors Nachkommen zu befürchten hätte, machte er dessen Tochter Rhea Sylvia zur Vestalin, gleichwohl aber gebar dieselbe von Mars zwei Söhne, R. u. Remus, welche Amulius in den Tibris werfen ließ, allein sie wurden gerettet u. am Palatinischen Berge von einer Wölfin gesäugt u. von einem Specht gefüttert. So fand sie der Hirt Faustulus u. brachte sie seiner Frau Acca Larentia zur Erziehung. Groß geworden kamen sie mit den auf dem Aventinus weidenden Hirten Numitors in Streit; Remus wurde gefangen u. vor Numitor gebracht, hier aber erfuhr er mit dem zu seiner Hülfe herbeigekommenen R. ihre Abkunft; sie tödteten nun den Amulius u. setzten ihren Großvater Numitor wieder auf den Thron (u. befreiten nach Ein. ihre in Gewahrsam gebrachte Mutter). Sie legten dann auf dem Palatinischen Berge, an der Stelle, wo sie aus dem Tibris gerettet worden waren, 754 v. Chr. den Grund zu dem nachmaligen Rom. Aber bald entstand ein Streit zwischen den zwei Brüdern, welchen von beiden der Stadt den Namen geben u. dieselbe regieren sollte; zur Schlichtung desselben sollten Auspicien beobachtet werden; deshalb ging Remus auf den Aventinischen, R. auf dem Palatinischen Hügel. Dem Remus erschienen zuerst 6 Geier, dem R. aber alsdann 12, daher wurde nach der Mehrzahl für R. entschieden. Als darauf Remus spottend über die neu gebauten Stadtmauern sprang, erschlug ihn R. u. herrschte nun[346] als erster König von Rom, eröffnete ein Asyl auf dem Capitolinus, befahl seinem Volk von den als Gäste nach Rom gekommenen Nachbarstämmen Weiber zu rauben, wurde deshalb von den Beraubten bekriegt, nahm die Sabiner unter T. Tatius in Rom als Verbündete u. ihren Häuptling als Mitkönig auf u. ordnete den Staat, s.u. Rom (Gesch.) S. 274 s. Er wurde nach 36jähriger Regierung 716 v. Chr. bei einer Sonnenfinsterniß od. bei einem plötzlich entstandenen Sturm in den Himmel aufgehoben. Nachher soll er einem Landmann, Julius Proculus, auf dem Quirinalis erschienen sein u. denselben aufgefordert haben das Volk für sich um einen Tempel u. Verehrung unter dem Namen Quirinus zu bitten. Lebensbeschreibung des R. von Plutarchos, welcher ihn mit Theseus vergleicht. 2) R. Augustus (später zum Spott Augustulus u. von den Griechen Momyllus genannt), Sohn des Pannoniers Orestes, wurde 475 n. Chr. von den italienischen Truppen zum Kaiser gewählt, aber von Odoacer 476 abgesetzt u. auf das Lucullanum in Campanien verbannt, wo er als Privatmann lebte u. starb, s. Rom (Gesch.) S. 292. Mit diesem endigte das Weströmische Reich. 3) Lateinischer Schriftsteller (des 12. Jahrh.), welcher die Fabeln des Phädrus in Prosa umsetzte u. andere, aus Äsopos ins Lateinische übertragene beifügte. Sie finden sich in 4 Bücher abgetheilt in Mscr. in der Dijoner Bibliothek u. (wenigstens die äsopischen) in der Fabelsammlung von I. F. Nilant, Leyden 1709; vollständig in Schwabes Ausgabe des Phädrus, Braunschw. 1806.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.