Schönherr

Schönherr

Schönherr, Johann Heinrich, geb. 1770 in Memel, Sohn eines Unteroffiziers, kam 1786 zu einem Kaufmann in Königsberg in die Lehre. Er war fromm erzogen u. von Jugend auf zum Sinnen u. Forschen geneigt; da sein Glaube durch Bücher negativer Tendenz wankend geworden war, studirte er, um denselben wieder zu befestigen, Theologie u. seit 1792 Philosophie unter Kant. Da er auch hier den von ihm gesuchten Aufschluß über die Unsterblichkeit u. ewige Bestimmung des Menschen nicht fand, versuchte er dies durch eigene Forschung zu erreichen u. zugleich die Aussprüche der Offenbarung mit den Erscheinungen in der Natur u. mit der menschlichen Vernunft in Einklang zu bringen. Von einer Reise durch Norddeutschland heimgekehrt, veröffentlichte er das Resultat seiner Forschungen in zwei Brochüren (Sieg der göttlichen Offenbarung, Königsb. 1804, 2 Hefte), u. es bildete sich um ihn ein Kreis von Freunden, welche sich zweimal wöchentlich versammelten, wobei Jeder freien Zutritt hatte, daher sich Viele einfanden u. mit S. disputirten. Im Jahre 1809 wurden diese Zusammenkünfte polizeilich angefochten, doch König Friedrich Wilhelm III. befahl S. gewähren zu lassen. Gleichwohl wurden S-s Freunde wegen ihrer Verbindung mit ihm von der geistlichen Behörde zur Verantwortung gezogen, u. in Folge dessen gegen Ebel bei dem geistlichen Ministerium in Berlin Anträge gemacht, indeß diese Behörde fand, nach Prüfung der Schriften S-s, 1814 dessen Ansichten unschädlich. Auf einer Reise durch Deutschland (1817) trug er seine Ansichten auf mehren Universitäten vor, ohne aber Anklang zu finden. 1823 war er bei seinem Bruder in Petersburg u. 1824 in Berlin. Gegen das Ende seines Lebens versuchte er sich in der mechanischen Erfindung einer Schiffsmühle, welche ohne Wind u. Segel bewegt werden sollte, die jedoch mißglückte. Er st. 1826 in Juditten bei Königsberg. Die Schönherr'sche Philosophie legte allem Dasein einen Dualismus des Urseins zum Grunde, indem sie zwei Urwesen, mit den Eigenschaften der Einfachheit u. Geistigkeit, annimmt. Urlicht (Urfeuer) u. Urfinsterniß (Urwasser), mit der Herrschaft des erstern, als Gottes des Herrn unter den Urwesen (Elohim), des Schöpfers, Erhalters u. Regierers der Welt. Dies philosophische System S-s, welches er zunächst aus der Betrachtung der Natur geschöpft hatte u. dessen Bestätigung er in der Bibel zu finden glaubte, machte Anfangs Aufsehen, gerieth aber in Vergessenheit, bis es durch die im Jahre 1835 gegen Ebel u. Diestel eingeleitete Untersuchung (vgl. Ebel) wieder bekannt u. Gegenstand öffentlicher Besprechung wurde, zunächst von Seite seiner Gegner in der Schrift Olshausens: Lehre u. Leben des Königsberger Theosophen S., Königsb. 1834; gegen diese erschienen: S. u. die von ihm erkannte Wahrheit, u. Panier der Wahrheit, 1835; Bujak, Berichtigungen etc.; de la Chevallerie, Denkschrift für die gute Zeit, 1836; vertreten ist diese Philosophie in: Verstand u. Vernunft etc.; Zeugniß der Wahrheit, 1837; Die Liebe zur Wahrheit, 18594 Grundzüge der Erkenntniß der Wahrheit, 1852; Die Philosophie der heiligen Urkunde, in Heften, 1854–56. Vgl. R. Bock, Johann S., Königsb. 1833; v. Wegern, Mittheilungen über S., Lpz. 1830.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Schönherr — oder Schonherr ist der Familienname folgender Personen: Albrecht Schönherr (1911–2009), evangelischer Theologe und Pfarrer Annemarie Schönherr (* 1932), deutsche Theologin Christoph Schönherr (* 1952), deutscher Komponist und Hochschullehrer… …   Deutsch Wikipedia

  • Schönherr — Schönherr,   1) Albrecht Friedrich Gerhard, evangelischer Theologe, * Katscher (bei Leobschütz) 11. 9. 1911; trat als Vikar 1934 der Bekennenden Kirche bei. Nach dem Zweiten Weltkrieg, an dem er als Soldat (1940 45) teilnahm, war Schönherr in… …   Universal-Lexikon

  • Schönherr — Schönherr, 1) Johann Heinrich, Theosoph, geb. 30. Nov. 1770 in Angerburg, gest. 15. Okt. 1826 in Königsberg, studierte Rechtswissenschaft und Philosophie in Königsberg, Rinteln und Leipzig, lebte seit 1794 als privatisierender Sonderling in… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Schönherr — Übername zu mhd. sch—n »schön, herrlich, glänzend, hell, weiß, fein« und mhd. herre »Herr«. Frühe Belege sind Gerhardus dictus [genannt] Schoneheirre (Köln a. 1291), her Burchard der Schoneherre (Freiburg a. 1292). Bekannter Namensträger: Karl… …   Wörterbuch der deutschen familiennamen

  • Schönherr Rechtsanwälte — Rechtsform LLP Gründung 1950 Sitz Wien Mitarbeiter 550+ Branche Rechtsberatung Website …   Deutsch Wikipedia

  • Schönherr Haus — (Нойштифт,Австрия) Категория отеля: 4 звездочный отель Адрес: Stubaitalstraße 79, 616 …   Каталог отелей

  • Schönherr, Karl — ▪ Austrian writer born Feb. 24, 1867, Axams, Austria died March 15, 1943, Vienna       Austrian writer known for his simple, robust plays dealing with the political and religious problems of peasant life.       Schönherr was the son of a country… …   Universalium

  • Schönherr, Karl — (1867 1943)    Playwright. Schönherr is best known for his epic depiction of Protestants expelled from their homeland in the Tyrol during the Counter Reformation, Glaube und Heimat (Faith and Homeland). It was the most frequently performed play… …   Historical dictionary of German Theatre

  • Dietmar Schönherr — (* 17. Mai 1926 in Innsbruck) ist ein österreichischer Schauspieler, Moderator, Sprecher, Schriftsteller, Übersetzer und Regisseur. Schönherr engagiert sich seit 1985 …   Deutsch Wikipedia

  • Albrecht Schönherr — Erich Honecker begrüßt Bischof Albrecht Schönherr, den Vorsitzenden der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR (1978) Albrecht Schönherr (* 11. September 1911 in Katscher, Landkreis Leobschütz, Schles …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”