- Strohgewebe
Strohgewebe, Gewebe aus Stroh, am besten vom Sommerweizen (s. darüber Strohflechterei). Das getrocknete Stroh schneidet man über u. unter jedem Knoten durch u. bleicht es durch Schwefeln. Dann folgt das Spalten mit dem Strohspalter (Halmspaltemaschine), auf dessen zugespitztem Stahlstifte rundum 3–10 dünne scharfschneidige Blättchen sitzen, wie die Strahlen eines Sternes; indem man den Stift in das Innere des Halms steckt u. diesen darüber hin schiebt, spaltet man den Halm in Streifen von 1/30–1/16 Zoll Breite. Die gröbsten S. zu Matten, Tischdecken etc. haben eine Kette aus Leinenzwirn u. ungespaltenes Stroh (meist gefärbte, ganze Halme) als Schuß; die Kettenfäden liegen paarweise; sehr weitläufig; der Webstuhl arbeitet mit dem Gazeschafte, so daß je zwei bei einander befindliche Fäden, wechselsweise Kreuzfach u. offenes Fach bilden, um die Halme zwischen sich fest zu halten u. dem Gewebe Halt zu geben. Solche Waare flicht man oft auch aus freier Hand (vgl. Strohflechterei). Feinere S. zu Damenhüten etc. haben Kette von weitläufig liegenden seinen Seidenfäden u. Schuß von gespaltenem Stroh, zum Theil mit Seidenfäden abwechselnd. Die Bindung ist bald leinwandartig, bald gazeartig (Strohgaze). Als Kleiderstoff hat man ganz seidene gemusterte Gaze, in welcher mit Stroh einfache Figuren einbroschirt sind, welche nach dem Ausschneiden der unterhalb des Stoffes gebliebenen Strohtheile ganz isolirt im Seidengewebe stehen (Stroh-, Dünntuch u. dgl.). Der Webstuhl zu S. ist schmal, kurz, niedrig; das Stroh wird etwas feucht eingeschossen, mittels eines sogenannten Maulschützen, welcher die Gestalt eines gewöhnlichen Schnellschützen hat, in dessen Körper von Buchsbaum aber eine eiserne Klappe angebracht ist, welche durch eine Feder in den Falz eines eisernen Plättchen hineingedrückt wird u. so die Strohhalme festhält.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.