- Webstuhl
Webstuhl (Webe od. Weberstuhl), die mechanische Vorrichtung od. Maschine, worauf durch Verbindung des Schusses mit den Kettenfäden Gewebe (f. Webkunst) erzeugt werden. Je nach der Beschaffenheit der auf dem W. zu webenden Zeuge, ist der W. verschieden eingerichtet; ein weiterer Unterschied tritt hervor rücksichtlich der Art u. Weise, wie die einzelnen beweglichen Theile des W-s bewegt werden; werden dieselben blos durch die Hände u. Füße des Webers bewegt, so nennt man den W. einen Handstuhl; erfolgt dagegen die Bewegung durch Wasserod Dampfkraft, so ist der W. ein mechanischer W. od. Maschinen-Webstuhl, letztere sind vorwiegend aus gußeisernen Theilen zusammengesetzt, erstere hauptsächlich aus Holz, bes. aus Eichenholz, gebaut. In der Mitte zwischen beiden steht die Handwebmaschine (Dorndyloom), bei welcher der Weber die Lade hin u. her bewegt, von welcher aus dann die übrigen Theile des W-s in Bewegung gesetzt werden; sie wurde 1826 in Preußen, 1827 in Böhmen eingeführt. Außerdem hat man auch elektrische u. pneumatische Webstühle. Bevor das Weben beginnen kann, sind gewisse Vorarbeiten nöthig, s.u. Weberei 2). I. W. für glatte Stoffe. A) Der W. zu leinwandartigen Geweben(Tuchmacherstuhl, Baum- u. Leinweberstuhl) hat für Gewebe aus den verschiedenen Materialien der Hauptsache nach dieselbe Einrichtung. Die Kette bildet eine horizontale od. nur wenig geneigte Ebene u. der Zwischenraum zum Einschießen wird theils durch Aufheben, theils durch Niederziehen hervorgebracht. Am W. sind Mechanismen zum Aufspannen der Kette, zur Theilung der Kette. zum Einschießen u. zum Festschlagen der Schußfäden nöthig. a) Vorrichtung zum Aufspannen der Kette u. zum Aufwickeln des Gewebes. Das eine Ende der Kelte ist an einer horizontalen, in dem Hintertheile des Stuhlgestelles liegenden, ziemlich starken hölzernen Walze (Baum, Kettenbaum, Garnbaum, Hinterbaum, bei Seidenzeugstühlen der Seidenbaum) befestigt; der Baum hat nämlich eine breite u. tiefe Nuth, in welche eine vierkantige Leiste (Ruthe, Baumruthe, Filzruthe, Einlegstäbchen) eingelegt u. festgebunden wird, nachdem man die Ruthe in das beim Scheren gebildete, mit einem Faden gebundene Kreuz am Anfang der Kette eingeschoben hat. Durch das Aufbäumen wird die Kette ganz auf den Kettenbaum aufgerollt u. beim Weben nach u. nach wieder abgewickelt. Das zweite Ende der Kette wird im einfachsten Falle an einer ähnlichen Walze (Brustbaum, Borderbaum) ebenfalls durch eine Ruthe befestigt; der Brustbaum ist beim Sitze des Webers u. in des letzteren Brusthöhe, meist etwas niedriger als der Kettenbaum im Gestell gelagert. Beide Bäume sind 4–8 Fuß von einander entfernt u. auf dieser Länge liegt die Kette frei. Je stärker die Kette gegen den Horizont geneigt ist, desto dichter wird das Gewebe. Sobald nun der Weber ein Stückchen Zeug gewebt hat, wird dieses durch Umdrehung des Brustbaumes auf diesen auf- u. ein eben so großes Stückchen Kette vom Kettenbaume abgewickelt; die Rückwärtsbewegung des Brustbaumes verhindert ein in das am Baume befindliche Sperrrad eingelegter Sperrkegel, Damit die Kette sich nicht von selbst vom Kettenbaume abwickelt, ist letzter mit einer Spannvorrichtung versehen, welche bei dem durch das Einschlagen der Schußfäden entstehenden plötzlichen Zuge dem Kettenbaum eine geringe Umdrehung gestattet, folglich auch eine kleine Abwickelung der Kette. Diese Spannvorrichtung ist nur selten sperrradähnlich; wenn ein Gewicht unmittelbar am Kettenbaum befestigt ist (Rollgewicht), so wickelt sich seine Schnur zu bald ganz auf den Baum auf u. muß vom Weber wieder abgewickelt werden; man führt daher die Schnur erst über eine Rolle eben am Gestell od. man befestigt die Schnur am Gestell, schlingt sie ein paar Mal um den Kettenbaum u. läßt das Gewicht entweder als Schleis- od. Rutschgewicht unmittelbar od. als Schnell- od. Wagegewicht mittelst eines einarmigen Hebels (Schneller od. Schnellwage, s. Wage 11) an der Schnur wirken, wobei in beiden Fällen sich nur die Reibung der Schnur der Drehung des Baumes widersetzt u. der Weber sich nicht um das Gewicht zu bekümmern braucht; ebenso ist es beim Laufgewicht, nur daß dessen drei bis fünf Mal um den Baum geschlungene Schnur an beiden Enden Gewichte trägt; auch durch einen an dem Kettenbäume angebrachten federnden Holzstocke, welcher sich gegen das Gestell stützt, kann man eine entsprechende Spannung ausüben. Um die Kette[943] in Ordnung zu erhalten, steckt man in einiger Entfernung vom Kettenbaum zwei bis vier dünne hölzerne Leisten (Ruthen, Kettenruthen, Kreuzruthen, Schienen) quer durch, so daß die Fäden gangweise über u. unter ihnen hin lausen. Wenn zu befürchten ist, daß bei der eben beschriebenen Einrichtung des W-s der Brustbaum durch das aufgewickelte Zeug eine den Weber störende Dicke erlangt, legt man den Brustbaum im Gestell fest, macht ihn vierseitig mit abgerundeten Kanten u. läßt das Zeug nur über ihn weg, schräg nach unten, aus einen dritten Baum (Unterbaum, Zeugbaum, bes. Leinwand- od. Tuchbaum) lausen, wobei man das Zeug durch eine unbewegliche viereckige Latte (Streichbaum, Streitbaum) so führt, daß es den Knieen des Webers nicht hinderlich wird. Um den Stuhl zu verkürzen, ohne den ausgespannten Theil der Kette kürzer zu machen, legt man dem Kettenbaume gegenüber nur einen Streichbaum u. den Kettenbaum senkrecht darüber. b) Vorrichtung zur Theilung der Kette in Ober- u. Unterfach. Am bequemsten läßt sich der Schuß einbringen, wenn man die eine Hälfte der Kettenfäden etwas über die Ebene, in welcher sie ihre Ruhelage haben, hebt u. die übrigen Fäden gleichzeitig etwas senkt. Zu diesem Behufe umgibt man jeden Kettenfaden mit einem aus Draht od. Glas gemachten Ringel (Auge, Maillon, Zeugringel) od. einer 1/2 Zoll langen Schleife (Auge, Häuschen, Litzenhäuschen, Schlick), läßt von dem Auge aus nach oben u. nach unten einen gefirnißten Zwirnfaden (Litzen, Haarlauf, Hasel, Helfen) ausgehen u. befestigt diese oben u. unten an einer horizontalen dünnen hölzernen Latte (Stäbe, Schäfte). Augen, Litzen u. Schäfte zusammen bilden einen Flügel, Kamm od. Schaft, u. die beiden Schäfte eines W-s sammt der Vorrichtung zu deren Aufhängung im Gestell bilden das Geschirr, Werk od. Zeug, die Remise. Die Zahl der Litzen in einem Schafte ist halb so groß als die Zahl der Kettenfäden; in den einen Schaft ist der Faden 1, 3, 5, 7 etc., in den zweiten der Faden 2, 4, 6, 8 etc. eingezogen. Bei sehr seinen Kettenfäden wendet man zur besseren Vertheilung der Fäden anstatt zwei Schäften deren 4, 6, 8 od. 12 an, von denen jedoch stets 2, 3, 4 od. 6 ein Ganzes bilden u. stets zugleich u. vereinigt gehoben od. gesenkt weiden. Die Schäfte sind freischwebend im Stuhlgestelle aufgehängt, u. zwar so, daß beim Herunterziehen des einen Schaftes von selbst der andere Schaft gehoben wird; dazu sind an dem oberen Stabe des einen Schaftes zwei Schnuren od. Riemen befestigt, laufen über zwei Rollen u. tragen an den herabhängenden Enden (Rollengehänge) den zweiten Schaft. Das Geschirr befindet sich im W. etwa 11/2 Fuß vom Brustbaume u. liegt parallel zu den Bäumen. Zu seiner Bewegung dienen die Tritte od. Schemel, Fußtritte od. Fußschemel, deren in der Regel zwei vorhanden sind; die Schemel sind lange Lattenhebel, welche sich um einen eisernen Bolzen an ihrem einen Ende drehen, entweder hinten unter dem Kettenbaume, od. vorn unter dem Sitze des Webers; im ersten Falle reichen die Schemel unter den Schäften hervor bis zu den Füßen des Webers u. dieser tritt mit den Füßen aus den Kopf der Schemel; im anderen Falle reichen sie bis unter die Schäfte u. der Weber tritt auf ihren Rücken. Jeder Schemel ist mit einem Schafte verbunden, am einfachsten so, daß von den Enden des unteren Schaftstabes zwei Schnuren schräg nach der Mitte laufen u. sich mit einer senkrechten nach dem Schemel laufenden Schnur (Bodenschnuren) vereinigen; um das dabei eintretende starke Schwanken der Schäfte zu umgehen, bringt man Quertritte od. Querschemel an, d. b. kurze, den Tritten ähnliche, aber quer zwischen diesen u. den Schäften, parallel zu letzteren angebrachte Latten, welche ihren Drehpunkt an der linken od. rechten Seite des Stuhles haben u. bis ein wenig über die Mitte hinein reichen. Die Schnur des Schaftes ist an dem zugehörigen Quertritt dieser aber mittelst einer besonderen Schnur an dem Schemel befestigt. Um den Zwischenraum zwischen Schaft u. Quertritt zu verkürzen, wird oft unten am Schafte durch zwei senkrechte Schnüre eine besondere horizontale Leiste (Wage od. Hängebolzen) angebunden, u. von deren Mittelpunkt geht dann eine Schnur senkrecht nach dem Quertritt hinab. Bei sehr breiten, schwer zu bewegenden Ketten bringt man vier Schäfte u. vier Tritte an, wovon stets zwei gleichzeitig mit beiden Füßen getreten werden; od. man gebraucht den Coutremarsch, wobei für jeden Schaft zwei Quertritte vorhanden sind, von denen der eine seinen Drehpunkt links, der andere rechts hat u. welche beide bis in die Mitte des Stuhles reichen u. mit ihren inneren Enden durch Schnuren an den Tritt angebunden sind, während von dem unteren Schaftstabe zwei verticale Schnuren herab nach den Quertritten laufen u. an diesen so angebunden sind, daß der Befestigungspunkt zwischen dem Drehpunkte u. dem Anhängungspunkte des Trittes gelegen ist, so daß also jeder Quertritt als einarmiger Hebel kraftsparend wirkt. Eine andere Aufhängung der Schäfte wird bes. bei Seidenstühlen angewendet, jeder Schaft ist oben u. unten mit einer Schnur versehen; mit der oberen hängt er an dem einen Ende eines, zweiarmigen hölzernen Hebels (Contremarsch, Tümmler, Obertritt) oben im Stuhlgestell; von dem zweiten Ende dieses Hebels geht außerhalb neben dem Stuhle eine Schnur herab, welche unten an das Ende eines über die ganze Webstuhlbreite reichenden langen Quertrittes angebunden ist; die untere Schnur des Schaftes ist am Ende eines zweiten, nur über die halbe Stuhlbreite reichenden kurzen Quertrittes befestigt; von den beiden Schemeln ist jeder mit dem langen Quertritte des einen u. mit dem kurzen Quertritte des zweiten Schaftes verbunden u. bewegt daher ebenfalls beim Treten den ersten Schaft hinauf, den zweiten herab. c) Das Einschießen erfolgt, nachdem durch das Treten ein Theil der Kette (Oberfach, Obergelese, Obersprung) gehoben, der andere Theil (Unterfach, Untergelese, Untersprung) gesenkt worden ist; in die so entstandene, nach beiden Seiten hin spitzwinkelig auslaufende Öffnung der Kette (Fach, Sprung), welche rein sein (d.h. Ober- u. Unterfach sollen zwei genaue Ebenen bilden) u. entsprechende Höhe (Sprunghöhe) haben muß, wird nahe an den spitzen Winkel beim Brustbaum ein Schußfaden mittelst des Schützen (s.d. 1) eingeschossen. d) Zum Festschlagen der Schußfäden behufs der Erzeugung eines dichten u. gleichförmigen Gewebes dient die Lade (der Schlag), ein hölzerner Rahmen von etwas größerer Breite als der W., welcher im oberen Theile des Gestelles an zwei Stützpunkten so aufgehängt ist, daß er in beinahe senkrechter Lage zwischen den Schäften u. dem Brustbaume frei schwebt u. sich leicht pendelartig vor- u.[944] rückwärts bewegen läßt. Die Lade besteht aus zwei parallelen verticalen Seitenhölzern (Arme, Schwingen) links u. rechts neben der Kette u. drei Querhölzern, von denen das obere (der Ladenstock od. Prügel) an jedem Ende mit einem eisernen Zapfen in einer eisernen Pfanne des Gestellbalkens liegt, während von den beiden unteren das dickere, oft mit Blei ausgefüllte od. mit Eisen beschlagene (Ladenbaum, Klotz, Backen) unter der Kette u. das dünnere an den Armen verstellbare (Ladendeckel) über der Kette liegt; der Backen enthält bei Schnellladen die Schützenbahn für den Schnellschützen u. hat in allen Fällen auf seiner oberen, der Deckel auf seiner unteren Fläche eine Nuth, in welche das Blatt od. der Kamm (Weberblatt, Weberkamm, Stirnblatt, Ried, Riedblatt, Nietkamm) eingesetzt wird. Das Blatt besteht aus zwei parallelen dicken Leisten, Stäben od. Wangen von Linden- od. Buchenholz, welche in die Nuthen zu liegen kommen u. je nach der Sprunghöhe 13/4 – 61/2 Zoll von einander entfernt sind, zwei dicken Holzstücken (Frösche), welche die Leisten an ihren Enden zu einem Rahmen verbinden, u. vielen stählernen od. messingenen, sehr gut geglätteten, in die Leisten eingesetzten Stäben, Zähnen od. Rieden od. aus Rohr gefertigten Rohren, deren Zahl davon abhängt, wie hoch die Kette im Blatte steht, d.h. wie viel (1–8) Kettenfäden durch den Raum zwischen je zwei Zähnen hindurchgehen. Man benennt die Blätter entweder nach Hunderten der Zähne (z.B. Achthunderter, Zwölfhunderter) od. nach Gängen, wobei 20 Zähne auf einen Gang (vgl. Scherrahmen) gerechnet werden. Die Auswahl des Blattes für eine Kette von bestimmter Feinheit od. umgekehrt, nennt man das Einstellen der Kette ins Blatt. Das Blatt soll die Kettenfäden gleichmäßig in der Ebene ausbreiten. Um den Schußfaden gegen das schon fertige Gewebe hin zu schieden, schiebt der Weber die Lade ein wenig von sich weg u. zieht sie dann rasch wieder an sich heran (Schlagen, Anschlagen), wobei die Zähne des Blattes den Schußfaden vor sich hin treiben; zu festgeschlagenen Zeugen nimmt man eine schwere Lade, hängt sie etwas schräg u. gibt drei u. mehr Schläge, zu sehr losen Geweben benutzt man eine Federlade, in welcher das Blatt sich gegen Federn lehnt u. nachgibt, e) Verfahren beim Vorrichten des Stuhles u. beim Weben. Die Fäden der aufgebäumten Kette werden einzeln durch die Augen der Schäfte u. zu 1, 2 od. mehr durch die Öffnungen des Blattes gezogen; letzteres nennt man Kammstecken od. Kammstechen, die ganze Arbeit Einziehen (Einreihen, Einpassiren, Passiren); es geschieht durch zwei Personen, von denen der Zureicher od. Fadenaufgeber die Fäden der Ordnung nach aufnimmt u. zureicht (Aufgeben), während die zweite Person mit einem hakenförmigen Instrument durch die Öffnungen fährt, die Fäden erfaßt u. durchzieht, u. zwar durch die Schäfte mit dem drathförmigen Einziehhaken, Reihehaken od. Einziehnadel, durch das Blatt aber mit dem messerartigen Blattmesser ob. Einziehmesser. Am Ende des Gewebes bleiben die Fäden unverwebt. Hat das nächste zu webende Stück ebenso viel u. eben so vertheilte Fäden, so läßt man jenes unverarbeitete Ende (Drahm. Drohm, Trum, Lädel) im Geschirr (Lädelgeschirr), schneidet es hinter den Schäften durch, verbindet seine Fäden mit denen der neuen Kette durch Andrehen u. zieht darauf letztere mittelst des Drahms nach dem Brustbaume durch. Beim Weben selbst wiederholen sich folgende Arbeiten: Treten des ersten Trittes behufs der Fachbildung, Einschießen des Schußfadens, Treten des zweiten Trittes, wodurch sich die Kettenfäden hinter dem Schußfaden kreuzen, Anschlagen mit der Lade, Einschieben eines Schußfadens von der anderen Seite, Treten des ersten Trittes, Anschlagen, Einschießen u.s.f. Das hierbei angewendete Anschlagen bei geschlossener Kette ist weit gewöhnlicher als das Schlagen bei offener Kette, welches vor der neuen Fachbildung erfolgt. Um das fertige Zeug der Breite nach gehörig ausgespannt zu erhalten u. so eine gerade, nicht gewellte Kante zu erzielen, setzt man eine (ob. zwei) Sperrruthe (Spannstock, Tempel od. Tömpel) quer über dasselbe, d.i. ein starkes hölzernes Lineal, welches aus zwei Theilen besteht, damit es nach Bedarf länger ob. kürzer gemacht werden kann; die Sperrruthe wird mit den an ihren Enden befindlichen Drahtspitzen in die Kante des Gewebes eingestochen od. klemmt mit einer Art Zange die Kanten fest (Klemmspannflock). Selbstwirkende Tempel, welche nicht von dem Weber weiter gesetzt zu werden brauchen, sind bes. bei mechanischen Webstühlen in Gebrauch. Ist ein Stückchen Zeug gewebt, so muß es auf den Brust- od. den Zeugbaum aufgewickelt (aufgebäumt) weiden; geschieht dies in zu langen Pausen, so bekommt die Lade plötzlich einen viel größeren Spielraum, die Schläge werden merklich kräftiger u. es entstehen im Zeug Querstreifen von größerer Dichte (Treppen). Daher läßt man das Aufbäumen des Zeuges u. das Abwickeln der Kette durch eine mechanische Vorrichtung (Regulator, Weberegulator) in höchst kleinen, der Geschwindigkeit des Webers entsprechenden Pausen erfolgen; dazu ist der um Zapfen drehbare Brustbaum auf der Oberfläche durch aufgeleimten Sand rauh gemacht, hat an einem seiner Enden ein Zahnrad, welches in ein Getriebe eingreift, auf dessen Welle ein Sperrrad mit Sperr- u. Schiebkegel, sitzt u. der Schiebkegel wird von den Tritten od. der Lade aus in Bewegung gesetzt, wodurch beim jedesmaligen Treten od. Schlagen der Brustbaum ein wenig gedreht wird u. das Zeug um. eben soviel (um die Entfernung zweier Schußfäden im Gewebe) gegen den Zeugbaum hin bewegt. f) Einige besondere Stuhleinrichtungen. aa) Ist Schuß von zwei od. mehr verschiedenen Farben od. Arten (z.B. Dicke) nöthig, so braucht man eben so viel verschiedene Schützen, welche abwechselnd in Gebrauch kommen; den durch häufiges Auswechseln der Schützen entstehenden Zeitverlust vermeidet man durch den Gebrauch einer Doppel- od. Wechsellade (Doppelschlag), welche sich von der gewöhnlichen Schnelllade dadurch unterscheidet, daß sie auf jeder Seite zwei (od. mehr) vereinigte Schützenkästen über einander hat, welche durch einfache Hebel vom Weber gehoben u. gesenkt werden können, um einen Schützen außer u. einen anderen in Thätigkeit zu setzen. bb) Der Doppelwebstuhl von Schwarz besteht aus zwei einfachen Webstühlen nebeneinander mit gemeinschaftlicher Lade; der Weber sitzt vor dem Zwischenräume, in welchem die Tritte liegen, u. die Schützen werden durch einen Hebel von der Lade aus geschnellt, so daß beide Hände frei bleiben. cc) Der W. zu hohlen Geweben, z.B. zu Lampendochten, Spritzenschläuchen, Säcken ohne Naht, enthält zwei Ketten nahe über einander, welche durch den Schuß auf gewisse Weise u. an gewissen [945] Stellen mit einander verbunden werden; für jede Kette sind zwei Schäfte u. zwei Tritte nöthig; die Gesammtzahl der Kettenfäden ist ungerade. g) Hülfsgeräthe des Webers. Zum Anknüpfen gerissener Kettenfäden ist eine Spule mit Kettenfaden zur Hand. Außerdem braucht der Weber eine Schere, ein Messer, eine Noppzange (Weberzange, Klüppchen, s. Noppen), eine Bürste, ein Glättholz (Reiber), um den Stoff auf dem Brustbaume glatt zu reiben, einen Fadenzähler (Weberglas, Leinwandprober). B) Bei dem Gazestuhl od. dem W. zu gazeartigen Geweben sind die stets Oberfach bildenden Stückfäden (Stückkette) in den hinteren Schaft (Stückflügel), die das Unterfach bildenden Pol- od. Dreherfäden (Polkette) in den vorderen Schaft (Polflügel) eingezogen u. stets ein Pol- u. ein Stückfaden in ein Ried des Blattes, doch so, daß stets ein Ried ums andere leer bleibt; ein dritter Schaft (Gazeschaft), besteht aus einem ganzen u. einem dicht daran befindlichen halben Schafte; der ganze Schaft hat keine Augen, sondern seine Litzen bilden sogenannte Stelzen, d.h. die Ober- u. Unterlitze bestehen aus zwei parallelen Fäden, welche an den etwas höher als die Kette liegenden Umkehrsstellen wie die Glieder einer Kette in einander hängen; der halbe Schaft hat nur einen oberen Stab u. von diesem herabhängende, mit einer langen Schlinge endende Oberlitzen, u. diese Schlingen sind durch die zugehörigen Unterlitzen des ganzen Schaftes hindurchgezogen, so daß sich beide nicht trennen können, in die Schlingen aber sind die Polfäden eingezogen, so daß im Ruhestande jeder Polfaden ein wenig über den nebenliegenden Stückfaden empor gehoben ist. Die Litzen des ganzen Schaftes gehen links neben den Stückfäden herab, u. wenn daher dieser Schaft niedergezogen wird, so nehmen die Unterlitzen die Schlingen des halben Schaftes mit herab, u. seine Schlingen nebst den Polkettenfäden müssen über die Stückfäden auf deren linke Seite hinüberspringen, wo sie sofort ins Unterfach gehen, weil sie von den oberen Enden der Schlingen hinabgezogen werden. Der W. hat zwei Tritte; der leichte od. weiche Tritt hebt den Stückflügel u. senkt den Polflügel u. den halben Schaft des Gazeschaftes, bringt die Stückfäden ins Oberfach, die Polfäden ins Unterfach, u. die Kette macht Fach (offenes Fach), genau wie bei leinwandartigen Stoffen, worauf ein Schußfaden eingeschossen wird; tritt man nun den harten od. schweren Tritt, so geht der Stückflügel abermals in die Höhe, aber der ganze Schaft des Gazeschaftes hinab, zieht den halben Schaft nach, zieht die Polfäden über die Stückfäden u. bildet so Kreuzfach Über die alte Einrichtung des Gazestuhles mit dem Perlkopf s.u. Gaze.
II. Webstühle für geköperte Stoffe haben mehr als zwei Schäfte u. mehr als zwei Tritte, u. beim Treten gehen bald mehr, bald weniger Schäfte hinab. Die Schäfte werden entweder an Tümmlern aufgehängt u. mit kurzen u. langen Quertritten versehen (s. oben I. A) a) b), od. man bedient sich eines aus dem Rollengehänge (s. ebenda) hervorgegangenen Gehänges, z.B. bei drei Schäften bringt man über den Schäften an jedem Ende der Schäfte eine Rolle an, legt über diese eine Schnur, deren beide Enden herabhängen u. befestigt an dem einen Ende unmittelbar den ersten Schaft, an dem anderen Ende dagegen den Mittelpunkt eines kurzen hölzernen Doppelhebels (Wippe), von dessen beiden Enden zwei Schnuren herabgehen u. den zweiten u. dritten Schaft tragen. Tritt man nun den ersten Schaft, so hebt dieser den zweiten u. dritten, tritt man den zweiten od. dritten, so hebt dieser erst den dritten od. zweiten u. dann auch den ersten. Ähnlich ist die Aufhängung bei vier, fünf u. sechs Schäften. Das Treten erfolgt nun so, daß die Schußfäden in verschiedener Weise abwechselnd über einen Kettenfaden hinweggehen (Bindung) u. dann unter mehren Kettenfäden; die Bindungen laufen entweder schräg über das Zeug (Köperzeuge, croisirte od. über Kreuz gearbeitete Zeuge), od. sind sehr einzeln u. zerstreut (atlasartige Zeuge).
III. W. für gemusterte Stoffe (vgl. Musterweberei). Bei der Fußarbeit hat der W. nur eine größere Anzahl Schäfte u. Tritte. Die Zugarbeit fertigt man entweder auf einem Kegelstuhl, Zampelstuhl, Trommelstuhl (s.d. a. u. vgl. Damastweber), od. auf einem Wellenstuhle (s. Posamentirer), od. mittelst einer Leinwandmaschine, deren Haupttheile mit denen des Trommelstuhles übereinstimmen, nur daß statt der Trommel eine dünnere glatte, ebenfalls durch einen Hund bewegte Walze mit vorstehenden Zähnen an beiden Enden angebracht u. über diese u. eine zweite Walze ein an seinen Enden zusammengenähtes Stück grober Leinwand ausgespannt ist, woraus die das Muster bildenden Holzstückchen aufgeleimt sind, während aufgeleimte Holzstäbchen (Späne) zwischen die Zähne der Walze treten, od. endlich auf einer Jacquardwebmaschine; d.h. auf einem mit einer Jacquardmaschine versehenen W., welcher übrigens einem Zugstuhle vollkommen gleicht. Einen mit einer Mustermaschine (s.d.) versehenen W. nennt man auch einen Maschinenwebstuhl. Beider Jacquardmaschine sind die Platinen (Haken od. Hebehaken) nicht in 1 Reihe, wie beim Trommelstuhl, sondern in 4–20 Reihen, u. eben su viele Reihen bilden die Korden od. Platinenschnüre; die Platinen sind von Draht od. Holz u. stehen sämmtlich auf einem Löcherbrete (Platinenbrete), durch dessen Öffnungen die Korden von unten eintreten, um zu den Platinen zu gelangen, deren Zahl 100–1500 beträgt, wornach die Maschine Hunderter, Zweihunderter etc. genannt wird. Das Gestell der Maschine wird oben auf das Gestell des W-s gesetzt; unter die oberen Häkchen jeder Platinenreihe greift ein Messer od. Hebmesser, ein horizontales, dünnhäutiges, eisernes Lineal, u. nimmt bei seinem in die Höheziehen alle diejenigen Platinen mit, welche in ihrer natürlichen Lage sind; sämmtliche Messer sind in einem schweren Rahmen (Hebezeug, Messerkasten) befestigt, welcher in zwei Ruthen des Gestelles auf u. nieder geht; jede Platine geht mit ihrem mittleren Theile durch ein rundes Ohr eines horizontalen geraden Drahtes (Nadel, Stößel) u. kann darin auf u. nieder spielen; beide Enden der Nadeln ragen aus den äußersten Platinenreihen vor; die vorderen, gerade abgeschnittenen Enden liegen ursprünglich in so vielen horizontalen Reihen, wie viel Platinenreihen vorhanden sind, in einer Verticalebene unter u. neben einander u. gehen zur Unterstützung des Nadelbretes; ihnen gegenüber aber ist ein vierseitiges Prisma (Cylinder) von hartem Holze angebracht, welches sich um seine horizontale Achse schrittweise drehen u. mit jeder Seitenfläche sämmtliche Nadelenden bedecken kann. Über das Prisma ist das aus den Karten (s.d. 4, Pappen, Musterpappen) gebildete gelenkige Band[946] gelegt, so daß bei der Drehung des Prismas der Reihe nach alle Karten vor die Nadelenden zu liegen kommen, auch mittelst der Laterne u. den beiden Hunden (s.d. 8) od. der Repetirmaschine (s.d.) eine Anzahl Pappen rückwärts od. vorwärts wiederholt werden kann. In jeder Seite des Prismas sind so viel 1/2 Zoll tiefe Löcher, als Platinen od. Nadeln vorhanden sind, in den Karten dagegen sind blos an den Stellen Löcher, wo bei der Bewegung des Prismas gegen das Nadelbret eine Nadel nicht getroffen werden u. deren Platine in ihrer ursprünglichen Lage erhalten werden soll, während die getroffenen Nadeln ein Stück zurückgeschoben werden u. ihre Platinen mit nehmen, so daß letztere bei der darauf folgenden, vom Tritt aus etwa mittelst einer Verbindungskette u. eines Hebels (Schwengel) bewirkten Hebung des Messerkastens vom Messer nicht erfaßt, die an ihren Korden befestigten, einen Harnisch (vgl. Musterweberei A) bildenden Litzen u. Kettenfäden also auch nicht gehoben werden können; wogegen die nicht getroffenen Nadeln durch die Kartenlocher hindurch in die Löcher des Prismaseintreten, so daß ihre nicht zurückgeschobenen Platinen beim Heben des Messerkastens vom Messer erfaßt u. mit gehoben werden, wodurch auch die an ihnen hängenden Kettenfäden gehoben werden u. das Oberfach bilden. Beim Niedergehen des Messerkastens fallen die Platinen (u. Kettenfäden) durch das Gewicht der an den Litzen hängenden Bleie von selbst wieder herab u. stellen sich wieder auf das Platinenbret. Die Bewegungen der Jacquardmaschine folgen Nun so aufeinander: beim' Treten des Maschinentrittes hebt sich der Messerkasten u. erfaßt die Häkchen der nicht zurückgeschobenen Platinen; gleich darauf wird beim weiteren Aufsteigen des Messerkastens durch einen mit diesem verbundenen, in eine eiserne Führung (Feder) eingreifenden Arm das in einem Pendelartig schwingenden, der Lade des W-s ähnlichen Rahmen (Lade) liegende u. mit diesem zusammen die Presse bildende Prisma von den Nadeln entfernt u. dabei durch ein einfaches Schiebzeug um 90° gedreht; dadurch springen die vorher zurückgeschobenen, daher nicht mit gehobenen Platinen durch die Wirkung kleiner Federn in ihre natürliche Läge vor. Ist der Messerkasten in der höchsten Stellung angekommen, so wird der Schußfaden eingeschossen u. der Tritt Plötzlich losgelassen, u. nun fällt der Messerkasten durch sein eigenes Gewicht kräftig herab u. führt durch seinen Arm u. die Feder an der Lade das Prisma mit einem raschen Stoße gegen die Nadelenden, um unter Mitwirkung der neu herbeigekommenen Karte diejenigen Platinen zurückzuschieben, welche beim nächsten Hübe nicht gehoben werden sollen. Es läßt sich auch bei Anwendung einer Jacquardmaschine die Einrichtung so treffen, daß beim Fachmachen der eine Theil der Kettenfäden gehoben wird u. der andere Theil sich senkt; am einfachsten erreicht matt dies, wenn der W. auf Harnisch (s. Musterweberei A) vorgerichtet ist, indem man bei Hebung des Messerkastens sich das Platinenbret mit den noch daraufstehenden Platinen sich senken läßt; doch auch wenn mit Schäften gearbeitet wird, kann man den angegebenen Zweck durch Anwendung einer sogenannten Trittmaschine erreichen. Beim Weben der broschirten u. lancirten Stoffe wendet man häufig Wechselladen an, welche von der Jacquardmaschine rechtzeitig selbst die Schützen auswechseln; statt die Schützen gerade über einander zu stellen (Steiglade, vgl. I. A) f) aa), kann man sie auch hinter einander in einem pendelartigen Nahmen od. auf einem drehbaren Cylinder im Kreise herum anordnen. Die Einrichtungen zum Weben der broschirten u. gestickten, ausgeschweiften u. durchbrochenen Muster u. der Doppelgewebe s.u. Musterweberei.
IV. Über den W. für Sammet u. Manchester s. Sammet u. Manchester.
V. Der mechanische W (Kraftstuhl, Webemaschine od. Webemühle, Maschinenstuhl, Maschinenwebstuhl, selbstwirkender W, engl, Power loom), wird nicht durch die Hand- u. Fußbewegungen des Webers, sondern durch eine mechanische Kraft, vorzugsweise durch Dampfkraft, selten durch Wasserkraft, durch Menschenkraft an einer Kurbel ob. Triebstange (bei der Handwebmaschine, vgl. Bandmühle) in Bewegung gefetzt. Die mechanische Kraft dreht zunächst durch einen Treibriemen eine Welle um, u. von dieser werden dann nicht allein in regelmäßiger Aufeinanderfolge u. Wiederholung die Dritte mit den Schäften behufs der Fachbildung durch excentrische Scheiben niedergezogen, sondern auch der Schuß durch den zur richtigen Zeit durch das Fach geschnellten Schützen eingetragen u. darauf Mittelst der mit gußeisernen Armen versehenen u. um Zapfen nahe am Fußboden schwingenden, durch eine Kurbel bewegten Lade festgeschlagen. Die wesentlichen Theile des Handwebstuhles kommen auch bei dem Kraftstuhle vor, wiewohl an diesem die Mehrzahl seiner Theile aus Eisen gegossen wird. Der Vorgang beim Weben ist auch derselbe; die Kette wird auf der Kettenschermaschine geschert (vgl. Kette 8), auf der Schlichtmaschine geschlichtet, auf den mit einem Regulator (s. oben I. A) e) versehenen Kettenbaum aufgebäumt u. nach dem Einziehen in die Schäfte u. das Blatt erst in den Stuhl gebracht. Der Stuhl arbeitet dann ganz allein u. schützt durch sogenannte Schußwächter u. Schützenwächter sich selbst vor den Fehlern, welche durch etwaiges Reißen des Schußfadens ob. Steckenbleiben des (Schnell-) Schützens im Fach entgehen würden, indem in einem solchen Falle durch die Bewegung der Lade selbst der Treibriemen von der Festrolle auf die Losrolle geleitet, also der Stuhl ausgerückt u. angehalten wird. Zum Breithalten des fertigen Gewebes hat man entweder eine gewöhnliche Sperrruthe (s. oben I. A) e) od. einen selbstwirkenden Tömpel, z.B. einen Zangentömpel, bei welchem zwei zangenartige Vorrichtungen die Sahlleisten einklemmen, sich aber zum Fortrücken des Zeuges von selbst öffnen; od. einen Rädchentömpel, welcher sich um seine Achse dreht u. mit den auf zwei Scheiben angebrachten Spitzen in das Zeug einsticht; od. einen Walzentömpel, welcher mit einer auf der Oberfläche rauhen od. gefurchten Walze das Zeug berührt. Zur Beaufsichtigung u. Regierung ist daher für je zwei bis vier Kraftstühle nur eine Person nöthig 10 bis 20 Stühle erfordern eine Pferdekraft zu ihrem Betrieb; dabei werden in einer Minute etwa 75 Schüsse eingetragen, es leistet also der Maschinenwebstuhl fast dreimal so viel, als ein kräftiger u. fleißiger Weber auf einem Handwebstuhle, u. das Gewebe wird außerdem gleichmäßiger. Man webt auf Maschinenwebstühlen vorzüglich Baumwolle, Tuch u. andere Wollenzeuge; nicht allein glatte u. geköperte Zeuge, sondern auch vielfach gemusterte, namentlich bei Verbindung des Maschinenwebstuhles mit der[947] Jacquardmaschine, ja sogar Manchester u. Sammet; auch für Band hat man Maschinenwebstühle. Den Maschinenwebstuhl (wozu schon 1678 de Gennes einen Versuch gemacht haben soll) erfand Cartwright (s.d.), welcher 1785 die erste Webemaschine sich patentiren ließ, aber dieselbe nicht für den Betrieb geschickt machen konnte. Auch der W. Jeffrays, eines Arztes in Paislay in Schottland, 1787 war noch nicht vollkommen genug. Weitere Verbesserungen folgten 1796 durch Robert Miller in Printfield bei Glasgow u. Austin, 1803–1813 durch Harwood Horroks zu Stockport in England, u. A. Jetzt werden Maschinenwebstühle vorzüglich in England (von Sharp u. Roberts in Manchester, Mason in Rochdale, Hibbert u. Platt in Oldham, G. Hodgson in Bradford etc.), in Frankreich (Köchlin u. Comp. u. J. Heilmann in Wühl hausen, Rissler u. Dixon in Cernay) u. Sachsen (L. Schönherr, R. Hartmann in Chemnitz) gebaut. Der Schönherrsche W. für Wollenstoffe der verschiedensten Art ist vor allen anderen wesentlich verschieden u. hat eine große Verbreitung über die meisten Länder Europas gefunden. Vgl. Fr. Kohl, Über den Maschinenwebstuhl, 1859; F. H. Voigt, Die mechanische Weberei, Weimar 1863.
VI. Der elektrische W. wurde 1853 von Bonelli in Turin erfunden u. von ihm u. Anderen (bes. von Hipp) verbessert; er soll die Karten des Jacquardstuhles entbehrlich machen. Platinen u. Nadeln sind wie beim gewöhnlichen Jacquard, die Nadeln sind aber in einem hölzernen Rahmen ihrer Länge nach verschiebbar u. dieser Rahmen wird kurz vor dem Heben des Messerkastens so bewegt, daß jede Nadel mit einem Elektromagnete in Berührung kommt. Beim Heben des Messerkastens geht der Nahmen durch eine Feder zurück, die Nadeln aber, deren Elektromagnete jetzt von elektrischen Strömen umflossen sind, werden zurückgehalten u. in Folge dessen ihre Platinen nicht mit gehoben; beim Aufhören der Ströme gehen die Nadeln u. Platinen in ihre natürliche Lage zurück. Das Muster wird mit einem Nichtleiter, z.B. Copalfirniß, auf eine Metallwalze gemalt, auf welcher so viel Tasten liegen als Nadeln vorhanden sind, u. auf diese Weise werden die elektrischen Ströme von der sich um ihre Achse drehenden Metallwalze aus durch die entsprechenden, eben aus nicht gefirnißten Feldern liegenden Tasten nach den Elektromagneten derjenigen Nadeln geleitet, deren Platinen nicht gehoben werden sollen.
VII. Beim pneumatischen W. werden alle Bewegungen durch comprimirte Luft hervorgebracht. Versuche dazu wurden schon früher gemacht, eine einfache Lösung ist neuerdings C. W. Harrison in Walworth geglückt. Die Kolbenstange des von der comprimirten Luft hin u. her getriebenen Kolbens in einem horizontalen Cylinder ist beiderseits durch über Leitrollen geführte Riemen mit der Lade verbunden u. bewirkt das Anschlagen u. bewegt durch andere über Rollen gelegte Riemen zugleich eine Scheibe u. durch diese die Schäfte; der Schützen wird aus dem Schützenkasten ebenfalls durch comprimirte Luft heraus u. durch das Fach hindurch getrieben. Die Luft wird in der entsprechenden Weise durch einen besonderen Luftvertheiler (Pneumatom) vertheilt, welcher nach Art einer Steuerung verschiedenartig eingerichtet werden kann.
VIII. Der W. für Band u. Borten ist entweder ein gewöhnlicher W. mit Schäften u. Tritten od. ein Wellenstuhl od. eine Bandmühle (Mühlstuhl), vgl. Band u. Posamentirer. Der W. für Gurte (Schlagstuhl, Gurtenschlagstock) ist ein schmaler W. ohne Lade, da das Anschlagen des Schusses mit dem Schlagholze erfolgt. Über die Webstühle für Strohgewebe, Roßhaargewebe, Drahtgewebe s.d. u. Sieb 1). Vgl. J. Murphy, A treatise on the art of weaving, 3. Aufl. Glasgow 1833; G. White, A pract. treat. on weaving by hand and power looms, ebd. 1846 (deutsch von Wieck, Lpz. 1847); C. G. Gilroy, The art of weaving, Lond. 1845; P. Falcot, Traité de la fabr. des tissus, Elbeuf 1845, 2 Bde.; Gilroy, Falcot u. White, Handbuch der Webekunst, Weimar 1853; J. G. Bartsch, Die Vorrichtkunst der Werkstühle für Seiden- u. Wollenmanufactur, Wien 1833, 2 Bde.; Jos. Röder, Vorrichtkunst der Werkstühle für Seiden- u. Baumwollenmanufactur, ebd. 1846; Kellermann, Sammlung der Grundgewebe, Großenhain 1856; F. H. Voigt, Die Weberei, Weimar 1863, 3 Bde.; Veyssel u. Feldges, Lehrbuch der Weberei, Berl. 1863; C. G. Weise, Handbuch für Weber, Glauchau 1863; Mich. Alcan, Essai sur l'industrie de matières textiles, Par. 1847 (deutsch Quedlinb. 1847); F. Kohl, Die Spinnerei u. Weberei, 4. Aufl. Lpz. 1861; Jacobsson, Schauplatz der Zeugmanufacturen, Berl. 1773–1776, 4 Bde.; J. H. M. Poppe, Die englische Baumwollen- u. Wollenzeugmanufactur nebst der Weberei in Bezug auf das Maschinenwesen, Pesth 1819; J. G. May, Anleitung zur rationellen Ausübung der Webekunst, Berl. 1811.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.