- Stroh
Stroh, 1) die ausgedroschenen Halme u. Ähren reifer Halm- u. Hülsenfrüchte, auch einiger Handelsgewächse. Vom Getreidestroh unterscheidet man Langstroh, vom Roggen u. Weizen; es wird ausgeschüttelt u. in lange Bunde (Schütten) gebunden; Wirrstroh, von Gerste, Hafer, Erbsen u. Wicken, wird in kurze Bündel (Bund-, Kurz-, Krummstroh) gebunden. Wo das Getreide stark gebunden u. geknebelt wird, erhält man von 1 Schock Wintergetreide 36 Schütten u. 10 Bündel Wirrstroh, von 1 Schock Sommergetreide 40 Bündel Wirrstroh. Das S. dient zur Fütterung u. zum Einstreuen für das Vieh, zu Unterlagen in die Betten, zum Einpacken von allerlei Waaren, Einbinden zärtlicher Gewächse, zum Dachdecken, zu Bändern, Matten, allerlei Flechtwerk, Bienenkörbe, Hüten, Tellern, Papier, Stricken etc., s. Strohflechterei u. Strohgewebe. Als Futter dient das S., da es stickstoffarm ist u. viel Cellulose enthält, hauptsächlich als Magenfüllungsfutter; dabei hat es die Vortheile, daß es den Dünger sehr vermehrt u. sich mit bestem Erfolg zur Mengung mit saftigen u. solchen Futtermitteln, welche einen kleinen Umfang haben, verwenden läßt. Um das S. löslicher, verdaulicher u. assimilirbarer zu machen, wird es in Häcksel verwandelt u. angebrüht od. gedämpft. Der Futterwerth des S-s ist verschieden nach Erntezeit, Reinheit u. den Stroharten. Wird es in der Gelbreife geerntet, so hat es einen höhern Futterwerth als das in der Todreife geerntete; das stark mit Gräsern u. Kräutern vermengte S. ist nahrungsreicher als das grasfreie; das Getreidestroh ist weniger nahrhaft als das S. der Hülsenfrüchte. Am nahrhaftesten unter jenen ist das Haferstroh. Man nimmt an, daß durchschnittlich 2 Pfund S. einen Futterwerth von 1 Pfund Wiesenheu haben. Wintergetreide erzeugt mehr S. als Sommergetreide, kräftiger u. frisch gedüngter Boden mehr als magerer, Thonboden u. Ebenen mehr als Sandboden u. Gebirgsgegenden, feuchte Jahre mehr als trockene, dick stehende Saaten mehr als dünn stehende; auch erhält man mehr S, wenn das Getreide gehauen, als wenn es mit der Sichel geschnitten wird. Wo es an Scheuern fehlt, wird das S. in Feimen unter freiem Himmel gesetzt u. mit einem Strohdache gegen Regen geschützt. Unter Dach aufbewahrt, muß das S. gegen Mäusefraß geschützt u. zu diesem Behuf aufrecht gestellt werden. In einer geregelten Wirthschaft wird das älteste S, immer zuerst verbraucht u. das neue aufgehoben. Über das S. als Streumittel s.u. Dünger a); über das zu Stroharbeiten s.u. Strohflechterei; über das S. als Dachdeckung s.u. Dach II. E). 2) Ein S., bei den Dreschern die Anzahl der Garben, welche sie jedesmal zum Dreschen anlegen; diese richtet sich nach der Länge der Dreschtenne. Sie bestimmen darnach, wie viele S. sie an einem Tage abdreschen, d.h. wie viel Mal sie neue Garben. anlegen; 3) in den Seestädten eine gewisse Menge Bücklinge, welche in S. gepackt werden; 20 S. machen eine Last. 4) eine gewisse Anzahl Gläser, je nach Größe u. Verpackung verschieden.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.