- Taschenuhr
Taschenuhr, eine Uhr von solcher Größe u. Einrichtung, daß man sie bequem in der Tasche bei sich tragen kann. Die T-en sind Unruhuhren u. zugleich Federuhren (vgl. Uhr). Das Gehwerk der T. enthält gewöhnlich folgende Räder: das Schneckenrad (od., wenn keine Schnecke [s.d. 2] vorhanden ist, das Federhausrad) greift in das erste Getriebe (Minutenradgetriebe), an dessen Welle sich das Minutenrad od. große Bodenrad befindet; letzteres greift in das zweite od. Mittelradgetriebe ein u. setzt das auf derselben Welle sitzende Mittelrad od. kleine Bodenrad in Bewegung, welches in das Kronradgetriebe eingreift; auf der Welle dieses Getriebes sitzt das Kronrad u. greift in das am Steigrade befindliche Steigradgetriebe ein. In die kronenartig stehenden schrägen Zähne des Steigrades fassen die beiden Lappen der Spindel, auf deren Achse die Unruhe sitzt; Spindel u. Steigrad bilden die Spindelhemmung, an deren Stelle man bei feineren Uhren die Cylinderhemmung od. eine andere von den Unvollkommenheiten der Spindel freie Hemmung treten läßt (vgl. Cylinderuhr u. Ankeruhr). Das Zeigerwerk der T-en ist wie das der Pendeluhren eingerichtet. Das sämmtliche Räderwerk ist in einem Gestelle angebracht, welches aus zwei Platten, der Pfeiler- u. Klobenplatte, besteht, welche durch vier Pfeiler mit einander verbunden sind. Auf der Rückseite der Pfeilerplatte ist das Zifferblatt durch die falschen Pfeiler am Blendboden[266] befestigt. Das Räderwerk mit dem Gestell nennt man das Werk. Das Werk ist in dem Uhrgehäuse befestigt; um den Staub sicherer von dem Werke abzuhalten, umgab man es sonst wohl mit mehren Gehäusen, u. unterschied darnach ein-, zwei- u. dreigehäusige Uhren; jetzt gibt man dem Gehäusedeckel einen besseren Schluß u. bringt oft im Inneren noch einen besonderen Deckel über das Werk an. Das Werk ist vorwiegend von Messing, 5 Theile vergoldet; nur einzelne Theile sind von Stahl; die Zifferblätter sind meist aus Kupferblech u. emaillirt, seltener aus Gold od. Silber. Über dem Zifferblatte befindet sich das Uhrglas u. schützt die Zeiger vor äußeren Störungen. Den richtigen Gang der Uhr regulirt man durch die Stellung (s.d.). Jetzt sind die T-en meist Minutenuhren, während sie früher blos Stunden zeigten, also Stundenuhren waren; für besondere Zwecke hat man auch Secundenuhren (s.d.). Etwas abweichend von den gewöhnlichen T-en sind die Repetiruhren (s.d.). Zu den Taschenuhren sind auch die Chronometer u. Seeuhren (s.d.) zu rechnen. Die Erfindung der T-en wird gewöhnlich dem Nürnberger Peter Hele, um das Jahr 1500, zugeschrieben; seine erste T. war eine hölzerne; Andere nehmen den Strasburger Isaak Habrecht, um das Jahr 1529 als Erfinder an. Doch hat man auch zu beweisen gesucht, daß schon im 14. Jahrh. T-en bekannt waren. Zu Erfindung der Cylinderuhren (s.d.) gab Tampion 1695 Veranlassung u. Graham vollendete die Erfindung; eine ganz neue Art sind die Ankeruhren (s.d.). Die ersten T-en hatten eine beträchtliche Größe u. Dicke u. wurden Nürnberger Eier genannt. Jetzt baut man die Uhren gern flach; man unterscheidet danach u. nach geringen Unterschieden im Bau französische u. englische T-en, die ersteren sind flacher, die englischen dicker. Die kleinsten Uhren, oft nicht viel über 1 Zoll im Durchmesser, welche für Damen bestimmt u. von denselben häufig um den Hals hängend getragen werden, heißen Damen- od. Halsuhren. Jetzt werden die T-en in Fabriken, meist in der Schweiz u. hier bes. in den Cantonen Neufchatel u. Genf verfertigt u. von dort beziehen sie die Uhrmacher theils fertig, theils in ihren einzelnen Bestandtheilen, welche sie zusammensetzen u. justiren. Die geringeren Sorten werden nach Dutzenden verkauft, daher Dutzenduhren.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.