Urtheilskraft

Urtheilskraft

Urtheilskraft, bezeichnet im Sprachgebrauche des gewöhnlichen Lebens u. derjenigen psychologischen Ansicht, welche die verschiedenen Klassen geistiger. Ereignisse u. Thätigkeiten auf besondere, ihrem allgemeinen Begriffe entsprechende Vermögen zurückführt, das Vermögen zu urtheilen, d.h. in seinem Denken über das Verhältniß der Begriffe zu entscheiden. Die U. ist daher zunächst logisch (s. Urtheil, Log.); insofern die im logischen Urtheile ausgesprochenen Beziehungen der Begriffe angesehen werden als entsprechend den Verhältnissen u. Beziehungen der Dinge, wird die U. angesehen als das Vermögen diese letzteren Verhältnisse richtig u. der Natur der Dinge entsprechend aufzufassen; sie erscheint als ein Theil des Erkenntnißvermögens, als theoretisch; insofern ein festgestelltes Urtheil zugleich als Regel des Handelns benutzt, die Behandlung des einzelnen Falles dieser Regel unterworfen u. dadurch entschieden wird, was unter besonderen Umständen zu thun od. zu lassen sei, wird sie praktisch. Man schreibt daher im gewöhnlichen Leben U. demjenigen zu, welcher die Verhältnisse der Dinge rasch u. sicher auffaßt u. sein Handeln darnach einzurichten versteht. Kant unterschied zwischen der bestimmenden, welche das Besondere unter ein schon bekanntes u. gegebenes Allgemeine unterordnet, u. der reflectirenden U., welche zu dem gegebenen Besonderen das Allgemeine sucht. Für das Princip, nach welchem die letztere verfährt, erklärte er den Begriff der Zweckmäßigkeit, u. die Untersuchung, in wiefern dieses Princip in dem Wohlgefallen am Schönen einerseits, u. in der teleologischen Auffassung der Natur andererseits angewendet wird, ist der Gegenstand seiner Kritik der U.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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