- Belladonna
Belladonna (ital., d.i. schöne Frau; Tollkraut, Wuthbeere, Atropa B.), eine in Bergwäldern Deutschlands u. anderer europäischer Länder wild wachsende Giftpflanze von 5–6 Fuß Höhe, mit fünfblätterigem bleibendem Kelche, glockiger, fünfspaltiger, schmutzigviolettbrauner, dunkelbraun geaderter, an der Basis olivengrüner Blumenkrone, fünf mit ihrer Basis den Blüthenschlund verschließenden, dann auseinandertretenden, nebst den Griffeln abwärtsgeneigten Staubgefäßen, eirunden, ungetheilten Blättern u. einer glänzendschwarzrothen, weichen, zweifächerigen u. vielsamigen Beere; blüht im Juni u. Juli. Die Belladonnabeeren (Baccae belladonnae), den Kirschen sehr gleichende Früchte, geben durch ihr lockendes Äußere, wie auch Kraut u. Wurzeln, oft Anlaß zu Vergiftung, deren Folgen: Erweiterung der Pupillen, Blindheit, Trockenheit des Mundes. Scharlachröthe des Halses u. Kopfes, Unvermögen zu schlingen, Schwindel, ein traumartiger Wahnsinn mit heiterem Blick, Raserei, Convulsionen u. Tod sind; Gegenmittel: nach einem Brechmittel, starker Kaffee mit Citronensaft, Kampher, vegetabilische Säuren, heiße Fußbäder. Aus dem ausgepreßten u. eingedickten Saft des frischen Krautes wird der Belladonnaextract (Extractum belladonnae) bereitet; Gabe: 1/2–1 Gran; auch das Belladonnakraut (Herba belladonnae), die vor der Blüthe gesammelten, sorgfältig getrockneten Blätter, wird zu 3–4 Gran verordnet; die Belladonnawurzel (Radix belladonnae), 1 Zoll dick, lang, rund, ästig, außen bräunlich, innen weißlich od. blaßgelb, zu 1, 4–10 Gran. Vorsichtig angewendet, nützt dies Mittel gegen Krampf, Keuchhusten, Epilepsie, Melancholie, Manie, gewisse Lähmungen, ja sogar auch Wasserscheu u. Krebs, u. gilt für ein Präservativ gegen Scharlachfieber. Äußerlich wirkt das Kraut in Umschlägen od. abgekocht, auch die Auflösung des Extractes zum Eintröpfeln in das Auge, angewendet, wo sie Erweiterung der Pupille bewirkt, was bei Staaroperationen von Vortheil sein kann. Der Homöopathie dient sie als eins ihrer vorzüglichsten Heilmittel bei mannigfaltigen fieberhaften u. entzündlichen, so wie Nerven-, vorzüglich schmerzhaften Leiden, in ersteren vorzüglich bei Trockenheit des Mundes, großem Durst, starker Röthe des Gesichtes, trockener Haut, glänzenden Augen, Lichtscheu, trüber Gemüthsstimmung mit Schlaf- od. Tobsucht u. eignet sich ausnehmend für das kindliche Alter. Bei Thieren wird die B. bes. gegen das Blaumelken der Kühe gebraucht, da die gewöhnlichen Hausthiere dieselbe in sehr großen Gaben vertragen. Gegen den Rotz der Pferde hat sich die ihr beigelegte specifike Wirkung nicht bestätigt. Wurzel u. Blätter enthalten, außer dem Extractiv- u. Eiweißstoff, mehrere Salze, thierisch-vegetabilische Materie u. im Weingeist lösliches Alkaloid, den eigentlich giftigen Bestandtheil, das Atropin, s.d.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.