- Bourignōn
Bourignōn (spr. Burinjong), Antoinette, geb. 13. Jan. 1616 in Lille, Tochter eines Kaufmanns; von Geburt häßlich, zeigte sie früh einen regen Geist u. steigerte durch mystische Lesereien u. Kasteiungen ihre Schwärmerei bis zu der Einbildung, inspirirt zu sein; sie entlief 1636 ihren Eltern, um Einsiedlerin zu werden, u. wurde nach ihres Vaters Tode, welcher ihr ein großes Vermögen hinterlassen hatte, 1653 Vorsteherin eines Spitals in ihrem Geburtsort; 1662 ging sie mit einem Jansenistischen Priester, de Cordt, u. einer Nonne nach Amsterdam, um hier ihre Visionen drucken zu lassen. Hier entsagte sie dem katholischen Cultus, verkehrte viel mit den Labadisten, Comenius u. ähnlichen Chiliasten, auch mit Cartesianern, konnte aber, da sie selbst die Mutter der Gläubigen u. Stifterin einer eigenen neuen Kirche sein wollte, mit keiner Secte sich einigen. Von da wendete sie sich nach der Insel Nordstrand bei Schleswig; de Cordt st. hier 1669 u. setzte sie zur Erbin ein. Im Streit über die Erbschaft lebte sie nun in Harlem, Holstein, Schleswig, Husum, Hamburg u. Luzburg in Ostfriesland. Überall gewann sie sich einige Anhänger (Bourignonisten), von denen la Coste, ein Offizier, u. Poiret die eifrigsten waren. Überall errichtete sie aber auch Conventikel, wurde daher meist vertrieben u. st. 30. Oct. 1680 auf einer Reise nach WFriesland in Franeker. Die Bibel hielt sie für unzulänglich, dagegen ließ sie sich von ihren Anhängern für eine reichere Quelle der Offenbarung u. vierte Person in der Gottheit halten; an die Stelle der religiösen Erkenntniß u. der Sittlichkeit setzte sie dunkle, überschwengliche Empfinnaugen u. verachtete die Wissenschaften, bes. die Theologie. Ihre seit 1678 zu Amsterdam einzeln erschienenen Schriften (darunter L'appel de Dieu et de refus des hommes, 1640; La dernière miséricorde de Dieu; La lumiére née en ténèbres; Le tombeau de la fausse théologie; Le nouveau ciel et la nouvelle terre; La sainte visière, ihre Selbstbiographie) wurden gesammelt von Poiret, Amst. 1676–84, 25 Bde., 2. A. 1717, 20 Bde.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.