- Cochenille
Cochenille (fr., spr. Koschenill), 1) die C. ist eine Schildlaus, Coccus cacti coccinelli feri (s. u. Schildlaus) u. bes. in Mexico heimisch. Sie kommt hier in 1 Jahr in 3 Bruten nach einander auf derselben Pflanze vor. Die 1. Brut im April, wo dann mehrere 1000 Eier unter dem Bauche der jetzt mit weißlicher Wolle überzogenen Mutter angetroffen werden; diese stirbt, kurz nachdem die Jungen ausgeschlüpft sind u. nun in ihrem Larvenzustande als kleine Holzläuse auf der Pflanze herumlaufen, während ihres Wachsthums sich einige Mal häuten u. endlich, nach Verschiedenheit des Geschlechts, in gedachter Art sich metamorphosiren. Die letzte Brut geht aber meist im December, wegen des eintretenden Regens, unter, wenn sie nicht in Häusern u. in Nestern gegen den Regen geschützt werden. Nach der Regenzeit werden nun die Nester in den Plantagen auf die hier Nopalpflanzen genannten Opuntien, womit ganze Felder bestellt werden, gesetzt, worauf die Weibchen sogleich ihre Eier legen u. dann sich das Jahr über von selbst weiter fortpflanzen. Man sammelt in der 1. Ernte blos die todten Mütter mit einem Pinsel von der Pflanze ein; nach etwa 4 Monaten wird auf gleiche Weise die 2. Ernte, od. die 1. der von selbst erzogenen u. zu Weibchen ausgebildeten Jungen erhalten, u. nach einem gleichen Zeitraum die 3., wovon man aber immer einen Theil zur Wiederaussetzung auf die Nopalpflanzen lebendig erhält. Die noch nicht von selbst abgestorbenen Thiere tödtet man durch Abbrühen in heißem Wasser, worauf sie sämmtlich an der Sonnenhitze od. in Öfen gedörrt werden. Die C. ist von sehr verschiedener Güte; die von der 1. Ernte u. von cultivirten Pflanzen ist die beste. Sie ist grünlich mit einem silbergrauen Hauche überzogen. Die Insecten sind dabei eine Zeit lang der Hitze eines Ofens ausgesetzt worden, die geringere ist aschgrau; durch Dörren in heißen Pfannen wird sie schwärzlich (Negra, Caccatille). Letztere ist die häufigste; am wenigsten geschätzt ist die röthliche Sorte, bei der die Insecten in heißem Wasser getödtet u. an der Sonne getrocknet worden sind. Doch herrschen über die Güte der Cochenillarten noch sehr divergirende Ansichten. Zur Veurtheilung derselben hat Pedroni einen Karminmesser (s.d.) construirt, an welchem der Karmingehalt der C. nach Graden erkennbar ist. Übrigens hält sich die C. gut verpackt auf ungemessene Zeiten unverändert. Sie wird in Fässern von 200 Pfd. in den Handel gebracht u. gleicht dann schwarzrothen Samenkörnern, od. den Korinthen, u. nur bei Aufweichen derselben zeigt sich der Kopf nebst den Überresten der 6 Füße. Der Werth der jährlichen Ausfuhr von Mexico beträgt gegen 10 Mill. Thlr.; man hat daher auch in mehreren amerikanischen Staaten, in Peru, Brasilien, auf den Antillen, die Cochenillenzucht nicht ohne Glück versucht, auch in Ostindien, ja selbst in Spanien, wo wohl die Pflanze, nicht aber das Insect gleich gut gedeiht. Es gewinnt aber das Insect wie es scheint, den Farbestoff aus den Pflanzen selbst. Die C. ist einer der wichtigsten Farbestoffe; sie enthält Karmin, Coccin, Stearin, Olein, phosphorsauren Kalk u. Kali, Chlorkalium, kohlensauren Kalk u. ein organisches Salz. Verfälscht wird die C. mit Talkerde, Bleiweiß, Bleifeilspänen, Verfälschungen, die man leicht erkennt, wenn man C. zwischen den Fingern od. auf einem Bogen Papier reibt, wobei sich Talkerde u. Blei dadurch, daß sie haften bleiben, kenntlich macht. Gute C. nimmt, wenn sie mit Wasser übergossen ist, eine eiförmige, oben convexe, unten concave Gestalt an u. läßt die 11 Ringe des Insects deutlich erkennen. Der Farbestoff der C. ist roth-violett u. nimmt, mit Zinnsalz versetzt, die schönste Scharlachfarbe an. Man färbt damit auf Wolle scharlach, karmesin, ponceau, ebenso in Seide in mehrerlei Art. Auch Karmin wird daaus bereitet. Die sogenannte ammoniakalische C., die zum Rosa- u. Karminfärben benutzt wird, bereitet man, indem man 1 Pfund C. mit 2 Pfund Ammoniakflüssigkeit übergießt, od. indem man trockenes Ammoniakgas über die getrocknete C. leitet; das Letztere geschieht in einer Trommel von Weißbleich, durch deren Achse ein Rohr nach dem Ammoniakentwickelungsapparat geht. Eine auf der gemeinen Bohne in Südfrankreich lebende Cochenillespecies (Coccus fabae) gibt ein Scharlachroth von eigenthümlicher Nuance. Diese C., die fast eben so groß, wie bei der Nopalpflanze ist, lebt nicht nur auf der Bohne, sondern auch auf mehreren Distelarten u. einigen andern wildwachsenden u. cultivirten Pflanzen, emwickelt sich auch auf den Esparsettepflanzen gut. 2) Unechte C., Farbestoffe, welche die C. ersetzen sollen u. relativ ersetzen; Johannisblut, bes. als polnische u. deutsche C., der Kermes, u. m. a.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.