- Diakonissen
Diakonissen, 1) in der ältesten christlichen Kirche Kirchendienerinnen (daher Ancillae, Ministrae), welche die Armen- u. Krankenpflege, die Aufsicht über die Frauen bei den gottesdienstlichen Versammlungen, das Aus- u. Ankleiden weiblicher Täuflinge, die Aufsicht über die Bäder christlicher Weiber zu besorgen u. überhaupt sich der Berathung weiblicher Gemeindeglieder in Angelegenheiten, welche männliche Einmischung nicht vertragen, zu unterziehen hatten. Außer der Anleitung weiblicher Täuflinge zum richtigen Antworten u. Benehmen bei u. nach der Taufe durften sie weder lehren, noch priesterliche Handlungen verrichten. Ursprünglich wurden sie als der weibliche Theil des Klerus angesehen u. zur Weihe für ihr Amt wie die übrigen Geistlichen ordinirt, später, bes. in der Abendländischen Kirche erhielten sie blos eine zu strenger Sittlichkeit verpflichtende Einweihung ohne Handauflegen. Sie mußten Wittwen od. ehrbare Jungfrauen u. noch im 4 Jahrh. 60 Jahr, nach der Synode zu Chalcedon (451) wenigstens 40 Jahr alt sein; im 6. Jahrh. wurden sie durch Synodalbeschlüsse förmlich abgeschafft; 2) in der Reformirten Kirche der Niederlande die bejahrten Frauen, welche die Pflicht übernommen haben, für die Schwangern, Wöchnerinnen u. nothleidenden Weiber der Gemeinde zu sorgen; 3) in der Evangelischen Kirche Krankenpflegerinnen, zu welchem Geschäft sie in besonderen Anstalten (Diakonissenanstalten) Anweisung erhalten. Die erste solche Anstalt gründete 1836 Fliedner (s.d.) in Kaiserswerth am Rhein, indem er ein Hospital für männliche u. weibliche Individuen anlegte u. die Pflege derselben den D. übergab, welche zuvor Anweisung über die leibliche u. geistliche Pflege erhalten hatten. Nur Frauen u. Jungfrauen, welche das 21. Lebensjahr zurückgelegt hatten, wurden in diese Anstalt aufgenommen. Daneben errichtete Fliedner eine Bildungsanstalt für Kleinkinder-D. (s. Kleinkinderschulen). Die Gründung ähnlicher Anstalten hat in mehreren Ländern in- u. außerhalb Deutschlands Nachahmung gefunden: 1847 die D-anstalt Bethanien bei Berlin; von Varmeil ein Etablissement des soeurs de charité protestantes in Paris; von Härter in Strasburg ein Verein zur Bildung christlicher Krankenpflegerinnen; von Germond zu Echellens im Waadtlande ein Etablissement des diaconisses, desgleichen von Bovet zu Boudry in Neufchatel; von der Gräfin Schönburg zu Wechselburg in Sachsen; von der Gräfin Hohenthal-Königsbrück 1844 in Dresden; vom Pfarrer Löhe 1854 in Neudettelsau in Baiern, u. anderwärts, vgl. Fry u. Nightingale. Die D. sind auch nach außereuropäischen Orten, bes. nach dem Orient, nach Smyrna, Jerusalem etc. verpflanzt worden. Nach dem Vorbilde der D. wurde in Duisburg auch eine Diakonenanstalt gegründet. worin Jünglinge zu Hülfsdiakonen ausgebildet werden, um als Kranken- u. Armenpfleger, Gefangenwärter u. Erzieher von verwaisten u. verwahrloseten Kindern in Gemeinden, Vereinen u. Familien Hülfe zu leisten. 4) In Klöstern die Nonnen, welche den Altar bekleiden u. besorgen.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.