- Krankenpflege
Krankenpflege, eine der wichtigsten Humanitäts- u. christlichen Pflichten. Die K. zerfällt A) in Privatkrankenpflege im Haus, für Familienglieder od. entferntere, zur eigentlichen Familie nicht gehörige, z.B. bei der Familie wohnende Fremde, Commis, Dienstboten etc. Hier muß bei ernsten Krankheiten die erste Sorge das Krankenzimmer sein; ein geräumiges, doch nicht zu hohes u. weitläufiges Zimmer, um immer eine mittlere, gleichmäßige Temperatur (von 16–18° R., wenn nicht absichtliche Kühlung erfordert wird) zu haben, welches Zugang von frischer Luft haben, nicht feucht od. dumpfig sein, daher wo möglich nicht in einem Erdgeschoß sich befinden, auch nicht die Fenster auf geschlossene Hofräume od. auf enge Straßen hinaus haben, leicht u. gleichmäßig heizbar u. nicht lästigem Geräusch ausgesetzt sein muß. Um den übeln Geruch zu entfernen, wird in den Krankenzimmern möglichst gelüstet, auch mit Essig, allerhand Spirituosen, z.B. Lavendelspiritus, Eau de Cologne etc. geräuchert. Hierin bereitet man das Krankenbett, welches für manche Krankheitsfälle eine besondere Einrichtung erfordert. Zu beachten ist, daß ein Kranker nicht zu lange auf demselben Lager verbleibe, sondern daß er mit demselben ohne Beschwerden wechsele, auch dasselbe gelüstet, gereinigt u. aufgelockert werde. Dabei ist jedoch in vielen Fällen große Vorsicht nöthig, um den Kranken nicht einer Erkältung auszusetzen, weshalb es am angemessensten ist, ihn gleich in ein nebenangestelltes erwärmtes übergehen zu lassen, od. zu heben. Sehr zweckmäßig ist es, wenn es der Zustand des Kranken erlaubt, bei Tage mit dem Krankenstuhl, einem wo möglich gepolsterten Armstuhl mit beweglicher Rücklehne u. Ohrkissen, auch wohl mit einem Nachtstuhl verbunden, abwechseln zu lassen. Vor das Krankenbett wird dann ein Krankentisch, am besten mit einem, unten beschwerten Fuße an einer Seite, um das Tischblatt über das Ben bringen zu können, u. zum Hoch- u. Tiefschrauben eingerichtet, augeschoben. Zum nöthigen Material einer Krankenstube gehört auch noch ein Nachtstuhl, ein Steckbecken u. eine Spanische Wand. Im Krankenzimmer wird nun dem Kranken die sorgfältigste Krankenwartung zu Theil; in Familien sind nächste, bes. weibliche Familienglieder, aber auch andere Befreundete, wenn sie Zuneigung an den Kranken fesselt, am besten dazu geeignet. Außerdem wird auch in Familien Dienstboten, auf welche man sich verlassen zu dürfen glaubt, diese Sorge ganz od. zum Theil übertragen. In Ermangelung dieser sind wohl unterrichtete Krankenwärterinnen u. Krankenwärter ein Bedürfniß. Die erste Pflicht des Krankenwärters ist, die Krankendiät nach Vorschrift des Arztes genau erfüllen zu lassen[766] s.u. Diät); die Krankenbesuche stets im Auge zu haben, namentlich die der Freunde, die dein Kranken oft mehr schädlich, als nützlich, zuweilen ihm aber Bedürfniß u. erquickend sein können. Die Krankenbesuche der Ärzte müssen zu rechter Zeit, nicht zu flüchtig u. nicht zu sparsam geschehen. In gewöhnlichen Fällen reicht ein Besuch täglich, am besten zur Morgenzeit hin; in gefährlichen Krankheiten, od. solchen, die unvorhergesehenen Wechseln unterworfen sind, ist aber auch ein zweimaliger, ja noch öfterer Besuch erforderlich. Der Arzt sucht bei demselben die Natur der Krankheit durch, an den Kranken u. die Angehörigen gerichtete Fragen (Krankenexamon), u. mittelst der physikalischen Diagnostik (Krankenuntersuchung) zu erforschen. Dazu gibt es verschiedene Methoden: die analytische beruht auf objectiver Untersuchung des Arztes u. faßt den Krankheitsproceß sofort in seinem gegenwärtigen Bestehen auf, u. die genetische, welche mit der Lebens- u. Gesundheitsgeschichte des Kranken u. seiner Familie (mit der Anamnese) anhebt. Auch Krankenbesuch der Geistlichen ist dem Kranken oft sehr nützlich, da sie für Belehrungen u. Ermahnungen gerade während der Krankheit am ersten empfänglich sind od. geistlichen Trost ihnen gerade im Krankheitszustand sehr heilsam ist. Oft ist hiermit Krankencommunion, wo der Kranke allein od. die Familie mit ihm communicirt, sehr ersprießlich. Gewöhnlich hat man dabei, bes. bei ansteckenden Kranken, einen eigenen, kleinern Kelch (Krankenkelch). B) In öffentlichen Krankenpflegeanstalten. Alles bisher Gesagte findet in größerem u. ausgedehnterem Maße in öffentlichen Krankenhäusern od. Spitälern (s. Hospital) Statt. So ist in Spitälern noch mehr auf eine gute Lage der Krankenzimmer u. Krankensäle zu sehen, als in Privatwohnungen, große, selbst übertriebene Reinlichkeit, Essig- u. wo es ohne Nachtheil für die Gesunden angewendet werden kann, Chlorräucherungen, vermindern hier die Gefahr der Ansteckung u. des Typhus beträchtlich. In Krankenhospitälern, wo mehrere Kranke in einem Zimmer liegen, müssen Krankenbetten (am besten eiserne, mit Strohsack u. Haarmatratzen, nebst 2 leinenen Decken u. einer wollenen) in gehöriger Entfernung von einander (von wenigstens 2 Schritten) gestellt, auch mit Bretchen od. Tischchen, um Bedürfnisse für den Kranken darauf stellen zu können, versehen sein. Die Krankenwartung muß von eigenen Krankenwärtern übernommen werden, zu deren Anlernung eigene Schriften Anleitung geben, u. die in großen Krankenhäusern praktisch, in großen Städten in eigenen Krankenwärterschulen geübt werden. Am besten sind hierzu in katholischen Ländern die Geistlichen Orden, welche zur Krankenwartung verpflichtet sind, wie die Barmherzigen Brüder u. die Elisabethinerinnen. In der ältern christlichen Zeit waren die Parabolianer, eine Art Kirchendiener, zur Krankenpflege eigens bestimmt, weil die Diakonen, wegen Anhäufung anderer Geschäfte dieser Pflege nicht mehr obliegen konnten. Auch von den Krankenbesuchen gilt dasselbe. Der Krankentransport geschieht bei gefährlichen Kranken, od. solchen, welche nur schwer od. gar nicht gehen können, am besten in tragbaren Korbbetten. Pflicht des Staates ist es für gute Ärzte in öffentlichen Krankenanstalten zu sorgen. Vgl. Krügelstein, Handb. der allgemeinen Krankenpflege, Erf. 1807; I. Bernt, Die öffentliche Krankenpflege, Weim. 1818; Dieffenbach, Anleitung zur Krankenwartung, Berl. 1832; G. Vogel, Krankenexamen, Stendal 1796; desselben, Allgemeine medicinisch-diagnostische Untersuchungen zur Erweiterung seines Krankenexamens, ebd. 1824, 1831, 2 Thle.; Häser, Geschichte der christlichen Krankenpflege, Berl. 1857; Esse, Die Krankenhäuser, ihre Einrichtung u. Verwaltung, ebd. 1857.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.