- Hausenblase
Hausenblase (Ichthyocolla, Colla piscium, Fischleim), wird aus der Schwimmblase der Störe, bes. des Haufen, hauptsächlich an den Ufern des Kaspischen Sees u. seiner Flüsse gewonnen; sie wird, nachdem sie gereinigt u. von der inneren Zellhaut befreit ist, in längliche Stücke zerschnitten, zu Würsten zusammengerollt, in klammer- od. hufeisenförmige Gestalt gebogen, od. wie Blätter eines Buches zusammengelegt, getrocknet u. nun als Klammer-, Ringel-H. od. als buchförmige od. Bücher-H., als blätterige H. od. Haufenblätter (wo die Schwimmblasenhäute ohne weitere Zubereitung getrocknet sind u. in 1–2 Hände großen, unregelmäßigen Lappen vorkommen) od. als Zungen-H. (in 6–7 Zoll langen, 11/2–2 Zoll breiten, 3–4 Linien dicken Stücken) in den Handel gebracht. Alle diese aus der Form sich ergebenden Arten werden nach dem Grade der Güte in verschiedene Sorten, als Primasein, Prima, Secunda etc. geschieden. Gute H. soll weiß, mit einem Stich ins Gräuliche od. Gelbliche, geruch- u. geschmacklos, mehr od. weniger hornartig, durchscheinend sein u. beim Kochen sich fast vollständig auflösen; die Auflösung von 1 Theil H. in 30 Theilen Wasser soll warm ganz klar sein u. beim Erkalten zu einer zitternden Galle erstarren; gebleicht wird sie durch schwefelige Säure. Aus Rußland kommt jährlich für mehr als 100,000 Thlr. Der Esther u. mehrere Arten Störe (Acipenser Güldenstädtii [Esther], A. stellatus [Sewrjuga], A. rhutenus [Sterlet] u. der Sewrjuga liefern die besten Sorten. Eine nordamerikanische, von einem Lippfisch gewonnen u. eine brasilianische geben schwächere u. mehr gefärbte Gallerte. Man gewinnt auch einen geringeren Fischleim durch Auskochen häutiger Theile der genannten Fische, Ausgießen des starken Absuds in viereckige Formen u. Trocknen. Hier u. da wird die H. sehr täuschend nachgebildet, aus gehörig zubereiteten Gedärmen größerer Säugethiere. Die Auflösung dieser falschen H. enthält mehr weiße, undurchsichtige, schleimige, fadenziehende Flocken, Gallustinctur bildet in einiger Zeit einen sehr braunen Niederschlag von Ledersubstanz, u. das Thlorbaryum bewirkt eine beträchtliche weiße Trübung. Auch wird die H. oft verfälscht durch Einweichen in eine Gallertlösung vor dem Zusammenrollen, od. durch Zusammenrollen der Hausenblasenblätter mit Gallerte; diese Verfälschung erkennt man an dem Geruche der H. nach sich zersetzender thierischer Substanz, bes. beim Kochen in wenig Wasser, od. beim Einäschern, da die Asche der verfälschten H. weniger dunkelroth ist u. mit Säuren lebhafter aufbraust; unter dem Mikroskop sieht man bei der verfälschten H. außer der faserigen od. häutigen Masse noch eine durchsichtige, amorphe Leimschicht. Man benutzt die H. zur Bereitung von Gallerte, des englischen Pflasters, des Mundleims, zum Klären trüber Flüssigkeiten, bes. des Bieres u. Weines, zu verschiedenen Kitten, zum Leimen musikalischer Instrumente, zur Appretur seidener Zeuge, zur Bereitung von Kitt für Glas u. Porzellan, in den französischen Seearsenalen zu Fensterscheiben. Zu letzterm Zweck taucht man ein Drahtgitter in eine klare Hausenblasenlösung, es bleibt ein seines Häutchen zwischen den Maschen u. nach dem Trocknen gleicht das Ganze einer Glasscheibe,[99] welche man zum Schutz gegen Feuchtigkeit auf beiden Seiten mit Harzfirniß überzieht.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.