Päderastie

Päderastie

Päderastie (v. gr., d.i. Knabenliebe), 1) das Liebesverhältniß zwischen einem Erwachsenen u. einem Knaben. In seinem edeln u. lautern Wesen kommt die P. in den griechisch-dorischen Staaten schon früh vor u. gehörte dort zur Erziehung. In Sparta, wo der Liebende Eispnelas (Einhaucher) u. der Geliebte Aïtas (Hörer) hieß, suchte jeder edle Mann einen freien Knaben, welchem er zum Vorbild u. Muster im öffentlichen Leben diente. Bei Anknüpfung dieses Verhältnisses verhielt es sich ganz wie bei Schließung von Ehen: der Liebhaber raubte seinen Ausersehenen u. zeigte dies einige Tage vorher den Angehörigen des Knaben an (nur wenn denselben der Mann nicht gefiel, vereitelten sie dessen Absicht); der Mann nahm dann den Knaben auf zwei Monate zu sich, worauf er ihn wieder entließ, u. wenn diesem das Wesen des Mannes gefiel, so trat er in Waffenfreundschaft zu demselben, folgte ihm in alle Schlachten u. kämpfte neben ihm; das Verhältniß der Liebe u. Treue blieb dann gewöhnlich bis zum Tode. In Kreta galt es für einen edeln Knaben für einen Schimpf, keinen Liebhaber zu finden. 2) (Knabenschändung), eine Ausartung des Geschlechtstriebes bei Männern, welche Befriedigung beim eigenen Geschlecht u. zwar in dem Mißbrauche eines jugendlichen Körpers dazu suchen. Ein P. Verübender heißt Päderast. Die Geschichte des Menschengeschlechts gedenkt schon in frühester Zeit dieser Ausartung; der göttliche Zorn gegen Sodom (daher P. so v.w. Sodomie) u. Gomorra wurde durch geübte P. entflammt. Das edle Verhältniß der P. (s. oben 1) wurde wohl auch schon in ältester Zeit zuweilen gemißbraucht, u. der Knabe konnte seinen Schänder gerichtlich belangen, wo dann derselbe mit Ehrlosigkeit, Verbannung, ja sogar mit dem Tod gestraft wurde, während Einer, der sich mit Willen mißbrauchen ließ, von Ehrenämtern, Tempelbesuch u. religiösen Festen ausgeschlossen wurde. Seit dem Peloponnesischen Kriege u. bes. in der Macedonischen Zeit wurde diese Art der Unzucht gemeiner; in Rom florirte sie namentlich in der Kaiserzeit. Aber auch in neuerer Zeit ist Knabenschänderei, bes. unter Nationen, welche durch klimatische Einflüsse Überreizungen sinnlicher Triebe leichter unterliegen, wie bes. in Italien u. dem Orient, sehr verbreitet. Im Norden haben die stummen Sünden der P. allgemeine Verachtung zur Folge. Nach allen Gesetzgebungen älterer u. neuerer Zeit ist die P. verpönt, wird meist als ein Capitalverbrechen angesehen, ja selbst mit Todesstrafe bedroht, u. nach der Praxis in den meisten Staaten mit vier- bis achtjähriger Zuchthausstrafe geahndet.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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