Ausartung

Ausartung

Ausartung (Entartung) ist eine Veränderung des Äußeren eines Thieres od. einer Pflanze, durch welche die zur Bezeichnung der Art dienenden Charaktere zum Theil verwischt u. durch andere ersetzt werden. Eine solche A. kann theils eintreten durch Begattung verschiedener Arten, theils durch klimatische Einwirkung, Veränderung der Nahrung, der Lebensweise, Verschiedenheit der Cultur u. durch vielerlei Künsteleien, durch welche die dadurch bewirkten Änderungen zuletzt sogar erblich werden. Die Begattung zweier Individuen, die verschiedenen Arten angehören, kommt namentlich bei den Pflanzen in der Natur, aber auch durch künstliche Befruchtung nicht selten vor. Bei jeder Fortpflanzungsweise werden auf den entstehenden Keim alle Eigenschaften des Mutterkörpers übertragen; treten nun aber in der Begattung die Fortpflanzungszellen zweier verschiedener Pflanzen zusammen, so entsteht, sobald wenigstens die Befruchtungsorgane beider Arten nicht sehr von einander abweichen, eine Zwischenform, welche Eigenschaften beider in sich vereinigt, jedoch so, daß die der einen mehr hervortreten, als die der anderen. Man nennt diesen Vorgang Kreuzung od. Bastardirung (Hybriditas), die daraus entstandenen abweichenden Formen aber Bastarde (Plantae hybridae). Am häufigsten findet man sie bei den Gattungen Crinum, Salix, Cirsium, Cirenen, Hieracium, Inula, Digitalis, Verbascum, Nicotiana, Gentiana, Saxifraga, Dianthus, Potentilla, Anemone etc. Außer den Bastarden, die sich durch Zusammenwirkung zweier Arten bilden, u. die man auch Mittelspecies (engl. Mule) nennt, gibt es auch Bastarde, die durch Kreuzung zwischen Varietäten der Arten entstehen. Diese nennt man Mischlinge od. Mittelschläge (Crossbred). Versuche haben übrigens gezeigt, daß die Entwickelung der weiblichen Befruchtungsorgane (Pistille) bei beiden regelmäßig vor sich geht, die männlichen dagegen bei den Ersteren nur sehr unvollkommen ausgebildet, die Staubbeutel sogar zu Blättern werden u. die Blüthenstaubzellen in Textur u. Inhalt sehr von der Regel abweichen. Daher sind sie zur Befruchtung unfähig, u. sie bleiben deshalb unfruchtbar, wenn nicht durch gefunden Blüthenstaub der Stammeltern od. ihrer Abarten die Befruchtung vollzogen wird. Gibt die väterliche Stammpflanze den Pollen her, so bilden sich daraus vorschreitende, d.h. zum Typus des Vaters zurückkehrende Schläge, durch den Pollen der Mutterart aber sogenannte Rückschläge. Die Befruchtung der Mittelspecies durch Varietäten der älterlichen Stammpflanzen endlich bringt sogenannte Tincturen od. Umschläge hervor, die, weil sie stets gut ausgebildeten Blüthenstaub haben, sich auch leicht durch Fortpflanzung vervielfältigen. Diese Fähigkeit zur Bastardirung hat die Gartenkunst in großem Umfange benutzt u. dadurch eine Menge Formen hervorgerufen, deren Stammeltern oft fast gar nicht mehr bekannt sind. Vgl. I. F. Klotzsch, Pflanzenbastarde u. Mischlinge, sowie deren Nutzanwendung, Monatsbericht[36] der königl. Akademie der Wissenschaften, 1854.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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