- Vestris
Vestris (eigentlich Vestri, spr. Westris), 1) Gaelano Apolline Baldasarre, geb. 1729 in Florenz, betrat das Theater als Tänzer zum ersten Male 1748, wurde 1749 unter die Mitglieder der Großen Oper in Paris aufgenommen u. kam 1753 an die Akademie des Doms, welche Ludwig XV. errichtet hatte. Von edler Gestalt, großer Schönheit, viel Talent u. Kraft ersetzte er bald seinen Lehrer Dupré also Balletmeister. V. besaß aber so viel Eitelkeit, daß er sich oft den Gott der Tanzkunst nannte u. behauptete, sein Jahrhundert habe nur drei große Männer hervorgebracht, ihn, Voltaire u. Friedrich den Großen. So gut er tanzte, so wenig waren die Ballete, welche er in Scene setzte, beliebt. 1781 verließ er das Theater mit einer Pension u. starb in Paris 1808. 2) Anna Friederike Heinel-V., geb. 1752 in Baireuth, widmete sich unter Leitung des Vorigen der Tanzkunst zu Paris, trat 1768 zur Großen Oper, heirathete den Vorigen u. starb wenige Monate vor ihm 1808. 3) Auguste V.-Allard, Sohn von V. 1) u. der Tänzerin Allard, geb. 1759, Tänzer an der Großen Oper zu Paris, wo er 1772 zuerst auftrat; weil er sich geweigert hatte bei einem Ballet am Hofe zur Aushülfe zu tanzen, wurde er 1770 nach Fort l'Evêque gebracht. Er entzückte auf seinen Reisen durch Europa in seinen Ballets. Pensionirt trat er im Frühjahr 1835 zum Benefiz der Taglioni noch einmal in alter Kraft auf. Er st. 5. Dec. 1842 in Paris. Sein Sohn, ebenfalls Tänzer an der Großen Oper, zeichnete sich mehr durch groteske Sprünge, als durch Grazie aus. 4) Marie-Rose Gourgeaud-Dugason-V., geb. 1746, verheirathet an Paco V., Bruder von V. 1), kam 1768 an das Théâtre français u. zeichnete sich hier als Schauspielerin, bes. im tragischen Fach (mehre Rollen von Voltaire, Lemierre, Champfort, Ducis, Chenier wurden ausdrücklich für sie geschrieben), aber auch durch ihre Zänkereien mit andern Schauspielerinnen[543] aus. Sie st. 1804 in Paris. 5) Sängerin an der Großen Oper in Paris u. London, ersetzte mit der Grisi die Malibran Garcia, heirathete später den Schauspieler Charles Mathews u. st. 1856 in London.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.