Zufall

Zufall

Zufall (Casus), 1) im gewöhnlichen Leben ein Geschehen od. ein Ereigniß, dessen Ursachen unbekannt sind u. von welchem man dahin gestellt sein läßt, ob es überhaupt bestimmte Ursachen habe. Vieles erscheint daher als zufällig, wovon eine genauere Untersuchung u. eine erweiterte Erkenntniß bestimmte Ursachen nachzuweisen sehr wohl im Stande sein würde; von glücklichen u. unglücklichen Zufällen spricht man dann insofern, als gewisse für zufällig gehaltene Ereignisse eine für den Menschen günstige od. ungünstige Wirkung haben. Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch bezeichnete Z. 2) die Abwesenheit eines ursachlichen Zusammenhangs; das Zufällige ist dann entgegengesetzt dem Nothwendigen als dem durch bestimmte Ursachen Bedingten u. nach bestimmten Gesetzen Erfolgenden, u. dem Absichtlichen, für welches die Causalität in bewußten Gedanken u. Zwecken liegt. Die Entscheidung der Frage, ob es einen Z. in diesem Sinne, einen sogenannten blinden Z. (Casus purus putus) gebe, hängt davon ab, ob für alles Geschehen der Begriff der Ursachlichkeit nothwendig ist, ob also der Satz: keine Veränderung ohne Ursache, streng allgemeine Gültigkeit hat. Der Casualismus, d.h. die Ansicht, daß einzelne Ereignisse od. ganze Reihen derselben zufällig seien, leugnet die allgemeine Gültigkeit des Causalgesetzes, dessen Anerkennung gleichwohl eine unabweisbare Nothwendigkeit für das Denken u. das einzige Mittel ist in die Erscheinungen u. Ereignisse einen gesetzmäßigen Zusammenhang zu bringen. Für das wissenschaftliche Denken hat daher der Begriff des Z-s niemals eine absolute, sondern immer nur eine relative Bedeutung; in diesem Sinne kann man[719] zufällig das Zusammentreffen einzelner Punkte aus mehren Reihen des Geschehens nennen, zwischen welchen kein unmittelbarer ursachlicher Zusammenhang stattfindet, wie wenn z.B. zwei aus verschiedenen Kanonen abgeschossene Kugeln zufällig zusammenprallen. In diesem nur relativen Sinne spricht man auch von zufälligen Eigenschaften eines Dinges, zufälligen Merkmalen eines Begriffs (Accidenzien) im Gegensatze zu den wesentlichen, als welchen, welche ihnen möglicherweise auch fehlen können, obwohl bei jedem individuellen Dinge, welches dergleichen zufällige Eigenschaften habe, dieselben ihre ganz bestimmten Ursachen haben.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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  • Zufall — Zufall: Das seit mhd. Zeit bezeugte Wort ist eine Bildung zum Verb zufallen »zuteilwerden« (mhd. zuovallen). Mhd. zuoval bedeutete zunächst »das, was jemandem zufällt, zuteilwird, zustößt«, daher »Abgabe, Einnahme; Beifall, Zustimmung; Anfall«… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Zufall — (lat. Casus), im gewöhnlichen Leben alles, was uns nicht als notwendig oder beabsichtigt erscheint, oder für dessen Eintreten wir einen Grund nicht nachweisen können, das also nach unsrer Meinung ebensogut in andrer Weise und zu andrer Zeit hätte …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Zufall [2] — Zufall, in jurid. Beziehung, s. casus …   Herders Conversations-Lexikon

  • Zufall — ↑Bonheur, ↑Tyche …   Das große Fremdwörterbuch

  • Zufall — Sm std. (15. Jh.), fnhd. zuoval, mndd. toval, mndl. toeval Stammwort. Lehnübersetzung des gleichbedeutenden l. accidēns n., Partizip von accidere (aus l. ad zu und l. cadere fallen ). Der Begriff stammt aus der Logik, ist aber durch den… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Zufall — Los; Schicksal; Schickung; Fügung; Voraussagung; Vorhersehung; Fatum * * * Zu|fall [ ts̮u:fal], der; [e]s, Zufälle [ ts̮u:fɛlə]: etwas, was man nicht vorausgesehen hat, wofür keine Ursache, kein Zusammenhang, keine Gesetzmäßigkeit erkennbar ist:… …   Universal-Lexikon

  • Zufall — Vom Zufall spricht man dann, wenn für ein einzelnes Ereignis oder das Zusammentreffen von mehreren Ereignissen keine kausale Erklärung gegeben werden kann. Als kausale Erklärungen für Ereignisse kommen in erster Linie allgemeine Gesetzmäßigkeiten …   Deutsch Wikipedia

  • Zufall — 1. Dat is n Tofall, zwölf I r, un dörtühn Küken. – Schlingmann, 1363. 2. Der Zufall bringt oft weiter als Klugheit. 3. Der Zufall ist der beste Köder, drum angle unverdrossen jeder. Lat.: Casus ubique valet, semper tibi pendeat hamus, quo minime… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

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