Amerikanische Sprachen

Amerikanische Sprachen

Amerikanische Sprachen. Die Ureinwohner Amerikas zerfallen zwar in eine große Menge verschiedener Stämme u. Völkerschaften, doch zeichnet sich ihre Sprache fast ohne Ausnahme durch eine, von denen des Alten Continents u. Oceaniens gänzlich verschiedene Bildung aus, welche man die polysynthetische genannt hat. Sie sind reich an Wörtern u. grammatischen Formen, u. es herrschen in ihrer vielfachen Zusammensetzung, die größte Ordnung, Methode u. Regelmäßigkeit. Diese vielfachen (poly-synthetischen) Formen bestehen theils in eigenthümlichen Bildungen zusammengesetzter, oft einen ganzen Satz umfassender Wörter, theils in besonderen Conjugationsformen, womit sowohl negative, reflexive, causative u. a. Verba, als auch Pronominalobjecte ausgedrückt werden. Die amerikanischen Sprachen zerfallen in geographischer Hinsicht in 3 Hauptabtheilungen: 1) von den nordamerikanischen Sprachen sind folgende Stämme zu bemerken: a) die Karalitsprache (s.d.) im höchsten Norden, welche aa) in den Grönländischen u. bb) Eskimoischen Dialekt zerfällt. Mit ihr verwandt sind auch die Sprachen der Tschugazzen, Konägen u. seßhaften Tschuktschen; b) der Irokesische Stamm an der Ost- u. Westseite des Mississippi u. an den Seen; zu ihm gehören die Sprachen der 6 Nationen (Mohawk, Seneka, Onondagos, Oneidas, Cayugas u. Tuscarora), der Huronen, Wyandots, Winnebagos u. a.; c) der Lenape-Stamm in den weitläufigen Landstrichen von Canada von der Küste Labrador bis an die Mündung des Albanyflusses u. von hier bis an den Waldsee, der am weitesten verbreitete Sprachstamm diesseit des Mississippi; zu[414] ihm gehören die Mohegan- (s.d.), Miami- (s.d.), Delaware-, Minsi-, Shawanesische, Nantikokische Naraganset-, Massachusetts- od. Natick- (s.d.), Penobscot-, Abenakische, Algonquinische, Chippewäische u. Knisteneaux-Sprache; d) die Sprache der Sioux (Nadowessier, Dacotas) u. Osagen; e) der Floridastamm im Süden der Vereinigten Staaten, wozu die Sprachen der Creeks od. Musk Ohge, Chickesah, Choktah (s.d.), Pascagoula u. Cherokesen (s.d.) gehören. Weniger bekannt sind die Sprachen der Mandans, Mönnitarries, Pawnis u. a. Völkerschaften im Westen des Mississippi; auch werden noch an der Westküste von Nordamerika, im Norden von Neumexico u. in Californien mehrere größtentheils unbekannte Sprachen, wie die der Apaches, Waieuren, Nutkasund-Indianer, Koluschen, Kinai u. a. gesprochen. 2) Unter den mittelamerikanischen Sprachen sind zu bemerken: a) der Poconchi-Stamm, wozu außer dem eigentlichen Poconchi (s.d.) in Guatemala, die Kacchi-, Kacchikil- u. Maya- od. Yucatan- (s.d.) Sprachen gehören; b) die Sprachen des Plateaus von Mexico, namentlich die Mixteca- (s.d.), Totonaca- (s.d.), Mexicanische (s.d.), Huasteca- (s.d.), Othomi- (s.d.), Pirinda- u. Tarasca-Sprache; c) die Sprachen nördlich von Mexico, unter denen die Cora-, mit der mexicanischen verwandt, die Tepehuanische, Tarahumarische u. Pima-Sprache zu erwähnen sind. Die Sprachen der Eingeborenen auf den Antillen sind ausgestorben. 3) In Süd-Amerika sind folgende Sprachstämme od. Sprachengruppen zu unterscheiden: a) die Sprachen der nordwestlichen Gebirgsländer bis zur Landenge Darien, unter denen die Muysca noch am bekanntesten ist, sind ausgestorben; b) die Tamanakische (s.d.), Arawakische (s.d.) u. Karaibische (s.d.) Sprache an der Nordküste; c) die Sprachen der Völkerschaften um den Casanare u. oberen Orinoco, der Yarura, Betoi (mit den Situsa u. Girari) u. Ottomaken; d) die Sprachen der Völkerschaften zwischen dem Rio Negro u. oberen Orinoco, unter denen die Maipuri (s.d.) u. Salivi am bekanntesten sind; e) die Sprachen der Aguanos, Mainas, Yameos, Omaguas u. a. im Osten von Quito bis zum Rio Negro hin; f) die Sprachen im Osten von Peru als die Zamuca-, Chiquito-, Moxos-Sprache u. a.; g) die Sprachen Perus, namentlich die Quichua (s.d.) u. Aymara. (s.d.); h) die Sprachen der Völker an der Westseite des Paraguay bis zum nördlichen Chaco hinauf, unter denen die Mbaya (s.d.), Abiponische, Makobi u. Lule die wichtigsten sind; die brasilischen Sprachen, deren man, mit Ausnahme der sogleich zu erwähnenden Tupisprache, 51 gezählt hat, von denen aber wenig od. nichts als die Namen bekannt sind; k) der Guaranistamm (s.d.), wozu auch die Sprache der Tupi (s.d.) od. Ureinwohner Brasiliens gehört; 1) die Sprachen verschiedener Völkerstämme an der Ostküste zwischen dem Rio de Plata u. Marañon, wie der Charrua, Yaro, Kasigua u. a.; m) die Sprachen der Südspitze, worunter die der Araucanen (s.d.), auch Moluchen genannt, in Chili am bekanntesten ist.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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