- Bartgeier
Bartgeier (Geieradler, Gypaëtus), Raubvogel aus der Familie der Geier, den Übergang zu den Adlern bildend, mit starkem, an der Kuppe gewölbtem Schnabel, an den Nasenlöchern mit steifen Borsten. Unter dem Kinne ein nach vorn gerichteter Bart von steifborstigen Federn; Kopf u. Hals befiedert; Klauen ziemlich schwach; Flügel lang u. halb vom Leibe abstehend; Kropf hervortretend. Man kennt mit Sicherheit nur eine Art, den gemeinen B. (Geieradler, Lämmergeier, G. barbatus), u. diese lebt auf den Pyrenäen, Alpen, findet sich schon in den Schweizer Vorgebirgen u. kommt von da sogar bis Deutschland, lebt aber auch in Westasien u. Nordafrika, ist ein gewaltiger Räuber, welcher Gemsen, Ziegen, Schafe u. dergl. anfällt u. sogar kleine Kinder rauben soll, wenn die Sage sich nicht auf den Steinadler bezieht, der in der Schweiz auch Geieradler genannt wird. Gleich seinem amerikanischen Verwandten, dem Condor, schwebt er hoch über den Schneeregionen, die Luft in mächtigen Kreisen gleichsam durchschwimmend, ja, er erhebt sich noch über die Alpengipfel hinaus u. durchspähet mit seinen funkelnden Augen die Felsen, Klüfte u. Thäler nach Beute, auf die er sich, wenn er sie erblickt, in pfeilschnellem Falle u. mit den mächtigen Flügeln durch die Lüfte sausend, herabstürzt. Die am Rande des Abgrundes stehende Gemse stößt er, sie plötzlich ergreifend u. mit Flügelschlägen betäubend, in demselben hinab, stürzt sich dann ihr nach u. zerreißt u. verschlingt sie. In die Lüfte mit sich nehmen kann er wegen der schwachen, nicht sehr krummen Klauen nur kleinere Thiere, wie Murmelthiere, junge Füchse, Hunde u. Lämmer. Er legt gewöhnlich auf seinem Horst, der sich meist auf unersteiglichen Felsengipfeln befindet, 3–4 weiße, rostgelb gefleckte Eier. Er ist auf der Oberseite schwarzbraun mit weißen Schaftstrichen, unten rostgelb, am Halse hinten weißlich, vorn weiß u. rostfarben. bei Kopf ist weißlich, mit schwarzem Augenstreife. Die Jungen sind ganz braun; seine Länge beträgt 4 Fuß, das Weibchen ist sogar 41/2 F., Flügelweite 10 Fuß.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.