- Pyrenäen
Pyrenäen (von den Alten vom gr. πῦρ [Feuer] abgeleitet, weil einst durch einen, durch die Schuld eines Hirten veranlaßten großen Waldbrand das Silber in dem Gebirg geschmolzen u. ganze Bäche gediegenen Silbers durch dasselbe geflossen sein sollen; nach And. genannt nach der bebrycischen Königstochter Pyrene; wahrscheinlich vom celtischen byrin, bryn, d. i. Berg), 1) (Pyrene, Pyreneai montes, Pyrenaeus saltus, Pyrenaeum jugum, a. Geogr.), das Hauptgebirg Hispaniens u. nächst den Alpen u. den Sarmatischen Gebirgen das höchste Europas, erstreckte sich von Südosten nach Nordwesten zwischen Hispanien u. Gallien in einer Länge von 3000 Stadien, nach And. 600 römische Milliarien; sie waren auf der Seite nach Gallien zu kahl, rauh u. steil abfallend, auf der nach Hispanien aber sanft abgedacht, dicht bewaldet u. von anmuthigen Thälern durchschnitten; nach Osten u. Westen sendeten sie in das Mittel- u. Atlantische Meer mehre Vorgebirge; im Innern waren sie reich an Metallen, bes. Gold, Silber, Eisen u. Blei; über sie führten zur römischen Zeit drei Straßen: nördlich bei Carasä (j. Garis), in der Nähe der Küste am Cantabrischen Meere, die noch jetzt gangbare Straße über die Bidassoa bei Fuentarabia; dann die von Cäsaraugusta (j. Saragossa) nach Beneharnum (j. Barega); u. südlich nahe an der Küste des Mittelmeeres bei Juncaria (j. Junquera), letztere war die frequenteste u. ist auch jetzt noch die Hauptstraße. Die westliche Fortsetzung der P. längs dem Cantabrischen Meere hieß Saltus Vasconum (j. Sierra de Orcano, S. de Angana u. S. de Sejos); 2) (n. Geogr.), ein in seinem Hauptkamm mit geringen Ausnahmen die politische Grenze zwischen Frankreich u. Spanien bildendes Kettengebirge, welches sich vom Cap de Creus am Mittelmeere 55 Meilen lang u. 7–15 Meilen breit (mit den angelagerten Mittelgebirgen bis zu 25 Meilen breit), bis zum Biscaischen Meerbusen hinzieht, aus der Ebene u. dem Hügellande des südwestlichen Frankreich frei aufsteigt u. im Süden durch die Gebirge von Aragonien u. Catalonien, im Westen aber unmittelbar mit den Gebirgen der Pyrenäischen Halbinsel in Verbindung steht. Die P. bestehen aus mehren parallelen Bergketten, von denen man zwei Hauptketten unterscheidet: die eine, als östliche Fortsetzung des Cantabrischen Gebirges von Westen kommend, erstreckt sich von der Bidassoa bis an die Noguera Pallaresa; die andere, welche nördlich von der vorigen an der Gave d'Ossau beginnt, läuft mit erster Kette im Abstande von 3–4 Mln. eine Strecke parallel, wird von der Garonne u. vielen kleinen Flüssen durchbrochen u. endigt im Osten in den Vorgebirgen von Norfeo u. Creus. Der wildeste u. höchste Theil des ganzen Gebirges, die Hoch- u. Mittelpyrenäen, liegt in dem Gebiet des parallelen Laufs beider Ketten, wo sich die Maladetta mit dem höchsten Berg der P., dem 10,722 Fuß hohen Pic de Nethou (od. Anelthou od. Malasita), der 10,482 Fuß hohe Mont Perdu (mit den andern Spitzen Astazu, Tres Sorellas etc.), der 10,374 Fuß hohe Cylindre du Marboré, der Pic de Vignemale (10,350 Fuß), der Tour du Marboré (10,114 F.), Pic long, 9972 F., Collat (Montcalm), 9960 F., Brioulles (Crabioulès), 9900 F., la Taillon, 9894 F., Treumouse, 9852 F., Pic de Neouville, 9696 F, Som de Soube, 9642 F., Claibide (Pic de Boata od. Briedous), 9396 F., Port di Oo, 9240 F., Pic d'Astagnon (Pic de la Serrère), 9096 F., Pic du Port de Siguier, 9024 F., Pic de Bigorre (Pic du Midi de Bigorre, Pic du Midi de Campan), 8940 F., Pic de Mont Vallier, 8680 F., Pic d'Arbizon, 8760 F., der Pic du Midi de Pau (9186 F.) u.a. sich erheben. Die nordöstlichste Kette steigt minder hoch auf u. bildet einen von vielen Querthälern durchschnittenen Wall; hier befinden sich der Pic du Midi de Barrèges (9036 F. hoch), der Pic de Gavisos (7932 F.) u.a. Die bei dem Thale von Aran als östlichste Fortsetzung dieser Kette beginnenden Ostpyrenäen erheben sich mit ihren Gipfeln in die Region des ewigen Schnees, bilden bis zur Quelle des Segre eine mächtige, undurchbrochene Felsenmauer, spalten u. zertheilen sich von da an vielfach u. werden gegen Osten immer niedriger; u. der 8580 Fuß hohe Canigou liegt als eine von der Hauptkette fast isolirte Gebirgsmasse außerhalb derselben. Die die westliche Fortsetzung der südwestlichen Kette der Mittelpyrenäen bildenden Westpyrenäen erreichen nirgends die Schneegrenze (ihr höchster Punkt der 7500 F. hohe Pic d' Anio), bilden östlich noch 6000 bis 7000 Fuß hohe Rücken u. werden nach Westen immer niedriger. Im Allgemeinen dehnen sich die P. nach Norden zu sanfter ab, als nach Süden, wo sie starke Terassenabsätze bilden, weshalb die Nordabhänge eine reiche Vegetation (Hochwaldungen, schöne Bergweiden) entwickeln, die Südabhänge dagegen ganz kahl, als ausgedörrte steile Felswände, höchstens mit niedrigem Gestrüpp erscheinen. Die Region des ewigen Schnees beginnt auf dem Nordabhange mit 7900 F., auf dem Südabhange mit 8600 F. Höhe; doch finden[718] sich keine ausgedehnten Schneefelder, noch Eismeere od. Gletscher, sondern nur Schneekoppen. Der Gebirgsstock ist Granit, mit Kalk, Sandstein u. Quarz. Über sie gehen drei Hauptpässe, welche mit Kanonen u. Wagen befahren werden können, von St. Jean de Luz über Irun u. die Bidassoa nach Vitoria, von St. Jean Pied de Port nach Pamplona, von Perpignan über Junquera nach Gerona (am besuchtesten, sämmtlich schon den Römern bekannt, s. oben), die Rolandspforte von Bielsa nach Barreges ist beschwerlich; 28 für Pferde, außerdem noch eine große Menge nur für Fußgänger, im Ganzen 100, davon 75 in den Ostpyrenäen, gangbare. Die P. bringen Holz, gute Viehweiden, Wein (auf beiden Seiten, welcher durch Liegen in den Felsenkellern der P. bes. gut wird), Garten- u. Feldfrüchte, Bären, Wölfe, wenig Metalle, haben aber viel Mineralquellen (unter ihnen die berühmten Bäder von Bagnères de Bigorre u. von Barrèges). Die Bewohner beschäftigen sich mit Alpenwirthschaft, Leinweberei (Taschentücher, Mouchoirs de Bearn), Holzwaarenbereitung, wandern auch zur Arbeit aus. Die Schlacht in den P., eine Reihe Gefechte von den Franzosen unter Soult, welcher Pampeluna entsetzen wollte, vom 27.–31. Juli 1813 in den P., hauptsächlich bei den Dörfern Sorourem, Villaba, Huerta u. Ortiz gegen die Briten u. Spanier unter Wellington; s. u. Spanisch-portugiesischer Befreiungskrieg. Vgl. Lüdemann, Züge durch die P., Berl. 1825; Melling, Voyage pittoresque dans les P., Par. 1825; Arbanère, Tableau des P. françaises, Par. 1828, 2 Bde.; (Rhetz), Reise eines Norddeutschen durch die Hochpyrenäen, Lpz. 1843, 2 Thle.; Richard u. Quetin, Guide pittoresque et artiste aux P., 3. Aufl. Par. 1847. Von den P. haben die drei französischen Departements Ober-, Nieder- u. Ostpyrenäen den Namen (s.d. a.). 3) Südliche P., Gebirgszug in der englischen Colonie Victoria (Australien), reich an Goldlagern.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.