Strecke

Strecke

Strecke, 1) (Riemer), so v.w. Recke 2); 2) so v.w. Streckeisen 1); 3) eine gerade Linie von bestimmter Länge, daher 4) so v.w. Entfernung u. 5) ein schmaler Streifen Feld; 6) ein Stück einer Eisenbahn, bes. von einer solchen Länge, daß es von einem Bahnwärter od. Ingenieur überwacht werden kann; 7) beim Pflastern der Straßen eine Länge von 72 Fuß, nach welcher der Abfall gemessen wird; 8) ein beinahe horizontaler Grubenbau, welcher sich von einem Stollen dadurch unterscheidet, daß er nicht am Tage angefangen, sondern aus Schächten u. andern unterirdischen Bauten getrieben ist. Feldstrecken heißen die S-n, welche über dem Stollen liegen, u. Gezeugstrecken die, welche unterhalb des Stollens liegen. Jede Gezeugstrecke ist von der andern 24 Lachter Seigerteufe entfernt, u. zwischen ihnen liegen dann die Mittelstrecken. Außerdem hat man noch Grund-, Abbau-, schwebende, Förder- u. Auslaufstrecken, welche vom Füllorte eines Schachtes bis zur Hornstatt eines andern, da wo abgesetzte Schächte sind, gehen; 9) so v.w. Horchgänge, s. Mine 2) A); 10) (Streckmaschine, Zugmaschine, Lancinirstuhl), Spinnmaschine, welche das Strecken (s.d. 9) verrichtet. A) In der Baumwollspinnerei kommt das von der Kratze gelieferte Band auf eine 3–6 Paaren von Streckwalzen bestehende S., auf welcher es bedeutend in die Länge ausgedehnt wird, wobei sich zugleich die Fasern mehr parallel legen. Diese Behandlung wird 2–70mal wiederholt; das zur einmaligen Behandlung nöthige Walzensystem heißt ein Kopf; es liegen bei den S-n 3–8 Köpfe auf der das Obergestell der S. bildenden gußeisernen Bank (dem Cylinderbaume). Weil sonst das gestreckte Band zu dünn werden würde, duplirt man, d.h. man läßt 4–8 Bänder zugleich in die Streckwalzen einlaufen u. theils unter den Streckwalzen selbst vereinigen, theils dadurch, daß das duplirte u. gestreckte u. deshalb gleichmäßiger gewordene Band von zwei gußeisernen Zugwalzen (Abzugwalzen) durch einen messingenen Trichter herausgezogen wird; die aus dem Trichter kommenden Bänder werden in Kannen od. Körben aufgefangen u. dem nächsten Kopf vorgelegt. Bei dreicylindrigen S-n ist die Umfangsgeschwindigkeit des zweiten Paares 13/4–21/4mal, die des dritten Paares 5–6mal so groß als die des ersten. Man richtet die S. gern so ein, daß sie von selbst still steht, wenn ein Band reißt (S. mit Selbstabstellung od. Selbstauslösung). Oft drückt man das Band durch ein auf- u. niedergehendes Gewicht fest in die Kannen ein, welche dann Preßtöpfe heißen. Die Molettenstrecke hat anstatt der Abzugwalzen 2 Moletten (s.d. d) u. wickelt das Band oft auf eine große Spule. Die Pressionsstrecke wickelt das Band in epicycloidischen Windungen rund um eine stehende eiserne Spindel u. preßt es dabei stark zusammen. Die sonst gebräuchliche Spiralstrecke wickelte das Band in Spiralwindungen zu einer Spule auf. Die Spulenstrecke hat Flügelspindeln mit Spule u. gibt dem auf diese aufgewickelten Bande eine schwache Drehung, ebenfalls um das Band etwas zu verdichten. In großen Spinnereien haben die S-n 4–6 Streckwalzenpaare hinter einander u. die Riffelwalze besteht aus 6–15 Gängen, d.h. unmittelbar zusammenhängenden, kürzeren Walzen; die so gleichzeitig gelieferten 6–15 Bänder werden auf einer Kanalmaschine zu einem Wickel (ein auf einem Polycylinder aufgerolltes sehr breites Band) vereinigt; solche S-n (Kanalstrecken) gestatten ein sehr starkes Dupliren. B) In der Flachsspinnerei bedient man sich schon zur ersten Bandbildung (vgl. Fachs III. b) a) einer S. Jetzt zieht man die Schraubenstrecke vor, bei welcher der von den Einführungswalzen gelieferte Hanf von Hechelstäben (d.h. mit Hechelzähnen besetzte Metallstäbchen), erfaßt wird, welche durch 2 parallele Schraubenspindeln regelmäßig vorwärts bewegt werden; 2 Streckwalzen, (Ausziehwalzen) mit etwas größerer Umfangsgeschwindigkeit nehmen den Flachs aus den Hechelzähnen u. strecken ihn dabei; eine weitere geringe Streckung bewirken die noch folgenden 2 Paar Walzen. Bei dem darauf folgenden Dupliren u. Strecken werden ganz ähnliche Maschinen angewendet. Bei den S-n zum Spinnen des Wergs sitzen die Hecheln manchmal auf dem Umkreise eines sich drehenden horizontalen Cylinders, u. solche S-n heißen Igelstrecken. C) Die in der Kammwollspinnerei nach englischem System angewendeten S-n haben in jedem Kopfe nur 2 Paar Streckwalzen von größerem Durchmesser u. stehen wegen der Länge der Wolle weiter auseinander als bei den Baumwollstrecken, und zwischen den Walzen wird die Wolle[916] theils durch eine Stachelwalze (Igel), theils durch eine Reihe Kammstäbe, theils durch glatte, nur schwach ziehende Walzen unterstützt; beim deutschen Systeme hat die S. in jedem Kopfe 2 Streckwalzenpaare u. zwischen diesen eine Stachelwalze (Kammwalze); beim französischen Systeme sind in der S. 2 Streckwalzenpaare, eine Kammwalze u. noch ein drittes Streckwalzenpaar vorhanden.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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