Meer [1]

Meer [1]

Meer, 1) die große Wassermasse, welche, unter sich (als Weltmeer, Ocean) im Zusammenhang, den größeren Theil des festen Erdkörpers überdeckt u., so weit sie reicht, denselben, bis auf unerhebliche Unterschiede, so ausglättet, daß sie in Bezug auf die darüber hervorragenden Landtheile als eine Ebene (Meeresspiegel) genommen wird, von welcher aus die Landeserhöhungen gemessen werden. Beinahe 3/4 der gesammten Erdoberfläche sind vom M. bedeckt, da das feste Land nur 2,423,700 QM., das M. aber 6,636,800 QM. (nach Berghaus) einnimmt. Die Eintheilung des Meeres in den Stillen (Großen), den Indischen u. den Atlantischen Ocean u. in das Nördliche u. Südliche Eismeer ist eine rein physikalisch-geographische. Die Tiefe des Meeres ist eben so verschieden, als die Erhebung der Einzeltheile des festen Landes über dasselbe. Daß die größten Tiefen des Meeres den größten Bergerhöhungen des Festlandes nicht nachstehen, war man geneigt schon früher anzunehmen, doch in der Neuzeit ist es gelungen, durch zuverlässigere Messungen Tiefen zu finden, welche die höchsten Berggipfel der Erde um viele Tausend Fuß übersteigen; so wurde im Stillen Ocean vom Capitän Ringgold in der südlichen Hemisphäre an einer Stelle erst bei 48,000 Fuß Grund gefunden, im Atlantischen Ocean fand man südlich von den Neufoundlandsbänken erst bei 25,000 Fuß den Grund. Eine durchschnittliche Tiefe des Meeres bei der so unvollkommenen Kenntniß des Reliefs des Meeresbodens berechnen zu wollen, kann auch nicht zur geringsten Annäherung an die Wirklichkeit führen. Die Meerestiefen werden theils mittelst eines Senklothes gemessen, theils nach der Geschwindigkeit, mit welcher sich die Fluthwellen des Meeres bewegen, berechnet (je tiefer das M. ist, desto geschwinder bewegen sich die Fluthwellen). Nach diesen Bewegungsgeschwindigkeiten hat man die mittlere Tiefe des Atlantischen Oceans zu 14,400, die des Stillen Oceans zu 19,200[70] Fuß berechnet. Meist entsprechen die Senkungen des Meeresbodens denen des angrenzenden Festlandes, so daß ein flach auslaufendes Land auch einen flachen Meeresgrund, ein steil u. klippig auslaufendes auch gleich vom Ufer aus einen tiefen Meeresboden andeutet. Liegt flacher Meeresboden so niedrig unter der Meeresoberfläche, daß Schiffe auf ihn stoßen, so bildet er, in der Schiffersprache, Untiefen. Ein solcher Boden erstreckt sich häufig von Küsten weit in das M. hinein; ist eine solche Stelle mit Sand überdeckt, so nennt man sie Sandbank; durch Aufschwemmen von dergleichen Sand an die Ufer entstehen Dünen, als natürliche Erdwälle, die dann, um dem Meere noch culturfähiges Land abzugewinnen, durch künstliche Deiche verstärkt werden. Der klippige Meeresgrund bietet ganze Züge von Erhöhungen mit Vertiefungen dazwischen dar, deren Gipfel theils mit weichem, der Cultur fähigem Boden, als Inseln, od. schroff, als Klippen, über dem Meere hervorragen (vgl. Risse). Die Beschaffenheit des Meeresbodens bestimmt zunächst auch die Form der Meeresufer. Bildet das Ufer große Einbiegungen in das Land, so entstehen Meerbusen od. Golfe (wie der von Mexico, der Bengalische Meerbusen etc.); kleine Einbiegungen nennt man Baien (wie die Chesapeake-Bai u.a., doch werden auch einige große Meerbusen, wie die Hudsons- u. Bassins-Bai, so bezeichnet); noch kleinere Einbiegungen nennt man Buchten, Fjorde u. Wyk. Bietet eine flach einschneidende Bucht guten Ankergrund u. einigen Schutz gegen die Winde, so heißt sie Rhede; geht die Bucht tiefer ins Land hinein, so daß sie, ganz vom Lande umschlossen, den Schiffen ruhiges Wasser u. Sicherheit vor allen Winden bietet, so heißt sie Hafen.

Das Meerwasser enthält verschiedene Salze aufgelöst, unter denen das Kochsalz der vorwaltende Bestandtheil ist u. dem Meerwasser den Geschmack ertheilt, wonach es auch im Gegensatz zu dem süßen Wasser der Quellen u. Flüsse des Landes Salzwasser genannt wird. Obgleich das Meerwasser nicht überall auf der Erdoberfläche dieselbe Quantität von Salzen aufgelöst u. nach einzelnen Localitäten zufällig beigemischte Substanzen enthält, so herrscht doch in seiner chemischen Zusammensetzung eine merkwürdige Gleichförmigkeit durch den unermeßlichen Raum seiner Ausdehnung. Überall enthält es Chlornatrium (Kochsalz) u. Chlormagnesium (salzsaure Talkerde) als vorwaltende Bestandtheile. Außerdem finden sich darin noch Verbindungen von Schwefelsäure u. Chlor mit Talkerde, Kalkerde u. Kali, über deren Gruppirungen die bisherigen Analysen jedoch noch keinen bestimmten Aufschluß geben. Im Durchschnitt enthalten 100 Theile Meerwasser 3 Theile Salz (das Minimum ergab 1, das Maximum 4,5 Theile), von den übrigen Stoffen beträgt keiner 1 Hunderttheil. Im Allgemeinen ist der Salzgehalt des Atlantischen Oceans ein größerer, als der des Stillen Oceans. Die ganze Zusammensetzung, so verschieden sie auch an einzelnen Orten ist, erklärt es hinreichend, warum das Meerwasser seinen eigenthümlichen, nicht nur salzigen, sondern zugleich auch bitteren u. öligen, Ekel erregenden Geschmack hat u., statt den Durst zu löschen, ihn nur noch vermehrt; ebenso, warum es für manche Fälle als Brech- u. Auflösungsmittel angewendet werden kann. Zu vielen mit Süßwasser erreichbaren Zwecken ist es, vermöge seiner Bestandtheile, durchaus untauglich, so eignet es sich nicht zum Waschen, da es die Seife fast gar nicht auflöst, u. die damit gewaschenen Zeuge sind nach völliger Trockenheit für die in der Luft enthaltenen Dünste so empfänglich, daß sie sogleich wieder feucht werden; damit genetzte Kleider aber wirken in eigenthümlich wärmender Weise der durch Regen erzeugten Erkältung entgegen. In dem Salzgehalte des Meerwassers liegt hauptsächlich der Grund zu dessen schwererem specifischem Gewicht, welches sich zu dem des Süßwassers wie 1,028: 1,000 im Mittel verhält, d.h. wenn 1 Cubikfuß Süßwasser 62 Pfund wiegt, so wiegt das Meerwasser 63,7 Pfund, u. daraus geht hervor, daß das Meerwasser größere Lasten zu tragen vermag, als das Süßwasser. Vielfältig hat man sich damit beschäftigt, den Versuch einer Erklärung zu machen, woher der Salzgehalt des Meeres komme; die Einen glauben, er sei ihm von Uranfang eigen u. die mächtigen Steinsalzlager der Erde seien Bildungen des Meeres; die Andern wollen darthun, daß die noch fortdauernde Auflösung der plutonisch gebildeten Steinsalzlager dem Meere seinen Salzgehalt gebe. Außer den angeführten mineralischen Substanzen enthält das Meerwasser in der Regel eine Verunreinigung von organischen, wahrscheinlich aus der Zersetzung thierischer u. vegetabilischer Körper herrührenden Bestandtheilen, welche in einigen Gegenden in besonderer Menge vorhanden sind u. da, wo an den Küsten heißer Länder das Meerwasser über Untiefen längere Zeit ruhig steht, durch ihre Ausdünstungen furchtbare Miasmen erzeugen, welche das Klima solcher Küsten so verderblich machen. Von diesen organischen Substanzen rührt wahrscheinlich auch der Gehalt von Schwefelwasserstoff her, welcher sich in stehendem Meerwasser an den Flachküsten tropischer Länder findet. Oft verleihen diese organischen Substanzen dem Meere wohl auch eine besondere Farbe, bald röthlich, bald gelblich, bald milchweiß. Über die Mittel, das Meerwasser trinkbar zu machen, sind viele Versuche angestellt worden, deren Resultat ist, daß man zwar die der Fäulniß unterworfenen Stoffe, eben so wie den Salzgehalt daraus entfernen kann, aber nur durch mühsame Vorkehrungen. Sowohl des Salzgehaltes, als seiner steten Bewegung wegen, friert Meerwasser nur bei kälterer Temperatur, als Süßwasser (ruhiges erst bei – 1,8° R.); doch friert das M. unter hohen Breitengraden in jedem Winter; daher die hier im M. sich bildenden Eisbänke.

Das M. erhält unaufhörlich durch die vom festen Lande aus in dasselbe sich ergießenden Ströme, einen ansehnlichen Zugang von Wasser; noch erheblicher ist bei seiner großen Verbreitung der Zugang, den es unmittelbar durch Regenströme bekommt; gleichwohl gleicht dieser Zugang sich durch unaufhörliche Verdunstung des Wassers völlig aus. Man hat von Beobachtungen, nach denen sich das M. auf einzelnen Küsten in einem längeren Laufe von Zeit zurückgezogen hat, auf ein allmäliges Abnehmen des Meeres schließen wollen; dagegen muß man aber in Anschlag bringen, daß an anderen Küsten Erdtheile abgewaschen werden u. das M. hier neue Eroberungen macht, u. daß sich auch einzelne Küstenstrecken durch den Druck vulkanischer Kräfte allmälig in die Höhe heben. Auch thut das Anschwemmen von Gerölle sehr viel zu dieser vermeinten Abnahme, da es viele Orte gibt, welche im Alterthum, u. selbst noch im Mittelalter Hafenplätze waren n.[71] jetzt stundenweit vom Ufer liegen. Durch den Wind in Bewegung gesetzt, ist das M. bei der großen Fläche, welche es darbietet, mehr als andere Wasserflächen der Bildung von Wellen unterworfen, welche in ihrer Mächtigkeit als Meereswogen bezeichnet werden. In meist von Landstrecken umgebenen Meeresgegenden erreichen sie keine sehr bedeutende Höhe, auf offenem M. aber wachsen sie, bei großen Stürmen, bis auf mehr als 40 Fuß an, wobei man aber nur die Hälfte auf den eigentlichen Wellenberg, eben so viel dagegen auf das Thal der Wellen, od. die Vertiefung des Meeres unter der Horizontalfläche, rechnen muß. An steilen Ufern dagegen od. Leuchtthürmen u. anderen Hafenbauten erreichen die Wellen oft eine erstaunliche Steigerung der Höhe u. erheben sich nicht selten bis 100 Fuß hoch an den senkrechten Wänden auf. Von steilen Küsten zurückgeworfen bilden die Wogen Brandungen. Wegen der Ungleichheit der Oscillation der Wogen (wie der Wellen überhaupt) holt jede folgende die vorhergehende ein u. vergrößert sie, wie sie selbst wieder durch die ihr folgende vergrößert wird, bis diese Erhöhung so weit ansteigt, daß sie nach hydraulischen Gesetzen überstürzen muß. Meist geschieht dies bei der siebenten, achten u. zehnten Woge. Auf gleiche Weise erheben sich durch Rückschlag aus der Tiefe die Wogen aus Untiefen u. verborgenen Felsen u. bilden Wasserwände 10 bis 12 Fuß hoch. Die Größe der Meereswogen erreicht erst ihr Maximum, wenn der Sturm sich gelegt hat; dies wird dann hohle See genannt; dieses Wellenspiel wird blos durch Oscillation des Wassers (in Art wie bei einem Pendel) unterhalten. Auf einer mäßigen Fläche wird daher dies Wogen durch ausgegossenes Öl unterbrochen; doch ist im Großen. davon keine Anwendung zu machen. Eine andere dem M. eigenthümliche Bewegung ist die täglich zweimalige Ebbe u. Fluth (s.d.).

Die dritte Art der Bewegung des Meeres sind die Meeresströme, d.h. diejenigen oceanischen Strömungen, welche in bestimmter Breite das M. flußartig in verschiedenen Richtungen durchschneiden, während nahe Wasserschichten unbewegt gleichsam das Ufer bilden. Die Anzahl derselben ist sehr groß u. erst dem geringeren Theile nach bekannt. Einige derselben sind sehr lang u. breit, andere kurz u. schmal; manche laufen in größeren od. kleineren Umwegen in sich zurück, einige reichen bis zum Meeresboden u. heißen dann ganze Ströme, andere sind nur oberflächlich u. heißen Oberströme u. noch andere, Unterströme, fließen nur in den Tiefen des Meeres. An manchen Stellen fließen die Unterströme in einer der über ihnen hinströmenden Oberströme entgegengesetzten Richtung, an anderen Stellen fließen zwei Oberströme in entgegengesetzter Richtung dicht nebeneinander vorbei. Die Breite der Strömungen beträgt bisweilen bis 50 u. mehr Meilen, ihre Länge erstreckt sich zuweilen über ganze Meere, von Continent zu Continent, oft aber sind sie auch nur auf einzelne Stellen, Meerengen u. Kanäle beschränkt. Die Geschwindigkeit dieser Strömungen ist sehr verschieden, bisweilen aber bedeutend, selbst reißend. Hinsichtlich ihrer Dauer sind die Strömungen theils beständige, theils wechselnde, die letzteren theils periodische, theils veränderliche. Nach dem Gebiete endlich, über das sie sich erstrecken, unterscheidet man allgemeine u. besondere Strömungen. Die Ursachen dieser Strömungen sind verschiedener Art; die allgemeinen Ursachen sind: die Achsendrehung der Erde, die Anziehung von Sonne u. Mond, die Ebbe u. Fluth, die Winde u. hauptsächlich der Unterschied der Temperatur u. des Luftdruckes; besondere Ursachen sind: die Gestaltung der Küsten, die Verschiedenheit der Meerestiefen u. die Beschaffenheit des Meeresbodens. Allgemeine Strömungen rechnet man zwei, die Äquatorialströmung die allgemeine Bewegung der Meere zwischen den Wendekreisen von Ost nach West, welche man regelmäßig sowohl im Atlantischen Ocean, als im Stillen Ocean bemerkt; u. die Polarströmungen, d.i. die Bewegung des Meerwassers von den Polen zum Äquator. Die Äquatorialströmung, verbunden mit der Polarströmung, bringt, auf vielfache Weise verschlungen, durch die Art der Vertheilung des Festlandes auf der Erdoberfläche, eine Art von Kreislauf durch die Meere hervor. Im Atlantischen Ocean beginnt die Äquatorialströmung etwa unter dem Wendekreise des Krebses u. strömt in südwestlicher Richtung Anfangs längs der Afrikanischen Küste u. dann gegen die Ostspitze Südamerikas, das Cap St. Roque, wo sie sich spaltet. Die eine Hälfte strömt südlich hinab zur Südspitze Amerikas; der andere Strom geht nördlich nach dem Caraibischen Meere u. in den Mexicanischen Meerbusen, den er ganz umfließt u. aus dem er um die Südspitze der Halbinsel Florida herum als Golfstrom hervortritt. Dieser Golfstrom folgt nun nordwärts der Küste Amerikas, geht von der Insel Neufundland, wo er einem Polarstrome begegnet, sodann nach Osten u. ergießt sich, an Breite zu-, an Geschwindigkeit aber abnehmend, mit einem nördlichen Theile gegen die Küsten von Schottland, Island u. Norwegen, mit einem südlichen Arme aber wieder an dem Ausgangspunkte der Äquatorialströmung. Doch außer diesem Hauptzuge der atlantischen Äquatorialströmung bestehen noch eine Menge, zum Theil entgegengesetzter Ströme, die trotz aller Untersuchungen noch nicht in ein System haben gebracht werden können. Der von Norden kommende Polarstrom des Atlantischen Meeres kommt an der Ostküste Grönlands herab u. fließt bis nach Neufundland; die von Süden kommende Polarströmung ist noch wenig gekannt, macht sich aber bes. an der Küste des südlichen Afrika bemerkbar u. führt ihr Wasser dem Äquatorialstrome zu. Im Stillen Ocean beginnt die Äquatorialströmung in der Nähe der Küste von Südamerika, fließt mit ihrem nördlichen Theile an die Küste von China u. wendet sich dann nordwärts nach den Japanischen Inseln, wo sie mit der von Norden kommenden Polarströmung zusammentrifft, mit ihrem mittleren Theile bespült sie die zahlreichen Inselgruppen dieses Oceans u. führt ihr Wasser durch die Sundastraße dem Indischen Ocean zu, mit ihrem südlichen Theile trifft sie die Küsten von Neuguinea u. Australien. Die arktische Polarströmung in der Südsee kommt an den Küsten Asiens herab bis nach Japan, die antarktische wendet sich nach den Küsten von Chile u. Peru. Im Indischen Ocean findet sich eine dem Golfstrome sehr ähnliche Strömung, welche um die Halbinsel Malacca nordöstlich an den Küsten China's hinabwogt u. sich mit der Äquatorialströmung des Stillen Oceans vereint; der antarktische Strom des Indischen Oceans berührt die Süd- u. Südwestküste Australiens, dann die Küsten von Sumatra u. Java, nimmt den Südseestrom, welcher sich durch die Sundastraße ergießt, auf, läuft dann[72] durch den Meerbusen von Bengalen u. längs der Küsten Vorderindiens u. wend et sich von Teylon aus nach der Ostküste Afrika's, wo er südwärts um das Cap der Guten Hoffnung geht u. in den Atlantischen Ocean eintritt. Die Geschwindigkeit des Wassers in diesen oceanischen Strömen ist sehr verschieden, bei allen aber bedeutend genug, um auf die Schifffahrt vom wesentlichsten Einflusse zu sein. Eine der stärksten Strömungen hat der Golfstrom an den Küsten Florida's, der bisweilen bis 120 Seemeilen in 24 Stunden zurücklegt. Die mittlere Geschwindigkeit der Äquatorialströmungen beträgt 9–10 Seemeilen in 24 Stunden. Von noch größerer Bedeutung als für die Schifffahrt sind die Meeresströmungen auf die klimatischen Verhältnisse der von ihnen berührten Meere u. Länder u. auf die Vertheilung der Pflanzen über die Erde, so daß man nicht mit Unrecht sie die großen Pulsadern der Erde genannt hat. Wird ein Meeresstrom an einem Felsen od. Riff gebrochen u. abgelenkt, u. die abgelenkte Wassermasse durch eine neue Strömung od. Küste von Neuem zurückgeworfen, so entsteht ein Meerstrudel, ein Kreislauf, der in der Mitte eine trichterförmige Vertiefung bildet, in welcher sich das Wasser mit reißenden Windungen nach der Tiefe drängt.

Die Temperatur des Meeres hängt, wie die des Landes, von der geographischen Breite u. von den Jahreszeiten ab, ist aber im Allgemeinen viel gleichmäßiger, denn der Wechsel der Tages- u. Jahreszeiten bringt auf offenem Meere einen nur halb, oft nur ein Fünftel so großen Temperaturwechsel hervor, als auf dem Festlande. In der Nähe der Küsten, wo der Einfluß des Landes unmittelbar u. größer ist, wird der Wechsel bedeutender. Für das Klima der verschiedenen Zonen gilt dasselbe Gesetz. Nur die Tiefe macht einen Unterschied. Im Allgemeinen sinkt die Temperatur der Oberfläche des Meeres nach Maßgabe der zunehmenden Breite, u. es kann als Gesetz gelten, daß sie der mittleren Temperatur der jedesmaligen Orte lehr gleich ist, dieselbe jedoch meist etwas übertrifft. Das größte Maß der Wärme beträgt bis 32° R., wird aber nicht nur unter dem Äquator, sondern auch auf einer den Äquator je nach dem Stande der Sonne unter veränderlichem Winkel schneidenden Linie gefunden; von dieser Linie an nach den Polen hin nimmt die Temperatur ab, soweit Abweichungen hiervon nicht durch Strömungen bedingt werden, welche entweder erwärmtes Wasser nach den Polargegenden ihm, od. kaltes Wasser von den Polen her nach dem Äquator führen. Vermittelst eigenthümlicher Thermometer, die sich selbst registriren (Thermometrographen od. Registerthermometer) hat man auch die Temperatur des Meeres unter seiner Oberfläche ermittelt u. als allgemeine Regel gefunden, daß die Temperatur überall mit der Tiefe abnimmt. Ausnahme bilden nur diejenigen Stellen, wo das Wasser durch submarine Vulkane erhitzt wird u. unter Schichten von geringerer Temperatur wieder wärmere gefunden werden. Die Annahme, daß in den Polarmeeren das Wasser an der Oberfläche am kältesten sei, ist ungegründet, weil der Natur der Sache nach das wärmere, mithin leichtere Wasser immer aufsteigen muß u. nur dann in größeren Tiefen gefunden werden kann, wenn es dort unmittelbar erwärmt od. durch heftige Strömungen am Aufsteigen gehindert wird. Die Wärme des Meeres nimmt ferner nach der Tiefe hin um so stärker ab, je höher die Temperatur der Oberfläche ist, zeigt mithin in der äquatorialen Zone den größten Temperaturunterschied. Wenn in den polaren Gegenden das Wasser in der Tiefe nicht gefriert, so hat das seine Ursache darin, daß das Wasser seine größte Dichtigkeit u. mithin auch Schwere bei + 4,1° C. (3,28° lt.) hat. Sobald eine Wassermasse diese Temperatur in allen ihren Schichten angenommen hat, kann nur noch die oberste derselben kälter werden, wobei sich das Wasser wieder ausdehnt u. leichter wird, bis es zu Eis geworden ist u. nun oben bleiben muß, wodurch es die Kälte von den übrigen tieferen Wasserschichten abhält.

Die Farbe des Meeres erscheint, wo es nicht durch fremde Beimischungen ungewöhnlich gefärbt ist, über größeren Tiefen u. bei heitrem Wetter meist in einer eigenthümlichen grünlichen Färbung, welche man Meergrün nennt. Es ist zwar nicht zu bezweifeln, daß die Beschaffenheit des Himmels über dem Meere u. die des Bodens unter demselben von wesentlichem Einfluß auf dessen Färbung sind, doch darf das Meerwasser nicht als farblos angesehen werden, nach Scoresby u. Humboldt ist ihm vielmehr eine blaue Tinte (Ultramarin) eigen, welche von dem Reflex des Himmels fast unabhängig ist. Dessenungeachtet besitzt das Meerwasser eine außerordentliche Durchsichtigkeit, welche die des Süßwassers weit übertrifft. Im Allgemeinen nimmt die Durchsichtigkeit mit der Entfernung von den Küsten zu u. ist in hohen Breitengraden größer als in den tropischen Gegenden, weil in letzteren mehr organische Substanzen vorhanden sind. Im nördlichen Eismeer hat man die Muscheln auf dem Meeresboden bei 480 Fuß Tiefe erkennen können; doch auch in der Tropenzone zeichnen sich einzelne Meerestheile durch ihre Klarheit des Wassers aus, so namentlich das Caraibische Meer. Den Lichtverlust im Seewasser setzt man für eine Schicht von 10 Fuß gleich 5: 3,5 u. folgert daraus in einer Tiefe von 679 Fuß eine völlige Undurchsichtigkeit desselben. Die blaue Farbe des Meeres, welche nach Humboldt unter den Tropen stärker ist, als unter hohen Breiten, ändert sich mit der Abnahme der Tiefe nach den Küsten hin, weil alsdann mehr weißes Licht vom Grunde reflectirt wird u. das Wasser weniger rein ist; Untiefen od. Strömungen können daher schon aus dem Farbenwechsel erkannt werden. Trübungen u. Färbungen aber, welche sich auf einzelne Theile des Meeres beschränken, haben meist ihre besondere Ursache in der Beimischung erdiger Theile, od. in dem Vorhandensein organischer Stoffe, od. auch in der Farbe des Meerbodens; nach solchen Färbungen haben einzelne Meerestheile ihre Namen erhalten, wie das Gelbe Meer, das Rothe Meer u.a. Mit dem Farbenschein des Meeres, der oft auch von der Stellung des Beobachters gegen die Sonne abhängt, steht das Leuchten des Meeres, welches man in allen Meeren, offenen wie eingeschlossenen, u. in allen Breiten gesehen hat, in naher Verbindung. Am häusigsten u. schönsten wird das Leuchten in der Äquatorialzone gesehen u. rührt nach neueren Untersuchungen nicht sowohl von einer durch Reibung des Wassers veranlaßten Elektricität od. von Gasen her, die durch die Fäulniß thierischer Körper entstehen, sondern vielmehr von noch lebenden Thierchen (Medusen, Mollusken, Infusionsthierchen), welche das M. in unendlicher Menge bevölkern u. bei einer gewissen Steigerung ihrer Lebensthätigkeit [73] Licht entwickeln. Daraus erklärt es sich auch, weshalb man das Leuchten des Wassers bes. glänzend da sieht, wo es entweder vom Wind, od. durch ein schnellfahrendes Schiff stark bewegt wird. Durch wiederholte Versuche hat Ehrenberg dargethan, daß man das Seewasser durch Filtriren seiner Leuchtkraft berauben kann u. daß bei den leuchtenden Thierchen das Licht mit der Ermattung abnimmt u. mit deren Tode erlischt. Vgl. Zimmermann, Das Meer, seine Bewohner u. seine Wunder, Stuttg. 1837, 3. Aufl. Langensalza 1853; Maury, Physical Geography of the Sea (Separatabzug aus den Sailing Directions), 6. Aufl. Philad. u. Wash. 1856, n.A. Lond. 1859 (deutsch von Böttger, Die physische Geographie des Meeres, Lpz. 1855). 2) Einzelne Abtheilungen des großen Weltmeeres, wobei aber die Grenzen meist willkürlich u. verschiedenartig bestimmt werden, s. die einzelnen Meere. Das offene M. od. auch ein Theil desselben kann niemals Eigenthum eines Staates od. Privaten sein. Zwar wollte ehemals Portugal den Seeweg nach Ostindien anderen Staaten verwehren, England ein Eigenthumsrecht an dem sogenannten Britischen Meere behaupten, Dänemark an der Ostsee u. Venedig über das Adriatische M.; allein diese Prätensionen hat man wieder aufgegeben. Dagegen rechnet man zu den Küsten das Küstenwasser, soweit die Kanonen von der Küste reichen, u. die Meerengen zum Staatsgebiet u. für geschlossen, soweit sie mit den Kanonen bestrichen werden können. 3) Von Binnenseen wird von Geographen blos der größte asiatische als M., nämlich als Kaspisches M. bezeichnet; doch werden wohl auch kleinere Landseen Meere benannt, wie das Haarlemer M., das Todte M. u.a.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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  • Meer — Meer, n. A boundary. See {Mere}. [1913 Webster] …   The Collaborative International Dictionary of English

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