- Golfstrom
Golfstrom, eine der wichtigsten Rotationsströmungen des Atlantischen Oceans; kann als Fortsetzung od. Arm der großen Strömung betrachtet werden, welche vom Äquator aus einige Gradwestlich von der im Busen von Guinea (Westküste von Afrika) gelegenen Insel Annobon beginnt, von da nach Südamerika geht u. sich an der brasilianischen Küste in der Nähe vom Cap St. Roque in zwei Arme theilt. Der eine Arm (Brasil Current) strömt nach Süden bis zur Magelhaensstraße, der andere geht an der Küste von Guayana vorüber, dringt in das Caraibische Meer ein, von da zwischen der Nordostspitze der Halbinsel Yucatan u. der Südwestspitze der Insel Cuba hindurch in den Mexicanischen Meerbusen, durchströmt diesen in einer weiten Curve an den Mündungen des Mississippi vorüber u. verläßt ihn wieder, sich zwischen der Südspitze der Halbinsel Florida u. der westlichen Nordküste der Insel Cuba hindurchdrängend. Dort bricht er sich an den vorliegenden Klippen u. Felseninseln u. theilt sich in zwei Arme; der südöstliche (Alter Bahama Kanal), in südöstlicher Richtung an der Nordküste von Cuba vorüberströmend, verliert sich bald in den Klippen der Antillen, während der nordwestliche (der von hier an den Namen Golfstrom führt) eine fast rein nördliche Richtung annehmend, mit großer Schnelligkeit nach Cap Hatteras (Ostküste von Nordcarolina, 35°14' nördl. Br.) zu fließt, von da aus an Schnelligkeit immer[459] mehr abnehmend, u. sich immer mehr von der Küste entfernend, nach der Insel Neufundland zu läuft; dort begegnet er einer von Norden kommenden Strömung, wendet sich deshalb, an Breite zu- u. an Schnelligkeit abnehmend, nach Osten u. theilt sich bald darauf (in der Nähe der Azorischen Inseln) in zwei Arme: der nördliche Arm strömt an den Küsten von Irland u. Schottland vorüber nach Island u. erreicht zuweilen sogar Norwegen; der südliche geht an den Canarischen Inseln vorüber nach der Westküste von Afrika u. strömt dort südlich fort, bis er im Busen von Guinea den Strich der Passatwinde erreicht, die ihn wiederum nach Westindien zu treiben, so daß dadurch ein fortwährender Kreislauf in diesem Theil des Oceans entsteht. Der G. hat eine indigoblaue Farbe, einen größeren Salzgehalt u. eine bei weitem höhere Temperatur als der übrige Theil des Atlantischen Oceans; die Differenz beträgt in verschiedenen Gegenden u. zu verschiedenen Jahreszeiten 3° bis 12° R. Bei seinem Austritt aus dem Mexicanischen Meerbusen hat er eine Breits von 6 Meilen, in der Nähe der Afrikanischen Küste, zwischen 20° u. 27° nördl. Breite, eine Breite von 112 Meilen; ebenso verschieden ist seine Schnelligkeit, Anfangs 4 Ml., zuletzt 1/2 Ml. in einer Stunde. Dem G. wird das milde Klima einiger Inseln in der nördlichen gemäßigten Zone (z. B. Großbritanniens) zugeschrieben; nicht selten treibt er Pflanzen, Schiffstrümer u. dergl. aus dem Caraibischen Meere bis in de Gegend von Island u. Norwegen. Als Ursache der ganzen Erscheinung nimmt man an, daß die Wogen des Atlantischen Oceans von den Passatwinden mit Gewalt nach Westen in das Caraibische Meer getrieben, dort durch die eigenthümliche Gliederung an den Ostküsten Amerikas gebrochen u. so zu dieser Strömung gezwungen werden. Eine ähnliche, aber kalte Strömung findet sich an der Westküste von Südamerika, beginnt bei der Insel Chiloe, geht nordwestlich bis Ecuador u. wendet sich dann unterm Äquator gegen Westen Vgl. Alexander von Humboldt, 1. Band von Voyage aux régions équinoxiales du Nouveau Continent, Par. 1809 (deutsch Stuttg. 1825); Derselbe, Examen critique de la géographie du Nouveau Continent, ebd. 1835 (deutsch Berl. 1836); Lartigue, Annales marit. de Bajo 1828; Major John Rennels Atlas der Strömungen: Investigation on the Current of the Atlantic Ocean, Lond. 1832; die verschiedenen Schriften von J. Franklin; M. F. Maury, Sailing Directions Ch. VIII u. IX: The Gulf-Stream., 7. Ausg., Philadelphia 1855.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.