- Thermometer
Thermometer (v. gr.), Instrument zur Bestimmung der Temperatur der Körper, unabhängig von der unsicheren Angabe des Gefühles. Die Leistung des Th-s beruht auf der Eigenschaft der Körper, sich bei zunehmender Wärme auszudehnen, bei abnehmender zusammenzuziehen. Die hier eintretenden Unterschiede werden auf einer sogenannten Scala angezeigt. Auf dieser wird ein Nullpunkt bezeichnet, von welchem auf- u. abwärts die Temperaturgrade gezählt werden; die oberhalb des Nullpunktes liegenden werden im Allgemeinen durch das vorgesetzte Zeichen +, die unterhalb liegenden durch – angedeutet. Man benutzte zur Anfertigung von Th-n: A) Feste Körper. Bei Crightons Metallthermometern sind zwei dünne der Länge nach an einander u. an einem Ende auf einem Bret befestigte Streifen von Stahl u. Zink, welche Metallstange sich in der Wärme wegen der stärkeren Ausdehnbarkeit des Zinkes krümmt u. dabei die Abweichung von der geraden Richtung mittelst eines Zeigers auf einer Scala angibt. Holzmanns Metallthermometer besteht aus einem bogenförmigen Doppelplättchen aus Platin u. Messing od. Eisen u. Messing, das eine Ende ist befestigt, das andere setzt bei seiner Ausdehnung einen Rechen in Bewegung od. greift in ein, einen Zeiger tragendes Zahnrad ein, welches bei der rückgehenden Bewegung des Metallstreifens durch eine Spiralfeder wieder zurückgedreht wird. Bei Breguets Th. befindet sich der Zeiger am unteren Ende eines aus Silber-, Gold- u. Platinstreifen bestehenden,[498] eine vertical vom Stativ herabhängende Spirale darstellenden Bandes. Das Gold ist das mittelste von den drei Metallen u. dient dazu die beiden anderen zusammenzulöthen. Da der so zusammengesetzte Streifen nur die Dicke von 1/60 Linie hat, so ist der Th. äußerst empfindlich, denn es genügt. die geringste Temperaturveränderung, um die Spirale sofort auf- od. zuzuwinden. Hierher könnte man auch noch das Thermoskop rechnen, wo sehr schwache Wärmequellen durch die Erregung thermoelektrischer Ströme meßbar gemacht werden, s. Thermoelektricität.
B) Tropfbar-flüssige Körper, am häufigsten als thermometrisches Moment benutzt. Die hierher gehörigen Th. bestehen in einer am unteren Ende in eine Kugel ausgeblasenen, am oberen zugeschmolzenen, an einer graduirten Scala bestigten, zum Theil mit Quecksilber od. mit gefärbtem Weingeist gefüllten, dünnen u. in der Regel geraden Glasröhre. Corn. Drebbel in Alkmaar verfertigte 1638 zuerst ein solches, doch noch sehr unvollkommenes Instrument. Auch Sanctorius soll ein Th. erfunden u. zur Erforschung der Temperatur an Kranken gebraucht haben. Die eigentlichen kunstmäßigen Weingeistthermometer wurden aber erst 1673 von der Academia del Cimento in Florenz angewandt. Auch von Leinöl hat Newton 1701 ein Th. verfertigt, doch keine Nachahmer gefunden. Erst Fahrenheit machte die wissenschaftliche Benutzung des Th-s möglich, indem er als Fundamentalpunkte einen höchsten u. niedrigsten Wärmegrad ausmittelte u. auf der Scala bezeichnete, als höchsten den, bis zu welchem das Quecksilber beim Sieden steigt, als niedrigsten den, bis zu welchem es fällt, wenn es in eine Mischung von Wasser, Salmiak u. Eis getaucht wird. Später nahm er als feste Punkte den Gefrier- u. Siedepunkt des Wassers an, u. theilte den Abstand zwischen beiden in 180 Grade, doch so, daß er den Gefrierpunkt mit 32, den Siedepunkt mit 212 bezeichnet, u. vom Gefrierpunkt abwärts 32 den aufwärts liegenden gleiche Theile tragend, zum Nullpunkt gelangt, von welchem aus noch ein beliebiger Raum bis zur Kugel übrig bleibt, welcher in gleicher Weise in mit – bezeichnete Grade getheilt wird. Nach Réaumur erhält der Gefrierpunkt die Zahl 0 u. der Siedepunkt die Zahl 80, nach Celsius Eintheilung, welche die Centesimaleintheilung heißt, wird der Gefrierpunkt auch mit 0, der Siedepunkt dagegen mit 100 bezeichnet. Die über dem Nullpunkt liegenden Grade nennt man gewöhnlich Wärmegrade; den unter dem Nullpunkt bis zur Kugel liegenden Raum theilt man in den oberhalb liegenden gleiche Grade, welche man Kältegrade nennt u. mit – bezeichnet. Kaum mehr benutzt wird Delisles Th., an welchem der Siedepunkt des Wassers als Mittel- od. Nullpunkt angenommen u. bis zum Eispunkt abwärts 150 Grade gezählt werden. Ebenso Michael Ducrests 1740 erfundenes mit Weingeist gefülltes Universalthermometer, bei welchem die in tiefen Kellern beobachtete, als dem Innern der Erde eigenthümliche Temperatur als Nullpunkt angenommen ist, u. sowohl aufwärts bis zum Siedepunkt als abwärts bis zu einem gewissen Kältegrad 100 Grade bezeichnet werden; ferner Königsdorfers Th. (1750), ein Quecksilberthermometer, dessen Scala beim Gefrierpunkte des Wassers 30 u. beim Kochpunkte 180 Grade zählt. Bei dem Passagethermometer wird die Wärme einer Flüssigkeit durch den Durchgang durch einen fremden Körper bestimmt. Bezeichnet man die Anzahl der Réaumurschen Grade durch R, die entsprechenden Grade der Centesimaleintheilung u. der Fahrenheitschen durch C u. F, so ist für alle Fälle R = 4/9 (F – 32), R = 4/5 C, C = 5/9 (F – 32), F = 4/9 R + 32 = 9/5 C + 32. Einige vergleichende Resultate u. Beobachtungen an den drei gewöhnlichen T-n sind folgende:
R. C. F. Quecksilber gefriert bei -32 -40 -40 Eis mit Salmiak gemischt -14 2/9 -17 4/9 0 Wasser gefriert bei 0 0 +32 Kellertemperatur +9 9/10 +12 3/8 +54 1/4 Temperatur für Krankenzimmer +17 +21 1/4 +70 1/4 Menschliche Blutwärme +29 9/10 +37 3/8 +99 1/4 Weißes Wachs schmilzt bei +54 2/5 +68 +154 2/5 Alkohol siedet bei +63 1/9 +78 5/9 +174 Wasser siedet bei +80 +100 +212 Zinn schmilzt bei +184 +230 +446 Quecksilber siedet bei +280 +350 +662 Höhere Wärmegrade werden durch das Pyrometer (s.d.) erforscht.
Anfertigung eines gewöhnlichen Quecksilber- od. Weingeistthermometers. Man nimmt eine seine Glasröhre, bringt einen kleinen Tropfen Quecksilber hinein u. sieht, ob die Länge, welche er dann einnimmt, bei der Verschiebung desselben überall gleichbleibt. Hat man sich auf diese Art vom gleichförmigen Kaliber der Röhre überzeugt, so bläst man sie an einem Ende zu einer Kugel aus. Wenn man hierauf durch Erwärmen der Kugel die darin enthaltene Luft ausdehnt u. beim Erkalten das offene Ende der Röhre in Quecksilber taucht, so gelingt es zunächst eine geringe Quantität Quecksilber in die Kugel zu bringen. Indem man hierauf dieselbe bis zum Sieden erhitzt, wird alle übrige Luft durch die Quecksilberdämpfe ausgetrieben u., indem man aufs neue das offene Ende der Glasröhre in kaltes Quecksilber taucht, füllt sich der ganze Raum mit solchem an. Dasselbe wird wieder bis über den Siedepunkt des Wassers erhitzt, wobei einiges Quecksilber ausfließt, u. so die Röhre zugeschmolzen. Bei der Abkühlung zieht sich das Quecksilber zusammen u. läßt einen luftleeren Raum zurück. Der Punkt, auf welchem sich nunmehr die Quecksilbersäule beim wiederholten Eintauchen im schmelzenden Eise erhält, wird als 0° R u. C (32° F) bezeichnet, u. dann die Kugel nebst Röhre in kochendes Wasser getaucht, der hieraus sich ergebende Siedepunkt mit 80° R (100 C, 212 F) bezeichnet. Die so zubereitete Röhre wird nun einige Monate lang wiederholt bis auf 0 erkältet, um den Nullpunkt, welcher bald nach der Füllung der Röhre leicht etwas nach oben rückt, genauer bestimmen zu können. Dann erst befestigt man die Röhre auf eine zur Aufnahme der Kugel mit einem Loche versehene Platte von Holz, Metall od. Glas, auf welcher die Scala in der Art verzeichnet wird, daß man den Raum zwischen Eis- u. Siedepunkt nach R in 8, nach C in 10, nach F in 18 gleiche Abschnitte, jeden zu 10 Grad abtheilt, u. auf gleiche Weise die Scala nach unten, so weit der Raum reicht, verlängert. Bei Th-n, welche zum Eintauchen in Flüssigkeiten bestimmt sind, z.B. Badethermometern, ist die Kugel frei u. die Röhre in eine zweite, weitere, die auf einem Streifen Papier od. auf einer Milchglasfläche verzeichnete Scala in sich[499] enthaltende oben u. unten zugeschmolzene Glasröhre befestigt. Es kann auch die Scala desselben in dem oberen Theil des T-s durch ein Gewinde beweglich gemacht werden, so daß sie beim Eintauchen der Kugel seitwärts umgeschlagen wird. Das Blutthermometer ist so eingerichtet, daß man die natürliche Wärme des Blutes u. die eigene Körpertemperatur daraus ersieht; jedes einfache Th. dient dazu, dessen Kugel in den Mund genommen, od. in der Achselgrube, od. sonst an einem bedeckten Theil des Körpers angebracht werden kann. Weingeistthermometer werden auf ähnliche Weise bereitet. Sie geben weniger gleichförmige Resultate; doch sind sie zur Bestimmung großer Kältegrade unentbehrlich, da das Quecksilber schon bei – 32 R. gefriert. Bei Bestimmung des Siedepunktes ist der Druck der Atmosphäre zu berücksichtigen, weil unter geringerem od. höherem Drucke das Wasser bei niedrigerer, bezüglich höherer Temperatur zum Sieden kommt. Steht daher das Barometer auf seinem mittleren Stand von 28 Pariser Zoll od. 760 Millimeter, so ist keine Correction wegen des Luftdruckes nöthig; steht es aber höher od. niedriger, nämlich 760 ± d Millimeter, so ist die Temperatur des Siedepunktes gleichfalls höher od. niedriger, nämlich nach C. 100 ± t. Dieses t findet man durch die Formel: t = 0,037818 d – 0,0018563 d2.
C) Gasförmige Körper, namentlich die atmosphärische Luft, hat man auch zur Construirung von T-n benutzt. Ein Luftthermometer erhält man, wenn man eine mit einer Kugel versehene Thermometerröhre, welche jedoch etwas größere Dimensionen als gewöhnlich hat, mit trockener Luft füllt u. diese durch ein kurzes in der Röhre stehendes Quecksilbersäulchen absperrt. Dies gelingt z.B. dadurch, daß man zuvor die Kugel u. Röhre mit Quecksilber füllt u. dasselbe sodann, während die Mündung der Röhre in ein Gefäß mit Chlorcalciumstücken taucht, bis auf einen kleinen Tropfen wieder ausfließen läßt. Die Röhre wird darauf horizontal aufgestellt, u. indem nun bei erniedrigter od. erhöhter Temperatur die abgeschlossene Luft sich zusammenzieht od. ausdehnt, verschiebt sich das als Index dienende Quecksilbersäulchen längs einer passend graduirten Scala. Dieses Th. ist den Veränderungen des Luftdruckes unterworfen, u. seine Angaben müssen daher nach dem Barometerstande mit Hülfe des Mariotteschen Gesetzes corrigirt werden. Dieses Luftthermometer ist auch umgekehrt von Gay-Lussac benutzt worden, um die Ausdehnung der Luft zwischen dem Gefrier- u. Siedepunkt des Wassers zu bestimmen. Hierher gehört auch das zur Beobachtung sehr kleiner Wärmeunterschiede bes. geeignete Differenzialthermometer. Das Rumfordsche Th. besteht aus einer zweimal in rechtem Winkel gebogenen, an beiden Enden in Kugeln ausgeblasenen Glasröhre. Die Kugeln sind nach oben gerichtet, das Verbindungsrohr ist in horizontaler Lage; das letztere enthält als Index einen Tropfen Schwefelsäure od. Alkohol, derselbe befindet sich, wenn beide Kugeln vollkommen gleicher Temperatur ausgesetzt sind, am Nullpunkt einer Scala. Wird aber die eine Kugel stärker erwärmt, als die andere, so drückt die Luft in derselben stärker auf die Flüssigkeit u. treibt sie nach der anderen Kugel. An Leslies Differenzialthermometer ist die Säule jener Flüssigkeit so lang, daß sie den ganzen horizontalen Theil der Verbindungsröhre u. einen Theil der verticalen Schenkel anfüllt, so daß die Scalen an letzteren angebracht sind. Ritschie nahm statt der gläsernen Kugeln Metallgefäße mit sehr dünnen Wänden.
D) Ein elektrisches T., mittelst dessen man einen Kessel od. ein Zimmer auf einer constanten u. bestimmten Temperatur erhalten kann, erfand Maistre. Der Apparat beruht auf folgendem Princip: in die Kugel eines Quecksilbertherm ometers ist ein Platindraht geführt, am oberen Theile des Th-s befindet sich ein anderer Platindraht, welcher im Inneren der Röhre bis nach einem gewissen Punkt hinabreicht, aber bei der gewöhnlichen Temperatur das Quecksilber des Th-s nicht berührt. Diese zwei Drähte sind mit den zwei Polen einer galvanischen Säule in Verbindung gebracht. In die Leitungsdrähte wird ein großer Elektromagnet eingeschaltet, welcher, wenn der Strom hergestellt ist, Ventile öffnet, durch welche dann warme Luft od. Wasserdampf in Zimmer od. Kessel gelangt. So lange das Quecksilber des Th-s den oberen Platindraht nicht berührt, wird kein elektrischer Strom hergestellt, wenn man aber das Th. erwärmt, so steigt das Quecksilber in der Röhre in die Höhe, berührt das Platin, u. die Verbindung ist hergestellt, die Ventile werden durch den Elektromagnet in Bewegung gesetzt.
E) Eine veränderte Art des T-s ist der Thermometrograph, welcher so eingerichtet ist, daß er den höchsten od. tiefsten Temperaturgrad, welcher in einem gewissen Zeitraum stattfand, gleichsam aufschreibt, daß er noch zu einer späteren Zeit zu lesen ist. Man kann hierzu zwei zusammengelöthete Metallstreifen nehmen, welche sich durch die Wärme in verschiedenem Verhältnisse ausdehnen, dadurch auf die eine od. die andere Seite drehen u. dabei einen Zeiger vor sich herschieben, welcher jedoch nicht wie bei dem unter A) beschriebenen Metallthermometer bei der rückgehenden Bewegung durch eine Feder zurückgedreht wird. Rutherfords Thermometrograph besteht aus zwei T-n, deren Röhren horizontal an einem gemeinschaftlichen Bretchen befestigt sind, so jedoch, daß die Kugeln nach entgegengesetzten Seiten liegen. Das eine (Maximumthermometer) enthält Quecksilber, das andere (Minimumthermometer) Weingeist. Im ersteren befindet sich ein kleiner Cylinder von Eisen od. Fischbein, welchen das Quecksilber bei steigender Wärme vor sich herschiebt u. beim Zurückgehen liegen läßt, u. so den höchsten Stand des T-s angibt. Im anderen liegt ein ähnlicher Cylinder von Glas mit einem kleinen Knöpfchen, ganz in den Weingeist eingetaucht. Beim Zurückgehen des Weingeistes geht er auch zurück, weil der benetzte Glascylinder durch die Adhäsion mit fortgezogen wird, beim Vorwärtsgehen des Weingeistes bleibt er aber liegen u. gibt so das Minimum der Temperatur an. Nach jeder Beobachtung neigt man das Instrument so, daß die Quecksilberkugel den tiefsten Stand einnimmt, denn dadurch rückt in beiden Th-n der kleine Cylinder an das Ende der Flüssigkeitssäule. Jürgensen erfand eine Art von Metallthermometer, welchen er Merothermometer nennt, durch welchen man erfahren kann, welche Temperatur es zu irgend einer Zeit des Tages od. in einem Theile des Zeitraumes von 24 Stunden gewesen ist. Zur Untersuchung der Temperatur in den Tiefen der Erde, in Artesischen Brunnen etc., dient das Geothermometer von Magnus. Es ist oben offen u. ganz[500] mit Quecksilber gefüllt. In eine wärmere Flüssigkeit gebracht, verliert es natürlich einen Theil seines Quecksilbers, u. man bestimmt nachher die gewesene Temperatur, indem man das Th. in Wasser so weit erwärmt, bis das Quecksilber bis zum Rande gestiegen ist. Die hierzu erforderliche Wärme wird durch ein gewöhnliches Th. bestimmt. Der Thermometrograph von Six dient zur Bestimmung der Temperatur in verschiedenen Tiefen des Meeres. Er besteht aus einem großen, langen Cylinder, welchermit Weingeist gefüllt ist. Um ihn ist eine Thermometerröhre geschmolzen, welche, nachdem sie zweimal herumgebogen ist, in eine kleine Kugel endigt, welche etwas Weingeist u. Luft enthält. In der Mitte der Röhre ist der Weingeist durch eine Quecksilbersäule unterbrochen, an deren beiden Enden ein kleiner eiserner Cylinder liegt. Beim Vor- u. Rückwärtsgehen der Quecksilbersäule wird der eine od. andere Cylinder verschoben u. bleibt nachher an der Stelle liegen, welche er einnahm. Sehr hohe Wärmegrade, welche das Th. anzuzeigen nicht mehr im Stande ist, werden durch das Pyrometer (s.d.) gemessen. Vgl. Luz, Anweisung Th. zu verfertigen, Nürnb. 1834; Körner, Anleitung zur Verfertigung übereinstimmender Th., Jena 1824.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.