Vulkane

Vulkane

Vulkane, sind die Öffnungen der Erdoberfläche, durch welche das gluthflüssige Innere unseres Planeten mit der Atmosphäre in Verbindung tritt u. außer Wasser, Dämpfen u. Gasarten auch feste, stoffartig verschiedene Massen in feuerflüssigem Zustande, als Lavaströme od. als Schlacken od. als Asche zu Tage gefördert werden. Man nennt sie daher auch Feuerspeiende Berge, im Gegensatz zu den anderen vulkanischen Erscheinungen: Thermal–. Dampf- u. Gasquellen, Salzen, Schlammvulkanen, Naphthafeuer etc. Auf dem Gipfel eines jeden V-s befindet sich der Krater, eine trichterförmige Vertiefung, welche nach unten in einen Schlot verläuft, vermittelst dessen der unterirdische Feuerherd mit der Oberfläche der Erde in Verbindung tritt. Die Thätigkeit der V. wirkt durch Erhebung des Bodens gestaltend, nicht, wie man ehemals allgemein u. ausschließend glaubte, aufbauend durch Aufhäufung von Schlacken u. sich überlagernde Lavaschichten. Den Widerstand, welchen die in allzugroßer Menge gegen die Oberfläche gedrängten feuerflüssigen Massen in dem Ausbruchskanal finden,[711] veranlaßt die Vermehrung der hebenden Kraft. Es entsteht eine blasenförmige Austreibung des Bodens, wie dies durch die regelmäßige, nach außen gekehrte Abfallsrichtung der gehobenen Bodenschichten bezeichnet wird. Eine minenartige Explosion, die Sprengung des mittleren u. höchsten Theiles der convexen Austreibung des Bodens, erzeugt bald einen Erhebungskrater, d.h. eine kraterförmige, runde od. ovale Einsenkung, von einem Erhebungscircus, einer ringförmigen, stellenweise eingerissenen Umwallung, begrenzt; bald, wenn die Structur eines permanenten Vulkans vervollständigt werden soll, in der Mitte des Erhebungskraters zugleich einen dom- od. kegelförmigen Berg. Der letztere ist dann meist an seinem Gipfel geöffnet, u. auf dem Boden dieser Öffnung, dem Ausbruchskrater, erheben sich vergängliche Ausbruchs- u. Schlackenhügel, kleine u. große Eruptionskegel. Die äußere Gestalt der vulkanischen Berge ist bald dom-, bald glocken-, bald kegelförmig, vereinzelt auch ein langgestreckter Rücken; ebenso mannigfaltig ist die relative Stellung der Erhebungskegel. Der Vulkan Taal auf Luzon erhebt sich z.B. aus einem See u. hat in seinem Krater einen See (Kratersee), aus welchem wiederum ein Ausbruchskegel mit einem zweiten Krater aufsteigt. Die absolute Höhe der V. steht zu der Häufigkeit ihrer Ausbrüche, wie man früher wohl nach den Erfahrungen am Stromboli, Vesuv u. Ätna anzunehmen geneigt war, in keinem proportionalen Verhältniß, denn während bei dem Ätna etwa von sechs zu sechs Jahren ein Ausbruch zu erwarten ist, kommen die Eruptionen des um 5400 Fuß niedrigeren Hekla nur in 70 bis 80 Jahren vor, u. der 16,000 Fuß hohe Vulkan von Sangay ist um vieles thätiger als der kleine Kegelberg Stromboli (2775 Fuß). Doch wenn man die obere Grenze des geschmolzenen Inneren der Erde zu etwa 114,000 Fuß unter dem Meeresspiegel angenommen hat, so sind ja auch die Höhenunterschiede der V. verhältnißmäßig unbedeutend. Die V. sind nicht ohne Zusammenhang über die Oberfläche der Erde vertheilt, sondern bilden Gruppen, Systeme u. vulkanische Regionen. Den Stillen Ocean umgibt ein ungeheuerer Kreis von V-n, die Ostküste Asiens ist vom Norden nach Süden von einer langen Kette noch brennender V. begrenzt, u. die ganze Westküste Amerikas ist von ihnen besetzt, während das amerikanische Festland auf seiner Ostküste keinen einzigen hat. Die beiden Meere, welche den Nord- u. Südtheil des alten u. neuen Continents scheiden (das Mittel- u. Antillenmeer) sind ebenfalls reich an Feuerbergen, welche eigene Regionen bilden; die vierte Region beschreiben die V. Islands u. Grönlands, die fünfte jene der Azoren u. Canarischen Inseln, u. die sechste die V. Centralasiens.

L. von Buch classificirt Reihen- u. Centralvulkane, Die Centralvulkane bilden den Mittelpunkt zahlreicher, um sie her fast nach allen Seiten hin gleichförmig wirkender Ausbrüche u. steigen aus basaltischen Umgebungen empor, obwohl ihre Kegel fast ohne Ausnahme aus Trachyt gebildet sind; von anderen, bes. primitiven Gesteinen zeigt sich kaum eine Spur od. sie sind noch mit ihnen in keinem unmittelbaren Zusammenhange. Die Reihenvulkane dagegen liegen in Reihen hinter einander, wie Essen auf einer großen Spalte u. ziehen sich zu 20, 30 u. mehr über große Erdstrecken hin. Sie erheben sich entweder als einzelne Kegelinseln aus dem Meeresgrunde od. am Fuße großer Gebirgsketten u. dann läuft seitlich u. parallel mit ihnen gewöhnlich ein Primitives Gebirge, od. sie stehen auf dem höchsten Rücken des Gebirges als dessen Gipfel. So steigen sie entweder aus dem Inneren primitiver Gesteine empor, od. diese kommen in ihrer Nähe vor, je nachdem die Vulkanreihe am Fuße von Gebirgsketten od. am Saume von Continenten hinzieht. Zu den Centralvulkanen gehören der Ätna, Vesuv, die V. auf den Liparischen u. Äolischen Inseln u. auf Ischia, die auf Island, den Azoren u. Canarischen Inseln, den Capverdischen Inseln, den Gallopagos, Sandwichsinseln u.a. Zu den Reihenvulkanen gehören die Griechischen Inseln, die westaustralische Reihe von Neuseeland bis Neuguinea, die Sundainseln, die Molukken u. Philippinen, die Japanischen u. Kurilischen Inseln, die V. von Kamtschatka, die der Aleuten u. Marianen, sowie die V. Amerikas. Die Gesammtzahl aller V. gibt A. von Humboldt zu 407 an, von denen 225 als thätige V. aufgeführt sind, während die übrigen als erloschene V. betrachtet werden. Von dieser Zahl befinden sich in Europa 7 (4 thätig), auf den Inseln des Atlantischen Meeres 14 (8 thätig), in Afrika 3 (1 thätig), im continentalen Asien 25 (15 thätig), auf den Asiatischen Inseln 69 (54 thätig), auf den Südasiatischen Inseln 120 (56 thätig), im Indischen Ocean 9 (5 thätig), in der Südsee 40 (26 thätig), in Amerika 115 (53 thätig), auf den Antillen 5 (3 thätig). Huot, welcher die Solfataren mit zu den V-n zählt, rechnet 559 noch thätige V. Im Übrigen läßt sich zwischen thätigen u. erloschenen V-n keine strenge Grenzlinie ziehen, da V., welche seit Jahrhunderten ruhten, oft plötzlich wieder thätig werden, u. solche, welche eben noch einen Ausbruch machten, vielleicht auf immer in Ruhe versinken können. Man hält jedoch die V. für dauernd erloschen, von deren Thätigkeit weder Geschichte noch Überlieferung etwas melden, so z.B. den Demavend in Persien, die Puys der Auvergne, die Eifel u.a. Die Höhe der V ist ungemein verschieden, u. während einige sich nur wenige hundert Fuß erheben, steigen andere, wie der Aconcagua (21,600 Fuß) u. der Sahama (20,970 Fuß) hoch in die Region des ewigen Schnees hinaus. Die meisten erheben sich allmälig u. sind bis zu einer gewissen Höhe mit üppiger Vegetation bedeckt, erst weiter aufwärts werden sie Plötzlich steiler u. zu einzelnen Kegelbergen od. Gruppen kegelförmiger Gipfel, deren zerklüftete Schlackenmassen die Krater umgeben, deren Wände nach innen meist, steil abfallen. Um die Krater der meisten herrscht schreckliche Verwüstung u. aus allen Spalten u. Schlünden brechen brausend u. zischend bleiche Dampfstrahlen hervor, welche sich über dem Gipfel zu einer gewaltigen Rauchsäule vereinigen. Die Krater selbst sind im Umfange sehr verschieden; der des Gunung Tengger auf Java hat mehr als 20,000 Fuß im Durchmesser, der des Pichincha in Südamerika hat 5000 F. Durchmesser u. 1500 F, Tiefe, der des Kirauea auf Hawai hat 15,000 F. Durchmesser u. 1000 F. Tiefe. L. von Buch unterscheidet bei den vulkanischen Ausbrüchen vier Perioden. Die erste umfaßt die Vorboten. Die Erde schwankt u. bebt, bald mehr, bald minder, manchmal von lautem Rollen u. Donnern begleitet. Die Schwingungen des Erdbodens sind[712] in der Nähe des Vulkans, am stärksten, wirken oft auf die entlegensten Punkte, stürzen ganze Städte nieder, erheben das Meer oft mehre Klafter hoch u. machen es gegen das Land strömen, wo es furchtbare Verwüstungen anrichtet. Manchmal versiegen dabei die Quellen od. es eröffnen sich durch die heftigen Stöße in den Bergen mit Wasser erfüllte Höhlen u. Spalten u. ergießen mit diesen Schlammströme u. unzählige Fische (Pimelodus Cyclopum); an den über die Schneegrenze emporragenden Gipfeln schmelzen zugleich die Schneemassen u. die Wasserfluthen stürzen Alles vernichtend in die Tiefe. Endlich zerreißen die Dämpfe, welche dem Ungeheuern Druck der im Innern siedenden Lava nicht mehr widerstehen können, den Berg an seinem Abhang od. am Fuß des Kegels. Dann bricht in der zweiten Periode aus dieser Spalte die Lava als glühender Strom hervor u. hell leuchtende Flammen, welchen ein erschütternder Knall vorhergeht, erheben sich über den Krater. Ost bilden sie eine Feuersäule, welche glühenden Sand, Steine, Asche bis 3000 Fuß senkrecht in die Höhe treibt u. sich selbst vor Stürmen nicht beugt. Mit dem Lavaerguß hören gewöhnlich die Erdbeben auf. Dichte schwarze Wolken umhüllen in der Regel den Lavastrom. Öfters steigen nach furchtbaren Donnerschlägen Feuerwolken aus dem Krater, welche im Verschwinden zuweilen unter heftigem, höchst unangenehmem Geruch, glühenden Sand- u. Steinregen fallen lassen. Seltener wird die flüssige Lava bis über den Kraterrand emporgehoben u. fließt in kleinen Bächen am Kegel herab, od. sie wird von den Dämpfen in die Höhe geschleudert u. nimmt, sich im Fluge abkühlend, die sonderbarsten Formen an. Der Berg tobt hierbei fortwährend u. erzittert unter Donnerschlägen. Nachdem Flammen u. Rauch sich vermindert haben, erhebt sich nun in der dritten Periode, oft unter neuen Erschütterungen, eine kolossale Rauchsäule in der Gestalt einer Pinie. Flammen erscheinen selten, aber Wasserdämpfe in ungeheurer Menge steigen in der Rauchsäule empor, die nach oben sich in dunkles Gewölk ausbreitet, aus welchem auf den Abhang des Berges die schweren trockenen Rapilli (kleine poröse Steine u. Schlacken), weit über Land u. Meer aber graue, leichte Asche zerstreut wird, welche den Himmel verfinstert u. den Tag in Nacht verwandelt. Das dunkle Gewölk erzeugt elektrische Spannung, heftige Blitze u. Donnerschläge, endlich durch Anziehung aller Wolken der Umgegend wolkenbruchartige Regengüsse, welche entweder mit der Asche vermengt als verheerende Schlammströme allerseits vom Gipfel niederstürzen, od. sich mit jener zu zähem Teig verbinden, welcher Alles zu zerdrücken droht. Hat ein Vulkan lange geruht, so erfolgen die Ascheregen auch schon im Beginn einer Eruption. In der vierten u. letzten Periode (Wochen, oft sogar erst Monate nach den Ausbrüchen) strömen nun die Mofetten hervor, Quellen von kohlensaurem Gas, welche die ganze Luft verderben. Lava (s.d.) nennt L. v. Buch Alles, was im Vulkan fließt u. hierdurch neue Lagerstätten einnimmt. Aus der Schmelzung des Trachyts, welcher alle wahren V. bildet, entsteht der Obsidian (s.d.), eine Masse, klingend u. schneidend wie Glas. Bimsstein wird von manchen V-n in ungeheurer Menge ausgeworfen. Die Lava erkaltet zwar alsbald an der Oberfläche, aber die nachdrängenden Massen schieben die Schlacken vor sich her, u. erst wenn sie aufhören, wird der bald schneller, bald langsamer fließende Strom allmälig dichter u. fester Die völlige Erkaltung der Lava geht nur langsam vor sich; oft läßt sich nach Monaten, ja sogar nach Jahren Holz noch daran entzünden. Die Ungeheuern Kräfte, welche im Innern der V. wirken, können nur nach den ausgestoßenen Massen beurtheilt werden. Der Cotopaxi in Amerika schleuderte Felsstücke von 9 Fuß Durchmesser beinahe 2 Meilen weit; die Aschensäule des Vesuv hatte 1822 eine Höhe von 9000 Fuß; der Lavastrom des Vesuv hatte 1794 eine Länge von 17,500 Fuß, war 2000 F. breit u. 40 F. hoch, hatte mithin 457 Mill. Cubikfuß, u. gleichzeitig ergoß sich ein halb so mächtiger Strom auf der andern Seite des Berges herab. Noch viel bedeutender warm die Lavaströme, welche 1783 der Skaptar Jökul auf Island ergoß u. welche 150,000 Mill. Cubikfuß betrugen Ungeheuer auch ist die Menge der ausgeworfenen Asche; ganze Landstriche werden von ihr verschüttet u. erhalten, einem ewigen Gesetze der Natur folgend, wiederum erhöhte Fruchtbarkeit durch sie. Die Asche, welche 1815 der Tumbora ausschleuderte, wurde bis nach Bencoolen auf Sumatra geführt, eine Entfernung, welche der des Ätna von Hamburg entspricht. Die gleichzeitige Thätigkeit von V-n auf verschiedenen Punkten der Erbe hat zu der Meinung geführt, daß sie sämmtlich gewissermaßen einen gemeinsamen Herd hätten; doch wenn auch sehr wahrscheinlich in einer Vulkangruppe alle Glieder in gewissen gemeinsamen Verhältnissen zu dem geschmolzenen Erdinnern stehen, so bietet doch jedes Individuum eigentümliche physikalische u. chemische Processe dar in Hinsicht auf Stärke u. Frequenz der Thätigkeit, auf Grad u. Form der Fluidität u. auf Stoffverschiedenheit der Producte; ja selbst von benachbarten V-n ist oft der eine ganz ruhig während des Ausbruchs des andern u. umgekehrt. Und auch die Erdbeben stehen mit den V-n nur in einem bedingten Zusammenhang; oft war während der heftigsten Ausbrüche von V-n das Erdbeben nur wenig fühlbar, u. in anderen Fällen verursachten Erdbeben die verheerendsten Zerstörungen, während die benachbarten V. sich gänzlich ruhig verhielten. Wenn alle V. gleichzeitig in Thätigkeit träten, so müßte ihr Einfluß auf die Beschaffenheit des Luftkreises u. seine klimatischen, bes. elektrischen Verhältnisse gewiß überaus bedeutend sein, aber die Ungleichzeitigkeit der Ausbrüche vermindert die Wirkung u. setzt derselben sehr enge, meist nur locale Schranken. Vgl. Daubeny, Tabellarische Übersicht der vulkanischen Erscheinungen, Weimar 1828; Landgrebe, Naturgeschichte der V., Gotha 1856, 2 Bde. – Künstliche V. macht man, indem man 25 Theile Eisenfeile mit 9 Theilen gestoßenem Schwefel mischt, etwas anfeuchtet, die Mischung eingräbt u. leicht mit Erde od. mit Rasen bedeckt; dieselbe entzündet sich nach einiger Zeit, die Erde wird fortgeschleudert u. aus der entstandenen Öffnung werden glühende Funken ausgeworfen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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